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Im Land des weiten Himmels

Im Land des weiten Himmels

Titel: Im Land des weiten Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Wolfe
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das brauner werdende Gras und die verblühenden Wildblumen. Die Gipfel der White Mountains lagen hinter Dunstwolken verborgen. Ein Raubvogel, wahrscheinlich ein Adler, ließ sich von einer Böe emportragen und kreiste über ihr, wartete geduldig darauf, die Bewegung eines Beutetiers zu erkennen.
    Hannah hatte keine Ahnung, wohin der Biologe gegangen war, nahm aber an, dass er sich auf diesem Pfad befand. Doch weder bei den verkohlten Überresten des Goldgräbercamps noch in der Senke dahinter konnte sie ihn entdecken. Captain war es zu verdanken, dass sie ihn überhaupt fand. Ungefähr eine halbe Meile hinter dem Goldgräbercamp blieb er abrupt stehen, hob die Schnauze witternd in den Wind, lief die paar Schritte zum Waldrand und jaulte leise.
    Sie nahm das Gewehr hoch und lauschte angestrengt. Der Husky konnte auch einen Grizzly oder ein anderes wildes Tier gewittert haben. Mit dem schussbereiten Gewehr in beiden Händen folgte sie dem Hund zum Waldrand, trat in den Schatten der dunklen Fichten und blieb sofort stehen, als sie eine Bewegung zwischen den Bäumen erkannte.
    Sie ließ das Gewehr sinken und schlich sich näher an den Biologen heran. Das feuchte Moos auf dem Waldboden dämpfte ihre Schritte. »Ganz ruhig, Captain!«, warnte sie den Husky flüsternd. Der Hund hielt sich dicht an ihrer Seite. Sie beobachtete, wie Pearlman an den Bäumen entlangging, mit der flachen Hand gegen einige Stämme schlug, einen abgebrochenen Ast vom Boden aufhob, ihn eingehend betrachtete und wieder fallen ließ. Mit einem langen Maßband maß er den Umfang eines Baumes und schrieb in dem fahlen Licht, das auf die Lichtung fiel, etwas auf einen Notizblock. Während er den Block wieder einsteckte, kam Hannah die Unterhaltung der beiden Männer in den Sinn, die sie in dem Restaurant in Tanana belauscht hatte. Hatten sie nicht über eine kalifornische Firma gesprochen? Einen Konzern, der Holz in Alaska schlagen wollte? Gehörte Pearlman etwa zu einem Vorauskommando, das nach den geeignetsten Wäldern für den Abbau suchte?
    Allein die Vorstellung, eine solche Firma könnte ihr Hauptquartier in ihrer Umgebung aufschlagen und für einen Trubel sorgen, der den Goldrausch bei Weitem übertraf, bereitete Hannah Übelkeit. Man brauchte kein Experte zu sein, um sich ausmalen zu können, welchen Einschnitt in das hiesige Leben der Vormarsch der Holzindustrie bedeuten würde.
    Der Verdacht ließ sie unvorsichtig werden und auf einen trockenen Ast treten. Das Knacken drang laut durch den Wald. Gleichzeitig bellte der Husky. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Farbe zu bekennen: »Ich bin’s nur, Mr Pearlman!«, rief Hannah in das Halbdunkel. Sie lief zu ihm hin und lächelte schuldbewusst. »Ich war mit meinem Husky unterwegs. Er wurde auf einmal unruhig, und ich hatte schon Angst, ein Grizzly wäre in der Nähe.« Sie blickte sich überrascht um. »Sie haben sich aber keinen schönen Platz ausgesucht.«
    »Ganz im Gegenteil«, widersprach er, »das sind die prächtigsten Fichten, die ich seit langem gesehen habe. Kräftig und kerngesund. Das ideale …«
    »… Bauholz?«
    »… Studienobjekt für einen interessierten Biologen für mich.«
    Hannah ließ sich nicht täuschen. »Sie suchen einen Wald, den Sie abholzen können. Sie sind gar kein Biologe. Die Pflanzen unserer Gegend interessieren Sie gar nicht …, nur die Bäume! Sie arbeiten für eine Holzfirma, nicht wahr?«
    »Ich bin Biologe, sogar ein staatlich geprüfter«, erwiderte er. »Aber Sie haben recht, ich arbeite für eine Holzfirma. Ich suche nach geeigneten Wäldern, prüfe die Qualität der Bäume und erstelle einen Bericht mit einer Empfehlung bezüglich jener Gebiete, die für eine Abholzung infrage kommen.« Er hob abwehrend die Hände, als sie protestieren wollte. »Kein Grund zur Beunruhigung, Ma’am! Wir wollen keinen Raubbau an der Natur betreiben.« Sein Lächeln wirkte aufgesetzt. »Das Gleichgewicht der Natur soll erhalten bleiben, darauf legt unsere Firma größten Wert. Wenn wir abholzen, dann nur in sehr begrenztem Maße. So haben wir es schon in Kalifornien, Oregon und Washington gehalten. Sie brauchen also keine Angst zu haben, dass wir Ihr schönes Tal verschandeln. Die paar Bäume, die wir abholzen, fallen in diesen Wäldern doch kaum ins Gewicht. In diesem riesigen Land gibt es so viel Holz, dass wir mehrere Jahrhunderte bräuchten, um alle Bäume zu fällen.«
    Hannah blickte ihn vorwurfsvoll an. »Es geht nicht nur um die Bäume. Wenn abgeholzt wird,

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