im Landschulheim
die schicken wir ins Heim, mal sehen, was Pitt dazu sagt!“ Sie lachte die Zwillinge an. „Die Geschichte von den Gemseneiern ist ein alter Spaß und es fallen immer wieder Kinder darauf rein. So hat man schließlich diese Karten gedruckt. Achtet mal drauf, die gibt es an den meisten Kiosken zu kaufen.“
Alle drei schrieben Grüße an die Kinder im Heim. Die Karte wollten sie am nächsten Tag in den ersten Briefkasten stecken, auf den sie trafen. Ein Weilchen erzählten sie noch, dann fingen sie an zu gähnen und gingen schlafen.
Morgens war es sehr kühl. Sie hatten gar kein Verlangen, sich noch einmal behaglich zu strecken, wie sie es in ihrem Bett sonst gern taten. Draußen vor der Hütte lief ständig frisches Wasser in den Trog ... eiskaltes Wasser zum Waschen, brrr!
Aber Berti hatte schon wieder ein Feuer im Herd angefacht. Das Feuer, die warmen Sachen, der heiße Tee ... die Kälte war schnell vergessen. Vorsichtig löschten sie das Feuer, räumten das Geschirr weg und packten. Dann schulterten sie die Rucksäcke und zogen, wohlgeborgen in Anorak, Fäustlingen und Wollmütze, weiter den Berg hinauf.
Noch war es dämmrig, aber der Himmel glühte schon. Berti hatte die Zeit gut berechnet: Als sie zur nächsten Wegkehre kamen und der Blick nach Osten frei war, ging die Sonne auf. Es war kurz vor sechs.
„Und da liegt man sonst im Bett und möchte weiterschlafen!“, sagte Hanni, nachdem sie ein paar Minuten schweigend zugesehen hatten, wie sich der Sonnenball langsam höher schob.
„Das erzähle dir von nun an immer selber, wenn dir das Aufstehen schwerfällt“, neckte Berti.
Sie stiegen diesmal nicht auf einen Gipfel, sondern wanderten einen Grat entlang, der die Sicht nach Osten und Norden freigab.
Als die Sonne schon wärmte, waren sie dicht vor einem Pass, der in das nächste Tal hinunterführte.
„Hier müsst ihr einmal im Frühling wandern“, sagte Berti. „Da gibt es viele wunderschöne Bergblumen, ihr werdet staunen.“
Sie fanden ein paar verspätete Astern, sonst sahen sie nur die Latschenkiefern und streckenweise rötlich gefärbtes Kraut von Heidelbeeren. Gegen Mittag suchten sie sich einen geschützten Winkel mit viel Sonne, aßen, tranken und hielten einen ausgiebigen Mittagsschlaf. Danach ging es flott bergab, bis sie wieder im Tal standen. Es war ein weites Tal mit großen Wiesen, auf denen Kühe grasten.
„In einer Stunde geht der Bus, den wir erreichen müssen“, sagte Berti.
„Und wie lange haben wir noch zur Haltestelle?“
„Eine gute halbe Stunde.“
Das klang tröstlich und es stimmte auch. Punkt vier waren sie am Ziel. Der Bus stand schon da. Sie warfen schnell noch ihre Postkarte in den Briefkasten, dann sanken sie auf ihre Plätze.
Lange blieb es eine Sonderfahrt für die drei. Erst in einem größeren Dorf stiegen ein paar andere Fahrgäste zu. Dann mussten sie umsteigen und waren schließlich gegen halb sechs in Hasenwinkel. Die letzte kurze Strecke bis zur Pferdeburg fiel ihnen fast schwerer als der ganze Marsch.
„Wenn man mit dem Ausruhen anfängt, ist es nicht leicht, noch einmal zu gehen“, stöhnte Hanni.
Im Heim wurden sie aber schnell wieder wach und fanden gar kein Ende mit Erzählen. „Es war einfach herrlich!“
Am übernächsten Tag brachte der Postbote die Karte. Die Kleinen, an die sie gerichtet war, bestaunten sie ehrfürchtig. Dann gingen sie zu Pitt.
„Da“, sagte Karli, „nun siehst du, dass die Gemsen doch Eier legen!“ Und sie hielt ihm vorwurfsvoll die Karte hin.
Pitt verschlug es die Sprache. Das konnte doch unmöglich wahr sein! Seine Stirn bekam tiefe Falten vom Nachdenken. Die Zwillinge fanden ihn im Aufenthaltsraum, wo er nach Tierbüchern suchte. In einem musste doch etwas über Gemsen stehen!
Hanni sah ihm eine Weile zu, dann aber tippte sie sich vielsagend an die Stirn. „Hast wohl noch nichts von Fotomontage gehört?“, fragte sie.
Pitt sah sie verblüfft an. Dann lachte er. „Drum!“ Seine Welt war wieder in Ordnung.
Senta und ihre Kinder
Am Dienstag der folgenden Woche stürzte Pitt abends ins Heim, als alle schon beim Essen saßen. „Senta hat vier Junge!“, rief er.
„Vier!“ Hanni und Nanni fuhren auf. „Geht es ihr gut?“
„Bestens!“, berichtete Pitt über die Tische weg und wollte noch weiter erzählen. Doch Frau Wagner unterbrach ihn: „Hör mal, mein lieber Jürgen Fleming, deine Senta war doch abgehauen, wie du mir versichert hast.“
Pitts Kopf glühte wie eine reife Tomate.
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