Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
bot sie ihm an.
»Sie schleppen Wasser mit sich herum?«
»Mit dem, was ich alles mitschleppe, könnte ich einen ganzen Krämerladen aufmachen. Es ist mir ein Rätsel, wie ihr Männer mit euren Hosentaschen auskommt. Möchten Sie eine Flasche? Ich hab zwei dabei.«
»Nein, danke. Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei Ihrem Talent für Gartenarbeit.«
»Hm-hm.« Während sie einen Schluck Wasser nahm, begutachtete Ava den verwahrlosten Vorgarten sowie das Unkraut, das dort heimtückischerweise wuchs und gedieh. »Essie hilft mir ein wenig, und Phoebe hat nicht die Zeit, sie jätet höchstens mal ein bisschen Unkraut. Aber ich liebe die Gartenarbeit und übernehme einen Großteil davon.«
»Um es kurz zu machen: Ich dachte, Sie könnten mir hier vielleicht ein bisschen helfen.«
»Hier?«
»Ich fürchte, wir müssen ziemlich bei null anfangen. Was da ist, ist fast alles verholzt oder abgestorben, bis auf das Unkraut. Das muss natürlich als Erstes beseitigt werden. Dann brauchen wir ein paar Basispflanzen sowie den ein oder anderen Hingucker. Vielleicht irgendwelche Zwergpflanzen, wie eine kleine Trauerweide hier auf der Seite. Und ein Spalier mit wildem Wein.«
Ava war verblüfft. »Was für ein Spalier?«
»Das, das ich hier anbringen lassen will. Oder eine Laube. Ich habe eine Schwäche für Lauben.« Gedankenverloren klimperte er mit dem Kleingeld in seiner Hosentasche. »Und dann brauchen wir noch Blumenkübel und -kästen. Und zwar richtig große, die sofort ins Auge springen. Hinterm Haus gibt es auch noch einen kleinen Garten. Aber wirklich nur einen kleinen. Ich dachte da an eine hübsche kleine Terrasse mit kleinen Tischen und Stühlen, so was in der Art. Sie sollte von ein paar Beeten gesäumt werden. Topfpflanzen und so. Meinen Sie, Sie könnten mir dabei helfen?«
»Ich bin ganz durcheinander. Ich soll Ihnen helfen, hier einen Garten anzulegen?«
»Ich würde Sie gern als Gartenbauarchitektin engagieren.«
Das verschlug Ava erst mal die Sprache. Sie nahm einen großen Schluck von ihrem Wasser, bevor sie wieder etwas sagen konnte. »Duncan … glauben Sie wirklich, dass ich ein so großes Projekt stemmen kann? Ich bin keine Gartenbauarchitektin. Ich arbeite nur ganz gern im Garten.«
»Das ist doch wunderbar. Ich möchte etwas Individuelles. Mir gefällt, was Sie in der Jones Street gemacht haben. Etwas ganz Ähnliches stelle ich mir auch hier vor. Ich hab Fotos dabei.«
Noch auf der Treppe zog er einen Ordner aus seiner Aktentasche und gab ihn ihr. »Das sind Fotos vom Haus, vom Grundstück in seinem jetzigen Zustand, von der Veranda und so weiter. Und ich habe schon ein paar Skizzen gemacht. Das sind selbstverständlich alles nur Vorschläge. Und das hier ist das Budget, an das ich gedacht habe.«
Die Neugier gewann die Oberhand, und so öffnete sie den Ordner und ging die Fotos durch, bis sie zum Budget kam. »Ich glaube, ich muss mich erst mal setzen.«
»Gut.« Er setzte sich neben sie. Er liebte es, mitten in der Stadt auf einer Treppe zu sitzen und die Passanten zu beobachten. Und genau das genoss er jetzt, während sie eine Weile schwieg.
»Duncan, Sie sind wirklich reizend, aber irgendwas stimmt nicht mit Ihnen.« Als er lachte, schüttelte sie nur den Kopf. »So ein großes Projekt gibt man nicht einfach jemandem, der keinerlei Erfahrung mit so etwas hat.«
»Na ja, groß ist relativ. Ich habe noch ein wirklich großes Projekt für Sie in petto, aber darüber sollten wir ein andermal reden. Ich will, dass das hier aussieht wie ein richtiges Zuhause.« Denn als solches sollte es wahrgenommen werden. »Und damit haben Sie durchaus Erfahrung.«
Sie dachte an den Garten, den sie in diesem ordentlich parzellierten West Chatham gehabt hatte. Daran, mit welcher Begeisterung sie ihn in einen echten Hingucker verwandelt hatte. Wie sie Erde, Dünger, Torfmoose herbeigeschleppt hatte. Wie sie gebuddelt, geplant, geschwitzt, gejätet und sich ein Zuhause geschaffen hatte. Ohne zu ahnen, welche Schlange in diesem Paradies lebte. Ohne zu ahnen, dass sie das Idyll, das sie mit so viel Mühe geschaffen hatte, bald schon wieder würde verlassen müssen.
Wäre es nicht toll, diese Aufgabe hier zu übernehmen? All das abgestorbene, hässliche Zeug rauszureißen und etwas Wunderschönes zu erschaffen? Um der reinen Schönheit willen.
Ja, beschloss sie. Sie würde ernsthaft darüber nachdenken.
15
Siewarschon drauf und dran, Duncan abzu-sagen. Aber das wäre natürlich der helle
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