Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
jetzt geh nach Hause, und denk nicht weiter darüber nach.«
Es hatte keinen Sinn, noch weiter mit ihm darüber zu diskutieren, dachte sie, zumal er recht hatte. Sie musste nur die Nerven behalten. »Was hast du heute Abend noch vor?«
»Ich mach hier noch etwas fertig und geh dann nach Hause zu meinem Bier und meinem Fertiggericht.«
»Apropos Abendessen. Wie wär’s …« Sie hielt inne und spürte, wie Wut und Trauer in ihr aufstiegen, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. »Muss das wirklich sein? Wegen dieser dämlichen Anschuldigungen? Können wir jetzt keine Freunde mehr sein?«
»Natürlich bleiben wir Freunde, und daran wird sich auch nie etwas ändern. Aber im Moment bleibe ich lieber bei meinen Fertiggerichten. Warten wir, bis die heiße Luft verpufft ist, Phoebe. Sie wird keinerlei Spuren hinterlassen, das versprech ich dir.«
»Ich glaube, ich muss doch noch zu diesem Voodoo-Priester.«
Er lächelte sie auf diese ruhige, geduldige Art an, die sie so an ihm liebte. »Wir machen hier gute Arbeit und werden das auch weiterhin tun.«
Es war schon komisch, fand Ava, dass sich der Mann, mit dem ihre Freundin ausging, mit ihr verabreden wollte. Sie wusste auch nicht recht, warum sie eingewilligt hatte, ihn zu treffen. Vielleicht aus Neugier oder wegen seiner guten Manieren und seinem überwältigenden Charme. Wahrscheinlich war es die Mischung aus allen dreien gewesen, gestand sie sich ein, während sie die Whitaker Street hinunterging.
Sie hatte beschlossen, nicht das Auto zu nehmen. Die Parkplatzsuche war oft der reinste Albtraum, und so konnte sie ein wenig durch die Straßen von Savannah schlendern.
Sie liebte Savannah. Sie liebte das MacNamara-Haus – nirgendwo hätte sie sich mehr zu Hause gefühlt. Natürlich hatte sie auch ihr hübsches kleines Haus in West Chatham geliebt. Ein Haus wie aus dem Bilderbuch. Sie hatte einen erfolgreichen Ehemann gehabt, einen entzückenden kleinen Sohn, ja sogar den obligatorischen Golden Retriever. Aber nichts davon war wirklich bilderbuchreif gewesen, und als sie das feststellte, war das wirklich ein schwerer Schlag für sie gewesen. Es war nicht gerade angenehm, einen notorischen Ehebrecher zum Mann zu haben – vor allem nicht für eine Ehefrau, die lange blind gewesen und sämtliche Signale übersehen hatte.
Und so war sie wieder im MacNamara-Haus gelandet. Ohne ihren Mann und ohne ihren Hund. Den Hund hatte sie vermisst, dachte sie belustigt. Aber sie war froh gewesen, einen Ort zu haben, wo sie hinkonnte, einen Ort, an dem ihr Sohn aufwuchs und wo sie sich nützlich machen konnte.
Und wenn sie sich hin und wieder immer noch wünschte, dass dieser widerliche Betrüger bei einem Autounfall ums Leben käme, war das schon ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu jener Zeit, in der sie regelmäßig darum gebetet hatte, er möge von einem Schnellzug enthauptet werden.
Sie war so in Gedanken, dass sie beinahe an dem Haus vorbeigelaufen wäre.
»Hallo, Ava!«
Sie blieb stehen und sah, wie Duncan die Stufen eines bemitleidenswerten, heruntergekommenen Hauses hinabging.
Kein Wunder, dass Phoebe so viel Zeit mit diesem Exemplar verbrachte, dachte Ava. Diese Muskeln, dieses zerzaustes Haar und dann noch dieses entwaffnende Lächeln.
Obwohl sie bei Männern nicht gerade die beste Menschenkenntnis bewiesen hatte, hielt sie auf diesen hier große Stücke.
»Entschuldigen Sie, ich war ganz in Gedanken. O je, ist das etwa das Haus, das Sie gekauft haben? Das, von dem Sie Essie erzählt haben?«
»Ja.« Er drehte sich um und betrachtete es voller Begeisterung. »Es braucht nur ein wenig Hilfe.«
»Allerdings.«
Die Hälfte der Fenster war vernagelt, und die vordere Veranda sah aus wie ein hängender Unterkiefer. Der Putz – beziehungsweise das, was noch davon übrig war – war ein verblichenes Gelb und bröckelte vom Holz.
»Da haben Sie aber noch jede Menge zu tun.«
»Genau das macht ja solchen Spaß. Und darüber wollte ich mit Ihnen reden.«
»Über was?«
»Kommen Sie doch hoch – die Stufen sind in Ordnung.« Er nahm ihre Hand und zog sie hoch. »Die Statik ist noch einwandfrei. Was fehlt, ist hauptsächlich Kosmetik.«
»Ich fürchte, da werden Sie aber viel Make-up brauchen, Duncan.«
»Ja, das ist mir klar. Und hier muss eine Art Vorgarten hin. Das MacNamara-Haus besitzt einen fantastischen Vorgarten. Wie ich hörte, machen Sie die ganze Gartenarbeit selbst.«
»Überwiegend schon.« Sie holte eine Flasche Wasser aus ihrer Handtasche und
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