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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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Aussehen eines Mädchens sprach sie nicht, denn sie fand es nicht wichtig. Ihre Tochter hatte ein schlichtes Gemüt, aber sie war robust gebaut, mit großen Füßen. Auf einem kleinen Gehöft würde sie sich gut machen. Außerdem hatte sie ja Talmadge, der ihr die Richtung weisen und ihr helfen konnte. Talmadge war der Kopf all ihrer (Elsbeths und seiner) Unternehmungen. Immer dabei zu überlegen, zu planen. Eine neue Art zu pflanzen, eine neue Art zu ernten. Ideen für die Bewässerung. Schon damals, als er so jung war. So werden wir es machen, verkündete er dann ruhig und ernst. Was meinst du? Er bezog sie immer ein: Wenn ein von ihm entwickeltes Projekt gelang, schrieb er das wie selbstverständlich auch ihr zu. Ein- oder zweimal, ganz selten, schlug sie selbst etwas vor – oder wandelte eine Idee von ihm ab –, und wenn es nichts taugte, korrigierte er es stillschweigend im Zuge ihrer Arbeit. Aber sie war nicht dumm oder gar beschränkt, egal, was die Leute sagten. Er liebte sie, ihre Zielstrebigkeit und Entschiedenheit bei manchen kleinen häuslichen Verrichtungen, ihre Sanftheit im Umgang mit Tieren; ihre tiefe, ernste Innerlichkeit. Sie konnte ohne Hilfe eines Musters oder einer Anleitung raffinierte Szenen mit Kreuzstich entwerfen – Szenen, die ihn verwunderten, und sie selber auch, wenn er sie danach befragte. Wo kamen solche Bilder her? Gehölze, große Seen, Löwen, Engel. Und doch stimmte es, dass es ihr manchmal schwerfiel, Sätze zu bilden, die sie in die Luft hinausschicken konnte, Luft, die dünner zu werden schien, sobald sie mit jemand anderem als Talmadge oder ihrer Mutter sprach, den Tränen nah. Er beschützte sie, stellte sich zwischen sie und die Welt. Sie musste nicht in die Stadt gehen und mit den Leuten reden, das machte er, auch wenn er selber schüchtern war.
    Und obwohl sie ihm vertraute – anscheinend immer vertraut hatte – und ihn nicht zu beneiden oder sich von ihm zurückzuziehen schien, musste sie Sehnsüchte gehabt haben, von denen sie ihm nichts erzählte, die sie für sich behielt. Er erinnerte sich, dass er sie eines Tages, als sie in den Raum kam, plötzlich zu erkennen glaubte – ihr physisches Wesen trat für ihn deutlich hervor –, aber er wusste nicht, warum. Und dann wurde es ihm klar: Sie hatte ein neues Kleid an. Kein richtiges Kleid, sondern eine Kittelschürze. Himmelblau, nicht wie die graue, die sie sonst immer trug. Was ist das?, fragte er. Wo hast du die her? Es war nach dem Tod ihrer Mutter, als er sich manchmal, ganz selten, aus Versehen im Ton vergriff. Sie berührte den Stoff, schaute aber nicht hinunter. Die habe ich genäht, sagte sie. Ich habe den Stoff von – woher, wusste er jetzt nicht mehr. Er hatte, plötzlich sehr böse, zu ihr gesagt: Du kannst nicht einfach irgendwas kaufen, ohne dass wir es vorher besprochen haben. Wir brauchen unser Geld für – er wusste wieder nicht mehr, was er gesagt hatte. Für irgendein Projekt. Die ganze Zeit bewegte sie kein einziges Mal den Kopf. Der Ausdruck ihrer Augen – die von einem undurchsichtigen Hellblau waren, genau wie seine – blieb gleich, doch ihr Mund verhärtete sich. Kaum merklich. Die Finger ihrer linken Hand, die locker herabhing, zuckten leicht – vielleicht ein Reflex der Verletzung oder Wut, die sie auf ihrem Gesicht nicht zeigte. Und mit einem Schlag war er nicht mehr böse. Einige Sekunden vergingen im Schweigen. Wenn er böse war, dann nie ernsthaft, und sein Ärger äußerte sich nur in kleinen Seitenhieben wie diesem. Hinterher schämte er sich schnell dafür. Leise und ohne sie anzusehen, sagte er: Die Schürze sieht hübsch aus. Und: Das hast du sehr schön gemacht mit dem – aber ihm fehlten die richtigen Begriffe dafür, für die Schneiderei –, und so behalf er sich mit einer unbestimmten Geste. Kurz darauf nickte sie leicht mit dem Kopf. Und dann ließen beide die Szene hinter sich, als wäre nichts gewesen.
    Er kehrte immer wieder zu dieser Kittelschürze zurück, als läge dort der Schlüssel zu ihrem Verschwinden. Warum diese Schürze? Sie war neu, das Material – die Farbe – irgendwie fremd, ja schick. Nicht wie die Sachen, die sie sonst trug. Später erschien es ihm wie Reisekleidung – wie der Anfang davon. Sie plante schon, fortzugehen …
    Oder es war ein Sonderangebot gewesen, in dem Korb mit anderem billigen Zeug im Gemischtwarenladen, und sie hatte es spontan gekauft, nicht aus Eitelkeit oder einem ähnlichen Impuls, sondern weil es günstig

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