Im Licht von Apfelbäumen | Roman
direkt aus der Dose. Und dann – Talmadge würde sich immer daran erinnern – holte einer von ihnen ein Banjo hervor und fing an, zu spielen und dann auch zu singen. Seine Zähne waren schief und so verfärbt wie sein Bart. Er hatte hellblaue, wässrige Augen und sang Lieder über einen Ort, der Talmadge bekannt vorkam: Tennessee. Sein Vater stammte daher. Später schien es Talmadge, als weinte der Mann. Aber warum? Er vermisst sein Zuhause, sagte Talmadges Mutter.
Die Männer erzählten ihnen, zehn Meilen flussaufwärts gebe es einen Handelsposten, wo sie Vorräte eintauschen könnten. Sie hätten Glück, dass Sommer sei; im Winter sei hier kein Durchkommen. Talmadge und seine Mutter und Schwester brachen wieder auf und erreichten besagten Posten noch am selben Tag. Und von dort gingen sie weiter. Was haben Sie vor?, fragten die Leute. Kehren Sie um. Sie haben kleine Kinder. Es regnete zwei Tage lang und war kalt. Seine Schwester bekam einen trockenen Husten. Und dann durchquerten sie einen dichten Wald und standen auf einmal am Rand eines Tals, das erleuchtet war, als wäre es das Ende oder der Anfang der Welt. Ein Tal aus gelbem Gras. Ganz still, abgesehen von einem Wasserband, das in der Tiefe dahinfloss. Seine Schwester, neben ihm, hielt die Luft an; und auf seiner anderen Seite spürte er die schweigende, widerstrebende Genugtuung seiner Mutter.
Sie wanderten ins Tal hinab.
Auf einer Hochebene diesseits des Baches standen eine verdreckte Bergarbeiterbaracke und zwei kränkliche Gravensteiner-Apfelbäume. Auf der anderen Seite des Wassers erstreckte sich ein Feld, am hinteren Rand von Wald begrenzt. Im Osten der dunkle Schlund eines Canyons. Drei Wochen später entdeckten sie eine Meile in den Canyon hinein und durch noch mehr Wald hindurch eine Hütte am oberen Bachlauf. Hier, an einer flacheren Stelle des Baches, gab es, genau wie weiter unten, eine Waschrinne. Eine der ersten Taten von Talmadges Mutter bestand darin, sie abzubauen und zusammen mit allen anderen zu jenem Gewerbe gehörenden Gerätschaften, die sie finden konnte, im Wald zu vergraben. Ich hab für mein Leben genug vom Bergbau, sagte sie.
Ein Jahr lang pflegten er und seine Mutter und Schwester die Gravensteiner und säten außerdem die Gemüsesamen, die seine Mutter in die Säume ihrer Winterkleidung eingenäht hatte. Im Sommer des darauffolgenden Jahres verkauften sie Äpfel an die Bergarbeiter in Peshastin Creek und tauschten Vorräte am Handelsposten in Icicle ein.
Im Spätsommer und dann wieder im Frühling kam ein Trupp einheimischer Männer mit einer Herde von über zweihundert Pferden aus dem Wald. Die Männer machten keine Anstalten, mit Talmadge oder seiner Mutter oder Schwester zu sprechen, noch sprachen Talmadge oder seine Mutter oder Schwester sie an. Sie blieben drei Tage lang auf dem Feld.
Als die Männer im Sommer darauf erneut auftauchten, ging Talmadges Mutter zu ihnen aufs Feld, um ihnen Obst und Gemüse und ein paar Laibe Kartoffelbrot anzubieten. Die Männer nahmen ihre Geschenke an; und als sie vier Wochen später wiederkehrten, brachten sie ihr, auf den Rücken eines Pferdes geschnallt, ein von ihnen getötetes Reh mit.
Es waren Cowboys, damals vor allem vom Stamm der Nez Perce, doch später kamen auch Männer anderer Stämme hinzu: Palouse, Yakama, Cayuse, Walla Walla, Umatilla. Sie jagten Pferde in den südöstlichen Gebirgsketten – den Blue Mountains, den Wallowas, den Steens, den Sawtooths – und richteten sie ab, um sie auf Auktionen in den größeren Städten der Gegend zu verkaufen. Sie kamen schon seit etwa zehn Jahren in das Tal, ließen die Pferde fressen und sich ausruhen und hofften, hier den Gesetzeshütern zu entgehen, die auf der Suche nach gefährlichen Banden wie ihnen das Land durchkämmten.
Wenn sie auf den Auktionen gewesen waren und wieder gen Süden geritten kamen – die Herde stark dezimiert, viele der Männer mit hübschen Lederwesten und Satteltaschen ausstaffiert –, brachten sie Talmadge und seiner Schwester Geschenke mit: Süßigkeiten oder Tierfiguren aus Milchglas. Die Kinder durften ihre Taschen durchsuchen, oder sie setzten sie vor sich auf den Sattel und ritten mit ihnen über das Feld.
Auf ihrem Rückweg blieben die Männer immer nur eine Nacht, und wenn Talmadge am nächsten Morgen erwachte, waren sie schon fort. Die Asche ihrer Feuerstellen war noch nicht kalt, und der Geruch von Pferden und Tabak hing noch stundenlang in der Luft und rief in dem Jungen eine
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