Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
Geste hinterherzuschicken. Stattdessen ging sie am Müllcontainer vorbei zum Rand des Bürgersteigs und spähte um die Ecke des Gebäudes. In der Einbahnstraße vor dem Restaurant stand in entgegengesetzter Fahrtrichtung ein Streifenwagen mit blinkendem rotem Licht. Die Menge, die sich draußen versammelt hatte, war entweder aus dem Restaurant gekommen oder von der Straße, vermutlich beides. Zwei Jungen im Teenageralter hielten ihre Handys hoch und machten Aufnahmen von der Szene. Bree bemerkte die Barkeeperin, eine fröhliche Frau Mitte vierzig, die im Augenblick nicht sonderlich fröhlich wirkte. Der kleinere der beiden Jungen schien die Barkeeperin ebenfalls zu kennen. Huey’s war eben ein beliebtes Lokal. »Hey, Maureen! Was zum Teufel ist da drin passiert?«
Maureen zuckte ratlos die Achseln. »Angefangen hat es damit, dass eine Frau über einen Typen hergefallen ist.«
Bree zuckte peinlich berührt zusammen.
»Und dann ist dieser komische Wind vom Fluss gekommen und hat das Lokal verwüstet. Na ja, nicht ge rade verwüstet«, korrigierte sich Maureen. »Aber er hat die Tür aufgedrückt und da drinnen ein gewaltiges Chaos angerichtet.« Verwirrt blickte sie zum Himmel. »Und dann ist er wieder abgeflaut.«
»Ist jemand verletzt?« Der Junge drängte sich durch die Menge und richtete sein Handy auf Maureen. »Möchtest du dich vielleicht dazu äußern?«
Maureen hielt sich die Hand vors Gesicht. »Lass das! Und verschwindet von hier, ihr zwei.«
»Ist jemand umgekommen?«, fragte der andere Junge, der einen goldenen Ring in der Nase hatte.
»Nicht dass ich wüsste.« Maureen ließ die Hand sinken und schnitt eine Grimasse in Richtung Handy. »Los, ihr beiden. Haut ab! Was habt ihr hier überhaupt zu suchen?«
»Ha!«, erwiderte der Kleinere wichtigtuerisch. »Hast du eine Ahnung, wie viel die Fernsehsender für solche Bilder zahlen?«
»Wär viel besser, wenn’s auch ein paar Leichen geben würde, Pauly«, meinte der Junge mit dem Nasenring. »Wer will denn Pizzastücke auf dem Fußboden sehen? So was kann ich mir auch zu Hause angucken.«
»Hast du’s immer noch nicht kapiert, Pauly?«, sagte Maureen barsch. »Ihr zwei sollt abhauen. Ich hab schon die Versicherungsgesellschaft angerufen, und je weniger Leute hier rumhängen, wenn die kommen, desto besser.« Sie sah die beiden finster an. »Vielleicht denken die ja, dass ihr was damit zu tun hattet.« Sie beobachtete, wie die zwei Jungen in der Menge verschwanden, die sich gerade zerstreute. Dann schüttelte sie den Kopf und ging ins Restaurant zurück.
Eine leichte Brise wehte durch die Straße. Bree blickte zum Himmel hoch. Die Mondsichel stand knapp über dem Horizont. Ein paar Wolken jagten an den Sternen vorbei.
Ringsum war alles so ruhig wie in einem Grab.
Aufgewühlt, verwirrt und todmüde trottete sie die Treppe zu ihrem Haus hoch.
Als sie die Haustür aufschloss, klingelte drinnen das Telefon. Sascha bellte. Irgendwo in einiger Entfernung waren Sirenen zu hören, und Bree kam plötzlich zu der irratio nalen Überzeugung, dass die Polizei hinter ihr her war. Als sie durch die Haustür trat und beinahe über Sascha fiel, stand sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Sie rettete sich – und das Bein des armen Hundes –, indem sie einen sportlichen Satz über Sascha hinweg machte und in Richtung Telefon rannte.
»Bree, mein Liebling!«
»Mama«, keuchte Bree.
»Alles in Ordnung, Schätzchen?« Wellen der Besorgtheit strömten durch die Telefonleitung.
»Mir geht’s bestens. Ich bin grad nach Hause gekommen und über den Hund gestolpert, als ich zum Telefon rannte.«
»Hund? Du hast diesen Hund immer noch?«, fragte Francesca.
»Ah«, erwiderte Bree, »hier ist alles so hektisch zu gegangen, dass ich ganz vergessen habe, euch mehr von dem Hund zu erzählen.« Mit dem Hörer am Ohr lehnte sie sich gegen die Wand und ließ sich zu Boden sinken. Das gefiel Sascha, der sofort versuchte, es sich auf ihrem Schoß gemütlich zu machen.
»Ich glaube, du solltest uns mehr über den Hund erzählen«, schaltete sich ihr Vater ein.
»Nun ja, ich habe ihn gerettet.« Das war ein todsicherer Weg zu dem weichen Herzen ihrer Mutter. »Außerdem ist er ein wunderbares Tier. Einfach wunderbar. Antonia liebt …« Bree biss sich so heftig auf die Lippe, dass sie fast aufgeschrien hätte. »Ich meine, Antonia würde ihn ebenfalls lieben, wenn sie ihn kennen würde. Hier, er möchte mal hallo sagen.« Sie hielt Sascha den Hörer vor die Schnauze
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