Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
und forderte ihn auf, ohne dass sie sich allzu viel davon versprach: »Sag mal was!«
Sascha bellte.
Bree drückte sich den Hörer wieder ans Ohr. »Na, was haltet ihr davon?«
»Er hört sich ziemlich groß an«, erwiderte ihre Mutter skeptisch. »Denk an die Bestimmungen. Wenn er zu groß ist, musst du ihn nach Plessey bringen, Bree. Dein Vater und ich könnten ihn auch gleich mit nehmen, wenn wir nächste Woche zu dir kommen. Das arme Ding.«
Bree warf einen Blick auf Sascha, der von Stunde zu Stunde gesünder aussah. »Ich weiß nicht. Es gefällt mir wirklich, ihn bei mir zu haben.« Plötzlich kam ihr zu Bewusstsein, was ihre Mutter noch gesagt hatte. »Was … wollt ihr? Ihr wollt herkommen?«
»Zu deinem Einstand, Bree, Himmel noch mal. Ich wusste, dass du bisher zu viel um die Ohren hattest. Aber jetzt, da du diese entzückenden Büroräume gefunden hast, ist es doch an der Zeit, die Leute wissen zu lassen, dass du da bist.«
»Das ist wirklich kein guter Zeitpunkt, Mama«, erwiderte Bree. »Ich meine, ich weiß das zu schätzen, aber ich würde lieber …«
»Wir wussten, dass du das sagen würdest. Deshalb haben dein Vater und ich die Einladungen auch schon verschickt. Dein Vater hat immer noch viele gute Kontakte zur juristischen Welt von Savannah, nicht wahr, Liebling? Und die werden alle ihm zuliebe aufkreuzen. Du wirst schon sehen, Bree, das wird eine wunderbare Sache.«
»Ihr habt die Einladungen schon verschickt?«, hakte Bree nach.
»Ja«, bestätigte ihre Mutter. »Für nächsten Donnerstagnachmittag von fünf bis sieben im Mansion.«
»Im Forsyth Mansion?«, fragte Bree mit schwacher Stimme. Das Hotel am Forsyth Park hatte fünf Sterne, und das dazugehörige Restaurant, 700 Drayton, war exorbitant teuer.
»Auf diese Weise hast du eine Woche Zeit, dich um das Catering und den Blumenschmuck zu kümmern. Die Rechnungen lässt du an uns schicken, nicht wahr, Royal?«
»Mama«, sagte Bree, »ich wünschte wirklich …«
Ihre Mutter überrollte ihre Einwände, wie seinerzeit Sherman Atlanta überrollt hatte. »Also du weißt doch, wie stolz wir auf dich sind! Du wirst uns doch die Freude machen, dass wir diesen kleinen Empfang geben dürfen, nicht wahr?«
»Sicher«, sagte Bree, die sich plötzlich furchtbar erschöpft fühlte. Sie war einfach nicht in der Lage, sich mit noch einer Sache auseinanderzusetzen. Alles, was sie wollte, war, eine lange heiße Dusche zu nehmen und dann ins Bett zu gehen. »Ich weiß das wirklich zu schätzen. Danke, Mama. Danke, Daddy. Ihr sagt mir doch Bescheid, bevor ihr euch auf den Weg macht, ja?«
»Selbstverständlich.« Eine längere Pause trat ein. »Geht es dir wirklich gut, Liebes? Royal, was meinst du dazu?«
Von ihrem Platz auf dem Fußboden konnte Bree in das dunkle Wohnzimmer sehen, ohne jedoch den Kamin im Auge zu haben. Plötzlich rappelte sich Sascha hoch. Er spitzte die Ohren und starrte wie gebannt ins Wohnzimmer.
Während sie den Hund beobachtete und mit einem Teil ihrer Gedanken noch bei dem Vorfall im Restaurant war, ihrer Mutter zuhörte und sich überdies danach sehnte, im Schlaf Vergessen zu finden, sickerte plötzlich Wasser um die Ecke und kam auf sie zu. Sascha bellte einmal kurz auf.
»Ich muss Schluss machen, Mama. Ich glaube, ich hab den Wasserhahn nicht zugedreht.« Sie steckte das Telefon in die Station und stand mit klopfendem Herzen auf. Das Rinnsal phosphoreszierte gelblich. Langsam schob es sich vorwärts, alle paar Meter die Richtung wechselnd, als stoße es auf unsichtbare Hindernisse.
Sascha drehte sich um und sah Bree an. In seinen Augen spiegelte sich Licht und brachte sie zum Funkeln.
Es sucht nach etwas .
Bree kämpfte gegen den Impuls an davonzurennen. Sascha sah zu ihr hoch; dann setzte er sich mit angelegten Ohren vorsichtig in Bewegung.
Bree folgte ihm. Das Wasser kam von irgendwo im Wohnzimmer …
Das Gemälde .
Geräuschlos bewegte sie sich vorwärts, mit einer Entschlossenheit, die ihre Sinne schärfte. Sie hörte das leise Zischen der Flüssigkeit, die über den Fußboden kroch, hörte das langsame Schlagen von Saschas Herz, hörte das Rauschen von Flügeln. Nachdem sie einen großen Bogen um das Wasser gemacht hatte, erreichte sie die Mitte des Wohnzimmers.
Das Gemälde war lebendig geworden. Leises Geflüster und verstohlenes Lachen drangen daraus hervor. Das flammend rote Meer floss über den Rahmen, rann über die Ziegeleinfassung und ergoss sich auf den Fußboden. Die Wellen wogten langsam
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