Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
überhaupt an, dass es Hundehaare seien? Sie rollte einen Teil der Flusen zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her.
In der Tat sah es wirklich wie Hundehaar aus und fühlte sich auch so an. Lavinia hatte also recht. Aber sie würde sich doch wohl daran erinnern, wenn sie heute Morgen einem Hund begegnet wäre.
»Und was Ihre Adresse angeht … kein Problem«, fuhr Lavinia fort. »Auf Anraten meines Neffen Rebus habe ich mir schon vor Jahren ein Telefon mit Anruferkennung zugelegt. Die Zahlenfolge 848 bezieht sich auf diese alten Reihenhäuser im Factor’s Walk. Außerdem ist das eine uralte Nummer. Was bedeutet, dass Sie schon seit einer gewis sen Zeit hier sind.«
»Nun ja, meine Familie ist sogar schon seit einer ganzen Weile hier«, erwiderte Bree. »Das heißt, sie besitzt seit Jahren ein Reihenhaus. Früher sind meine Schwester Antonia und ich im Sommer regelmäßig zu Besuch hier gewesen.«
»Da kommen Sie also direkt aus der noblen Anwaltskanzlei Ihres Vaters in North Carolina, sind bereit, es mit der ganzen Welt aufzunehmen, und trotzdem wollen Sie diese Räume nicht für dreihundert Dollar im Monat mieten?«
Hatte sie die Anwaltskanzlei ihres Vaters erwähnt? Wohl kaum. »Tja, ich …« Bree geriet erneut ins Schwimmen, was sonst nicht ihre Art war. Wenn drei Jahre Berufs praxis als Anwältin ihr irgendetwas beigebracht hatten, dann Entschlossenheit. »Ich bin mir einfach nicht sicher, Mrs. Mather.«
»Sagen Sie Lavinia zu mir, Schätzchen«, entgegnete die alte Dame. »Wenn mir heutzutage etwas nicht gefällt, dann sind es die Manieren der jungen Leute. Aber ich habe gemerkt, dass Ihre Mama Ihnen welche beigebracht hat. Also hören Sie auf, mich Mrs. Mather zu nennen.«
»Danke, gern«, sagte Bree zerstreut. Von dort aus, wo sie stand, konnte sie in die kleine Küche blicken. Der Kühlschrank war ein antikes Monstrum mit gewölbter Tür, wie man es nur noch in alten Fernsehserien zu sehen bekam.
»Ich meine«, betonte Lavinia mit zittriger Stimme, »wo sonst würden Sie hübsche Räume finden, die so billig sind wie diese hier?«
Bree inspizierte die Räume noch einmal, diesmal gemächlicher. Die Sekretärin und die juristische Hilfskraft konnten sich das Wohnzimmer teilen. Und es war auch noch genug Platz für ein kleines Sofa und einen Couchtisch. Das Schlafzimmer würde ihr als Büro sehr zusagen. Wenn man noch eine Mikrowelle anschaffte, würde die kleine Küche, die im Stil der fünfziger Jahre gehalten war, einen netten Aufenthaltsraum abgeben. Sie hoffte, dass sie nicht allzu viel würde ausgeben müssen, um das Büro einzurichten; je kleiner die Räumlichkeiten, desto weniger Möbel musste sie kaufen.
»Meine Wohnräume und meine Werkstatt befinden sich oben im ersten Stock«, erklärte Lavinia. »Aber ich arbeite hauptsächlich nachts, sodass ich Sie in keiner Weise stören werde. Und ich werde das kleine Volk davon abhalten, nach unten zu kommen und Sie zu belästigen.«
Bree schaffte es, sich ihr Erstaunen nicht anmerken zu lassen. »Sie haben Kinder?«
Lavinias Kichern war so ansteckend, dass Bree ebenfalls in Lachen ausbrach. »In meinem Alter, meine Liebe! Nein, nein, Kinder gibt es oben keine.«
Also dann Haustiere. Bree neigte dazu, Menschen, die Haustiere hielten, zu vertrauen. Sie sah sich erneut um. Lavinia hatte recht. Die Büroräume waren ein Schnäppchen, trotz der grässlichen Umgebung draußen und der rätselhaften Hundehaare hier drinnen. Wenn sie dem alten Friedhof ein paar Wochenenden opferte, um dort alles herzurichten, würde das einen dramatischen Unterschied machen.
Greif zu , sagte die Stimme in Brees Kopf. Sie vertraute auf diese innere Stimme, die sie schon ihr ganzes Leben lang begleitete. Sie hatte sie auch veranlasst, Jura zu studieren, die Stelle in der Kanzlei ihres Vaters anzunehmen und hier nach Savannah zu gehen. Außerdem hatte sie sie vor ihrem letzten Liebhaber, Payton der Ratte, gewarnt. Damals hatte sie jedoch nicht auf die Stimme gehört. Unvorsichtigerweise, denn das Ganze hatte ihr nur Leid und Kummer beschert.
Sie würde die Räume also nehmen.
»Ich würde diese Räume gern von Ihnen mieten, Lavinia.«
»Und ich würde sie Ihnen gern vermieten, Schätzchen.«
Feierlich schüttelten sie sich die Hand. Lavinias Finger waren trocken und kühl und fühlten sich wie die Knochen eines kleinen Vogels an.
Nachdem sie die Entscheidung getroffen hatte, war Bree ungemein erleichtert. »Dürfte ich jetzt wohl noch einen Blick auf den
Weitere Kostenlose Bücher