Im Namen der Heiligen
Anliegen. Ich gebe dir alle Vollmachten.«
Abt Heribert war alt, sehr menschlich und sanftmütig, aber weder sonderlich ehrgeizig noch selbstgerecht noch willensstark. Es gab zwei Möglichkeiten, ihm Bruder Johns Wunsch zu unterbreiten. Bruder Cadfael entschied sich für den einfacheren, ehrlicheren Weg. »Vater, da ist ein junger Bruder, an dessen gutem Charakter ich nicht zweifle - wenn auch an der Richtigkeit seiner Berufswahl. Er steht mir nahe, und ich wünsche mir, daß er auf den rechten Weg findet, denn wenn er ihn einmal gefunden hat, wird er ihn nie mehr verlassen. Vielleicht wird dieser Weg von unserem Kloster wegführen. Nun, Vater, ich bitte dich, mir zu erlauben, daß ich ihn nach Gwytherin mitnehme. Er könnte für uns Brennholz hacken, Wasser holen, die Pferde und Maultiere versorgen, und gleichzeitig fände er genügend Zeit, um seine Zukunft zu überdenken.«
Abt Heribert sah Cadfael ein wenig bestürzt und besorgt an, aber nicht ohne Mitgefühl. Vielleicht erinnerte er sich an seine Jugend, wo auch er mit sich gerungen und an der Richtigkeit seiner Entscheidung für das Klosterleben gezweifelt hatte. »Niemals würde ich es einem Mann verübeln, wenn er glaubt, Gott anderswo besser dienen zu können als hier. Wer von uns könnte behaupten, er hätte niemals über die Schulter zurückgeblickt? Hast du vielleicht«, begann er vorsichtig das Thema anzuschneiden, das ihm vor allem am Herzen lag, wenn er auch eine gleichmütige Miene aufsetzte, »schon mit Prior Robert über diese Angelegenheit gesprochen?«
»Nein, Vater«, entgegnete Cadfael tugendhaft. »Ich wollte ihn nicht mit solchen Kleinigkeiten belästigen - wo doch eine so große Verantwortung auf ihm lastet.«
»Sehr richtig«, stimmte der Abt eifrig zu. »Es wäre nicht gut, ihn jetzt von seinen großen Plänen abzulenken. Ich werde ihm nicht verraten, warum euch der junge Mann begleiten wird. Prior Robert, in seinem unerschütterlichen Glauben, würde es nicht verstehen, daß jemand zurückblickt, nachdem er sein Gelübde getan hat.«
»Nun, Vater, wir sind nicht alle dazu geschaffen, die Mönchskutte zu tragen. Manche Leute könnten sich anderswo nützlicher machen.«
»Du hast recht.« Der Abt lächelte wehmütig und dachte an das Rätsel, das sich mit Bruder Cadfael verband - ein Rätsel, das er manchmal vergaß, an das er sich aber immer wieder erinnerte. »Ich gestehe, daß ich mich selbst oft gefragt habe... Doch genug davon. Sag deinem jungen Bruder, daß er mit euch reisen wird.
Prior Roberts kühles aristokratisches Gesicht spiegelte Unbehagen und Mißtrauen wider, als er erfuhr, wer seiner Delegation angehören sollte. Cadfaels argloses, selbstbewußtes Auftreten irritierte ihn, ohne daß sich der Bruder ein unbotmäßiges Wort oder einen aufreizenden Blick erlaubt hätte, und schien an seiner Würde zu rütteln. Gegen Bruder John konnte er nichts vorbringen, aber allein schon die rote Haarfarbe des jungen Mannes, seine robuste Gesundheit und Fröhlichkeit, die Art, wie er mit seinem extravaganten Vortrag den alten Märtyrergeschichten neues Leben einhauchte, beleidigten das ästhetische Empfinden des Priors. Aber da Abt Heribert in seiner Naivität bestimmt hatte, daß die beiden mit der Abordnung nach Gwytherin reiten sollten, und da sich nicht leugnen ließ, daß ein Bruder, der Walisisch beherrschte, in gewissen Phasen des Unternehmens dringend gebraucht werden würde, fügte sich der Prior widerspruchslos dem Beschluß seines Herrn und machte das Beste daraus.
Bald war der schöne Reliquienschrein für die Gebeine der Heiligen fertig - ein Sarg aus kostbarer polierter Eiche, mit Silber beschlagen, ein Beweis für die hohen Ehren, die Winifred genießen würde. Sie brachen auf und gelangten in der dritten Maiwoche nach Bangor, erzählten ihre Geschichte dem Bischof David, der sich sehr verständnisvoll zeigte und der vorgeschlagenen Überführung bereitwillig zustimmte, vorausgesetzt, daß auch Prinz Owain damit einverstanden sein würde. Er war der Herrscher von Gwynedd, der die Regierungsgeschäfte von seinem alten kranken Vater, dem König, übernommen hatte. Sie trafen den Prinzen in Aber an. Er war ebenso entgegenkommend wie der Bischof und stellte ihnen sogar seinen englisch sprechenden Schreiber und Kaplan zur Verfügung, der ihnen den schnellsten und bequemsten Weg nach Gwytherin zeigen und die Delegation sowie ihr Anliegen dem Pfarrer von Gwytherin empfehlen sollte. Solcherart mit bischöflichem und
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