Im Namen der Heiligen
königlichem Segen versehen, geleitete Prior Robert seine Untergebenen auf die letzte Etappe der Reise - ein wenig zu sicher in seiner Überzeugung, daß die göttliche Hand seinen Weg ebnen und das Unternehmen zu einem triumphalen Ende bringen würde.
In Llanrwst verließen sie das Convey Valley und den Fluß und ritten in bewaldetes Bergland. Jenseits der Wasserscheide überquerten sie den Elwy an einer Stelle, wo er - schmal und eben erst entsprungen - durch dichten Wald gemächlich nach Südosten floß. Nachdem sie einen weiteren Grat überwunden hatten, erreichten sie ein kleines Flußtal, wo sich sumpfige Wiesen an den Ufern erstreckten. Dahinter zog sich ein schmales Band von Feldern an den Hängen hinauf, von Wäldern geschützt. Die Grate zu beiden Seiten waren von tiefen Schluchten durchbrochen, hohe Bäume verdeckten vereinzelte Bauernhöfe. Und am Waldrand stand eine kleine Steinkirche, leuchtend weiß getüncht, neben einem winzigen Holzhaus.
»Hier seht ihr das Ziel eurer Pilgerfahrt«, sagte Kaplan Urien, ein großer, kräftig gebauter, gutgekleideter Mann mit glattrasiertem Gesicht, der eher wie ein Botschafter aussah als ein Schreiber.
»Ist das Gwytherin?« fragte Prior Robert.
»Dies ist die Kirche von Gwytherin, und daneben steht das Pfarrhaus. Das Pfarrgebiet reicht bis ins Flußtal hinauf, einige Meilen weit, und ist an beiden Ufern des Cledwen etwa eine Meile breit. Hier findet man gute Jagdgründe, aber wenig Ackerland. Jeder Mann wohnt dort, wo er sein Wild am besten überwachen und gleichzeitig seine Felder bestellen kann.«
»Ein herrliches Land«, sagte der Unterprior und meinte es aufrichtig, denn die bewaldeten Hügel entfalteten eine frühlingshafte Schönheit in zahlreichen Grünschattierungen, und die Sumpfwiesen reihten sich wie große Smaragde aneinander, an ein Band aus Silber und Lapislazuli geschmiegt.
»Es ist schön anzusehen, aber schwierig zu bebauen«, erwiderte der praktisch veranlagte Urien. »Seht - das Ochsengespann am anderen Ufer. Es versucht eine neue Ackerfurche zu pflügen. Schaut, wie sich die Tiere ins Zeug legen - dann könnt ihr ermessen, wie der Boden in höheren Regionen beschaffen ist.«
Auf der anderen Seite des Flusses, in einiger Entfernung, zog sich eine mehrfache Schlangenreihe von Ackerfurchen an den Hängen entlang, zwischen den bereits kultivierten Feldern und dem Waldrand, ein dunkelbraunes, gewundenes Band, an dessen oberer Grenze sich ein Ochsengespann gegen das Joch stemmte. Und hinter den Tieren versuchte der Pflüger ihnen zu helfen, so gut er konnte. Vor den Ochsen ging ein Mann rückwärts und winkte mit beiden Armen, um sie zu dirigieren. In einer Hand hielt er eine Weidenrute, die er wie einen Zauberstab schwang, und seine helle, klare Stimme drang bis ans gegenüberliegende Ufer, während er den Tieren gut zuredete. Willig folgten sie seiner Stimme, und das frisch aufgeworfene Erdreich, feucht und graubraun, zeugte von ihrer Mühe.
»Ein unwirtliches Land«, meinte Urien, und dies war eine Feststellung, keine Klage. Dann lenkte er sein Pferd zur Kirche. »Kommt! Ich werde euch mit Vater Huw bekannt machen und sehen, daß ihr freundlich empfangen werdet.«
Sie folgten ihm auf einem grasbewachsenen Pfad, der sich aus den Bergen wand, und die Aussicht auf das Tal wurde bald von blühenden Bäumen verdeckt. Ein oder zwei Holzhäuser tauchten im Wald auf, umgeben von kleinen Gärten, und verschwanden wieder.
»Hast du das gesehen?« flüsterte Bruder John, der hinter den Packeseln herging, in Cadfaels Ohr. »Hast du gesehen, wie diese Ochsen sich angestrengt haben, um diesem Burschen mit der Weidenrute zu folgen und alle seine Wünsche zu erfüllen? Wie mühelos er sie seinem Willen unterwerfen kann! So etwas würde ich auch gern lernen.«
»Für die Menschen ist der Ackerbau genauso schwer wie für die Tiere«, wandte Bruder Cadfael ein.
»Aber daß sie das freiwillig tun! Sie wollen ihm nachgeben, wollen alles tun, was er verlangt. Bruder, könnten Schüler, die ihrem Lehrer treu ergeben sind, dies besser beweisen? Willst du behaupten, daß ihm seine Arbeit keinen Spaß macht?«
»Gott hat seinen Spaß daran, wenn seine Getreuen ihm dienen, und auch der Mensch sollte so etwas nicht empfinden«, entgegnete Bruder Cadfael vorsichtig, »aber es bedeutet wohl eine gewisse Freude... Und jetzt sei still, wir sind gleich da und wollen uns umsehen.«
Sie hatten den Waldrand erreicht. Die Steinkirche mit ihrem winzigen Turm und der noch
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