Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
Siobhan und zwang sich zu einem Lachen. Bain schien vor seinem Computerbildschirm wie erstarrt, eine Hand reglos auf der Maus.
»Stimmt das, Eric?«, rief Rebus zu ihm hinüber.
»John macht nur Spaß«, beruhigte Siobhan Molly. »Kümmern Sie sich einfach nicht um ihn.«
Rebus zwinkerte Molly zu. »Guter Tee«, sagte er. Sie rutschte immer noch hin und her.
»Und wir bedauern wirklich, dass wir euch am Sonntag stören«, fügte Siobhan hinzu. »Wenn es nicht ein Notfall wäre …«
Bains Stuhl knarrte, als er sich erhob. Rebus fiel auf, dass er ganz schön abgenommen hatte, vielleicht sechs oder sieben Kilo. Sein blasses Gesicht wirkte immer noch fleischig, aber sein Bauch war kleiner geworden.
»Immer noch in der Computerforensik?«, fragte Siobhan ihn.
»Richtig.« Er ließ sich einen Becher Tee geben und setzte sich neben Molly. Sie legte schützend einen Arm um ihn, wobei der Stoff ihres T-Shirts sich dehnte und ihre Brüste noch stärker betonte. Rebus konzentrierte sich umso mehr auf Bain. »Ich war mit dem G8-Gipfel beschäftigt«, sagte der gerade, »hab Geheimdienstberichte durchforstet.«
»Was für welche?«, fragte Rebus und stand auf, als müsste er sich die Beine vertreten. Mit Bain auf dem Sofa wurde es doch etwas eng. Langsam schlenderte er auf den Computer zu.
»Geheimsachen«, antwortete Bain.
»Sind Sie jemandem namens Steelforth begegnet?«
»Hätte ich sollen?«
»Er ist SO12 …, scheint dort den Laden zu schmeißen.«
Aber Bain schüttelte nur den Kopf und fragte sie, was sie wollten. Siobhan reichte ihm ein Blatt Papier.
»Das ist eine Homepage«, erklärte sie. »Könnte plötzlich verschwinden. Wir brauchen alles, was du rauskriegen kannst: Abonnentenlisten; jeden, der die Website besucht, vielleicht sogar etwas heruntergeladen hat …«
»Das ist eine ziemlich große Bitte.«
»Das weiß ich, Eric.« Die Art, wie sie seinen Namen aussprach, schien einen Nerv zu treffen. Er stand auf und ging zum Fenster, vielleicht um die Röte, die an seinem Hals emporgekrochen war, vor Molly zu verbergen.
Rebus hatte einen Brief in die Hand genommen, der neben dem Computer lag. Er trug den Namen Axios Systems im Briefkopf und die Unterschrift eines gewissen Tasos Symeonides. »Klingt griechisch«, sagte er. Eric Bain schien erleichtert, das Thema wechseln zu können.
»Hat hier ihren Hauptsitz«, entgegnete er. »Eine Softwarefirma.«
Rebus wedelte mit dem Brief vor seiner Nase herum. »Entschuldigen Sie, dass ich neugierig bin, Eric, …«
»Es ist ein Stellenangebot«, erklärte Molly. »Eric bekommt dauernd welche.« Sie war aufgestanden und zum Fenster gegangen, wo sie einen Arm um Bain legte. »Ich muss ihn ständig davon überzeugen, dass seine Polizeiarbeit unverzichtbar ist.«
Rebus legte den Brief wieder zurück und ging zum Sofa. »Ob ich wohl noch etwas bekommen kann?«, fragte er. Molly schenkte gerne nach. Bain nutzte die Gunst des Augenblicks, starrte Siobhan an und vermittelte ihr innerhalb von Sekunden Dutzende unausgesprochener Worte.
»Köstlich«, sagte Rebus und ließ sich noch einen Tropfen Milch geben. Molly saß wieder neben ihm.
»Wie bald könnte sie abgeschaltet werden?«, fragte Bain.
»Keine Ahnung«, erwiderte Siobhan.
»Heute Abend?«
»Eher morgen.«
Bain schaute sich das Papier genau an. »Gut«, sagte er.
»Ist das nicht schön?« Rebus schien die Frage an alle im Raum zu richten, aber Molly hörte gar nicht zu. Sie hatte beide Hände vors Gesicht geschlagen, ihr Mund stand offen.
»Ich habe die Kekse vergessen!« Sie sprang auf. »Wie konnte mir das nur passieren? Und niemand hat einen Ton …« Sie wandte sich an Bain. »Du hättest etwas sagen können!« Ihre Wangen waren knallrot vor Verlegenheit, als sie aus dem Zimmer lief.
Und Rebus wurde klar, dass die Wohnung nicht einfach ordentlich war.
Sie war auf neurotische Weise ordentlich.
7
Siobhan hatte den Demonstrationszug mit seinen Sprechchören und Transparenten gegen den Krieg beobachtet. Der Weg war von Polizisten gesäumt, die auf Ausschreitungen gefasst waren. Siobhan nahm das süße Aroma von Cannabis wahr, zweifelte jedoch daran, dass irgendjemand deswegen festgenommen würde: So hatten jedenfalls die Sorbus-Instruktionen gelautet.
Wenn sie sich vor euren Augen einen Schuss setzen, nehmt sie mit; ansonsten seht drüber weg …
Wer immer der fragliche Besucher der Sexbestien-Homepage war, er hatte Zugang zu hochwertigem Heroin. Sie dachte wieder an den eher sanft wirkenden
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