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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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dass ich ihn liebe.« Weber kämpfte jetzt mit den Tränen.
    »Und er?«
    »Ich war sein erster Mann. Er hatte, obwohl er zehn Jahre älter war, nicht die geringste Erfahrung. Als Jugendlicher hatte er ein paar Mal mit Mädchen rumgeknutscht, aber nachdem er sich für die Priesterlaufbahn entschieden hatte, war das Thema für ihn erledigt.«
    »Erledigt?«, sagte Schwarz. »Ich würde gern mal wissen, wie das funktioniert. Ich habe als junger Mann den ganzen Tag an Sex gedacht.«
    Weber musste lachen. »Ich auch. Deswegen habe ich das Priesterseminar nach fünf Semestern wieder verlassen.«
    Schwarz schaute betrübt in sein leeres Glas, aber als Weber den Kellner rufen wollte, hielt er ihn zurück.
    »Später. Ich habe den Einbruch bei Ihnen nicht vergessen, aber das interessiert mich jetzt wirklich: Wie kriegen zukünftige Priester ihre Sexualität in den Griff? Werden sie psychologisch geschult? Oder beten sie einfach den ganzen Tag, um auf keine dummen Gedanken zu kommen? Onanie ist doch auch eine Sünde, soviel ich weiß?«
    Weber störte sich offenbar nicht an Schwarz’ Indiskretion.
    »Eigentlich ist fast alles Sexuelle verboten, die Selbstbefriedigung, der vor- und außereheliche Geschlechtsverkehr, jede Form der künstlichen Verhütung, sogar erotische Phantasien. Ein guter Katholik muss sich auf die eheliche Sexualität beschränken, mit dem Ziel menschliches Leben weiterzugeben .«
    »Sauber«, sagte Schwarz, »und wie werden die Priesterkandidaten jetzt auf ein Leben in Keuschheit vorbereitet?«
    Weber zuckte die Achseln. »Solange ich im Seminar war, wurde darüber kein einziges Mal gesprochen. Das Thema war tabu. Dafür wurde gern über die Frauen gelästert. Ein Weihbischof hat uns einmal in den grellsten Farben das Martyrium ausgemalt, das Männer in der Ehe erwartet. Und der Spiritual …«
    Schwarz unterbrach ihn. »Der was?«
    »So heißt der Beichtvater und geistliche Betreuer der Priesteramtskandidaten. Er hat uns einreden wollen, ein Priester sollte am besten mit keinem Menschen eine echte Bindung eingehen. ›Eure Liebe soll keinem Einzelnen gehören, sondern der ganzen Welt – und vor allem dem Heiland‹, das war seine Devise. Dieser Mann ist übrigens später von einem Stricher überfallen worden. Er hatte noch Schulden bei ihm.«
    Schwarz schüttelte ungläubig den Kopf. »Ein Priester in so einer Funktion geht zu Strichern?«
    »Was soll er denn sonst machen? Wer am Zölibat scheitert und seine Homosexualität irgendwie leben will, landet wohl oder übel in der Illegalität.«
    »Aber das sind Ausnahmen?«
    »Von wegen. Zu meiner Zeit im Priesterseminar war mindestens jeder Dritte schwul.«
    Schwarz machte ein skeptisches Gesicht. »Das würde bedeuten, dass der Anteil Homosexueller unter Priestern deutlich höher ist als in der übrigen Gesellschaft.«
    »Das ist doch wirklich nicht neu. Und dafür gibt es gute Gründe. Manche Schwule hoffen, dass der Priesterberuf sie vor den Frauen schützt – ein großer Irrtum. Aber wenigstens bleiben ihnen die unangenehmen Fragen, wieso sie keine Freundin haben und nicht heiraten wollen, erspart. Andere suchen gezielt die Männergesellschaft. Dann gibt es noch die Homosexuellen, die sich selbst hassen und durch den Zölibat von ihrer Sexualität erlöst werden wollen. Als Priester genießen sie auch die Anerkennung, die sie vorher oft vermisst haben. Dazu kommt das großartige Ritual der Messe, bei dem sie sich in wunderschöne Gewänder kleiden dürfen und im Mittelpunkt stehen. Die Orgel spielt, der Chor singt, Weihrauchduft hüllt sie ein.«
    Davon hat er auch mal geträumt, dachte Schwarz, aber dann hat ihn die Wirklichkeit eingeholt und er ist ganz unten in der Hierarchie gelandet, wie er selbst gesagt hat.
    Der Kellner kam charmant lächelnd an den Tisch. »Wie wär’s mit einer zweite Runde, die Herren? Ein Manhattan , ein Dunkles?«
    Schwarz verneinte. Er wollte nicht, dass der Kollege, der ihn schnuckelig fand, noch mal wegen ihm in die Nachbarkneipe musste.
    »Vielleicht auch einen Manhattan ?«, schlug Weber vor. »Oder was Brasilianisches«, sagte der Kellner augenzwinkernd. »Einen Caipirinha vielleicht?«
    »Dann einen Caipirovka«, sagte Schwarz.
    Es war der einzige Cocktail, den er in den letzten Jahren getrunken hatte – bei Rechtsanwalt Loewi, der ihn in der Burger-Sache beauftragt hatte.
    »Was Freches mit Wodka, aha. Ist schon in Arbeit«, sagte der Kellner gut gelaunt und tänzelte davon.
    Schwarz war klar, dass Weber ihn

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