Im Namen des Kreuzes
herum entgegen. »Ich hoffe, das ist nicht Ihr letztes Wort.« Er reichte ihm die Hand und legte ihm die andere vertraulich auf die Schulter. »Versprechen Sie mir, noch mal drüber nachzudenken?«
»Das auf jeden Fall«, sagte Schwarz.
26.
Während er mit dem Lift ins Erdgeschoss fuhr, kontrollierte Schwarz sein Handy. Er hatte eine Nachricht auf der Mailbox. Eva? Nein, es war seine Tochter.
»Papa, ich muss es dir leider sagen: Ich finde dich … einfach widerlich. Ich …« Dann brach die Verbindung ab: Kein Netz .
Es musste am schlechten Empfang gelegen haben, oder er hatte sich verhört. Aus welchem Grund sollte Luisa ihn beleidigen? Er mochte die eine oder andere Schwäche haben, aber deswegen war er noch lange nicht widerlich .
Als Schwarz sich dem Ausgang näherte, hörte er das typische Geräusch eines Türsummers. Er schaute kurz zu der Kamera hoch, die ihn im Blick hatte, und verließ das Gebäude.
Im Schatten des Doms war der Handyempfang nicht besser. Schwarz hatte seinen Wagen aus alter Gewohnheit vor dem Polizeipräsidium geparkt. Er zerknüllte den Strafzettel und rief erneut seine Mailbox an.
»Papa, ich muss es dir leider sagen: Ich finde dich … einfach widerlich. Ich …« Er drückte schnell auf Speichern , weil einige Kollegen von früher vorbeikamen und es sich nicht nehmen ließen, ihn herzlich zu begrüßen. »Servus, Anton, wie schaut’s aus? Bist du wieder an einer großen Sache dran? Zugenommen hast du.«
»Das kann nicht sein. Ich geh doch jetzt ins Fitnessstudio.«
»Ab nächster Woche, oder?« Sie lachten.
»Jetzt habt ihr mich erwischt. Servus, Kollegen.«
»Servus Schwarz.«
Vielleicht, dachte er, hat Luisa es ja ironisch gemeint und gibt mir auf diese etwas eigenwillige Weise ein Zeichen, dass sie mich vermisst.
Ja, das war nicht völlig unwahrscheinlich.
Beim dritten Versuch gelang es ihm endlich, die Mitteilung seiner Tochter ganz zu hören. »Papa, ich muss es dir leider sagen: Ich finde dich … einfach widerlich. Ich habe dich gesehen, beim Alten Wirt . Schämst du dich denn gar nicht?«
Schwarz drückte auf die Löschtaste.
Zwanzig Minuten später stand er vor Luisas Tür.
»Du?«, sagte seine Tochter und musterte ihn distanziert. »Das ging aber schnell.«
Er folgte ihr in das renovierungsbedürftige Häuschen, in dem seit vielen Jahren eine Wohngemeinschaft mit häufig wechselnden Mitgliedern untergekommen war. Luisa hauste im ehemaligen Wohnzimmer.
Aber sie hauste nicht mehr.
Verblüfft stellte Schwarz fest, dass seine Tochter nicht nur aufgeräumt, sondern sich völlig neu eingerichtet hatte. Statt der Möbel vom Sperrmüll besaß sie nun einen weiß lasierten Schrank, sechs blaue Stühle mit geflochtenen Sitzflächen, einen schönen alten Bauerntisch und ein breites Bett im Landhausstil. Die Wände waren gelb getüncht.
Schwarz musste an das Chaos in seiner Wohnung denken und nahm sich fest vor, ganz bald mit dem Aufräumen weiterzumachen.
»Dein Zimmer ist toll geworden. Hast du einen neuen Freund?«
Luisa zeigte stumm auf einen Stuhl.
Er setzte sich mit einem Räuspern. »Danke.«
Sie blieb stehen. Das wird eine Gerichtsverhandlung, dachte er.
»Du erinnerst dich doch bestimmt, wie ich auf deine Trennung von Mama reagiert habe?«
Er nickte. Luisa hatte ihn zu seiner großen Überraschung beglückwünscht. Ihrer Meinung nach hatte er viel zu lange toleriert, dass seine Frau mit einem anderen Mann zusammenlebte, und er nur noch gelegentlich als heimlicher Liebhaber zum Einsatz kam.
»Und ich habe dir sehr gewünscht, dass du noch mal richtig glücklich wirst.« Sie griff nach seiner Hand und sah ihm in die Augen. »Aber doch nicht so, Papa!«
Er schluckte. »Weißt du überhaupt, mit wem du mich da gesehen hast, Luisa?«
»Aber natürlich. Ich kenne Eva doch von deiner Geburtstagsparty und fand sie sehr nett.«
»Na, also. Was ist dann das Problem?«
»Sie hat mir erzählt, wie dankbar sie ist, dass du den Kerl, wegen dem sie im Rollstuhl sitzt, zur Strecke gebracht hast.«
»Tim Burger.«
»Aber Papa, das darfst du doch nicht ausnutzen.«
Ausnutzen . Das Wort traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht.
Schwarz hätte es verstanden, wenn Luisa ein Problem damit gehabt hätte, dass Eva nicht nur sehr jung, sondern jünger war als sie selbst. Er hätte es unter Umständen nachvollziehen können, wenn sie darüber befremdet gewesen wäre, dass er sich ausgerechnet in eine Frau im Rollstuhl verliebt hatte.
Aber diese Unterstellung warf
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