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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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Seiten hatte.«
    »Ja«, sagte Weber und seine Stimme kam tief aus der Kehle. »Das könnte die Erklärung sein. Mein Gott.« Er verbarg sein Gesicht in den Händen. »Wir haben nichts geahnt, ich schwöre es Ihnen. Sonst hätten wir uns doch um Matthias gekümmert. – Und jetzt sind beide tot.«
    Als der Pastoralreferent zu schluchzen begann, spürte Schwarz den starken Impuls, ihn in den Arm zu nehmen, aber er schaffte es einfach nicht.
    Das muss ich auch nicht, dachte er grimmig. Es ist nicht mein Job, mich um das Seelenleben der Zeugen zu kümmern, ich soll die Wahrheit rausfinden.
    Schwarz wartete darauf, dass Weber sich beruhigte. Er hatte keinen Zweifel an dessen Schilderung. Das bedeutete, er konnte Frau Sass sagen, dass Pfarrer Heimeran ihrem Sohn nichts getan hatte. Womöglich würde sie ihm nicht glauben, aber dann würde er den Pastoralreferenten bitten, mit ihr zu reden. Der würde sich hoffentlich nicht weigern. Nach allem, was passiert war, konnte er es nicht zulassen, dass auch nur der Schatten eines Verdachts auf seinen toten Freund fiel.
    Endlich nahm Weber die Hände vom Gesicht und richtete sich auf. Er schaute verlegen zu Schwarz. »Entschuldigung.«
    »Schon in Ordnung.«
    »Ist die Sache für Sie damit erledigt?«
    Schwarz nickte. »Ja, ich denke, ich habe meinen Auftrag erfüllt.«
    Da sah er seine Angst. Eine tiefe, haltlose Angst.
    Weber hatte ihn wegen des Einbruchs in seine Wohnung sprechen wollen. Und er hatte den Verdacht geäußert, dass derselbe Täter dahintersteckte, der seinen Freund umgebracht hatte.
    Und plötzlich wusste Schwarz, dass es da noch eine Geschichte gab – eine viel größere womöglich.
    »Warum musste Pfarrer Heimeran sterben?«
    Weber zuckte zusammen.
    »Sie wissen es.«
    Er schüttelte verzweifelt den Kopf. »Nein, es ist nur eine Vermutung.«
    »Sagen Sie es mir, bitte!«

29.
     
    Rainer Weber hatte sich während der letzten Jahre, wenn er spät nach Hause kam, immer einige Straßen vom Pfarrhof entfernt an einem nachts verwaisten Einkaufszentrum absetzen lassen. Er war mehr als einen Kilometer gelaufen, um zu vermeiden, dass in der Gemeinde Gerüchte entstanden.
    Jetzt sah er keinen Grund mehr für dieses Versteckspiel. Er bat Schwarz, ihn direkt zum Pfarrzentrum zu bringen.
    Hinter einem Fenster im ersten Stock brannte noch Licht.
    »Dekan Wels kämpft mal wieder mit seinen Gespenstern«, sagte Weber, »er hat schwere Schlafstörungen.«
    Schwarz ließ den Motor laufen. »Dann gute Nacht.«
    »Ja, Ihnen auch, und danke.«
    » Ich muss mich bedanken. Ich verspreche Ihnen, ich werde alles tun, um den Mord an … Ihrem Geliebten aufzuklären.«
    Weber presste die Lippen zusammen, wieder traten ihm die Tränen in die Augen. Und da umarmte er Schwarz. Der zuckte zusammen, klopfte ihm kurz kumpelhaft auf die Schultern und löste sich gleich wieder von ihm.
    Im Pfarrhof ging das Licht aus.
    Anton Schwarz kam todmüde in seiner Wohnung an. Trotzdem machte er keinen Versuch, sich zum Schlafen ins Bett zu legen. Nach diesem Abend würde er sich sowieso nur schwitzend hin- und herwälzen. Er machte es sich lieber in seinem Deckchair bequem und lauschte auf die vertrauten Geräusche, die von der Landsberger Straße in seine Wohnung wehten.
    Er durfte nur nicht wieder einschlafen. Noch eine Nacht im Stuhl würde sein Rücken ihm nicht verzeihen.
    Sollte er mit dem Aufräumen weitermachen? Nein, dazu fehlte ihm die Kraft.
    Schwarz wusste, dass in einem der Kartons, ganz unten, ein Bündel Briefe lag. Er hatte sie zwischen seinem fünfzehnten und sechzehnten Lebensjahr bekommen – von einem Mann, seinem Deutschlehrer. Danach hatte er sie nie mehr gelesen, aber bei jedem Umzug mitgenommen. Jetzt hatte er beschlossen, sie, ohne noch einmal einen Blick hineinzuwerfen, für immer aus seinem Leben zu verbannen.
    Doch während des Gesprächs mit Rainer Weber hatte er begriffen, dass das ein Fehler wäre. Er musste die Briefe noch einmal lesen, bevor sie endgültig in der Müllverbrennung landeten.
    Aber nicht jetzt, dachte Schwarz. Jetzt geht es nicht um mich. Jetzt geht es um Weber und Heimeran.
    Es war eine mondhelle Nacht, er hätte die Stirnfalten der King-Kong-Skulptur auf der anderen Seite der Kreuzung zählen können. Aber er schloss lieber die Augen und rief sich alles, was Weber ihm anvertraut hatte, noch einmal ins Gedächtnis.
    »Ich glaube, der Schlüssel zu Wolfgangs Tod liegt in Steinsberg.«
    »Im Kloster?«
    »Ja. Als wir dort vor zwei Jahren mit den

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