Im Namen des Kreuzes
ein Schwulenlokal oder fiel er durch seine verbeulten Jeans und das quergestreifte Polohemd unangenehm auf?
Rainer Weber, der Pastoralreferent, blickte ihm mit ernster Miene entgegen. »Hallo, Herr Schwarz.«
»Origineller Treffpunkt.«
»Nicht so originell, wie Sie denken. Bitte.« Er zeigte auf den beigen Ledersessel ihm gegenüber.
Schwarz nahm Platz.
»Hier ist die Gefahr, dass uns ein Mitglied meiner Pfarrgemeinde sieht, nicht ganz so groß.«
»Davon bin ich überzeugt.« Schwarz dachte an den überwiegend weiblichen Chor, mit dem Weber das Lied vom Löwen im Dschungel geprobt hatte.
Ein anderer Kellner trat an den Tisch, um die Bestellung aufzunehmen. Er war nicht ganz so muskulös wie der erste, aber attraktiv genug, um jederzeit in einer Werbung für Rasierwasser aufzutreten.
»Ein Dunkles, bitte«, sagte Schwarz und entlockte dem Kellner ein Schmunzeln.
Weber bestellte einen Manhattan . »Danke, dass Sie gekommen sind, Herr Schwarz.«
»Ich hatte den Eindruck, es ist wichtig.«
Der Pastoralreferent war blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen. »Erst dachte ich, ich informiere die Polizei, aber das hätte nur ein Riesentheater gegeben und rausgekommen wäre wahrscheinlich nichts. Dann habe ich mich im Internet über Sie schlaugemacht und nur lobende Artikel gefunden. Vor allem wegen dieser Neo-Nazi-Geschichte.«
Schwarz winkte ab. »Da hat einer vom anderen abgeschrieben.«
»Ich war übrigens auch bei der Demo.«
»Also, was wollen Sie von mir?«
Weber zögerte. Er stand unter großem Druck, das war unübersehbar. Schwarz nickte ihm aufmunternd zu.
»Bei mir ist eingebrochen worden. Ich habe es nicht gleich bemerkt, weil der Täter kaum Spuren hinterlassen hat.«
Schwarz suchte unauffällig nach einer einigermaßen erträglichen Sitzposition. Lehnte er sich zurück, versank er im Sessel, beugte er sich vor, schmerzte nach der Nacht im Deckchair sein Rücken. Schließlich rutschte er mit dem Hintern bis zur Kante nach vorne.
»Ich bin kein Spezialist für Eigentumsdelikte, Herr Weber.«
»Darum geht es auch nicht. Der Selbstmord von Pfarrer Heimeran war keiner, verstehen Sie«, brach es aus ihm heraus. »Er hätte sich nie was angetan. Er hatte nicht den geringsten Grund dazu.«
»Gut, nehmen wir an, es war Mord«, sagte Schwarz. »Was hat das mit dem Einbruch bei Ihnen zu tun?«
Weber sah Schwarz jetzt direkt in die Augen. »Ich bin mir sicher, dass es derselbe Täter war.«
Der Kellner brachte die Getränke, Schwarz’ Dunkles in einem schlanken Pilsglas.
»Was haben Sie denn mit dem Rest gemacht?«
»Weggeschüttet. Wir haben hier keine Halblitergläser. Eigentlich schenken wir überhaupt kein Bier aus, aber mein Kollege fand Sie so schnuckelig, dass er eins aus der Kneipe nebenan geholt hat.«
»Schnuckelig?«, sagte Schwarz und ärgerte sich darüber, dass er errötete. Er konzentrierte sich wieder auf Weber. »Derselbe Täter also. Wieso glauben Sie das?«
Er schwieg.
»Verraten Sie mir, was gestohlen worden ist?«
»Meine Notizen. Ich habe an einem Buch gearbeitet – über die Rettung der Kirche durch die Laien.«
»Muss die Kirche denn gerettet werden?«
»Fragen Sie lieber, ob sie noch zu retten ist.« Er nahm einen hastigen Schluck von seinem Drink. »Aber ich wollte mit Ihnen nicht über Kirchenfragen sprechen.«
»Keine Angst, ich auch nicht. Was könnte den Einbrecher denn an Ihren Notizen interessiert haben?«
»Er hat was anderes gesucht.«
»Was denn?« In dem Moment fiel bei Schwarz der Groschen. »Informationen über – Pfarrer Heimeran? Hat er sie gefunden?«
Weber rang sich ein Lächeln ab. »Nein, weil Wolfgang und ich immer sehr vorsichtig waren.«
Schwarz rutschte wieder ein Stück im Sessel zurück und stützte sich mit einem Arm auf der Lehne ab.
Was bin ich denn so angespannt?, dachte er. Ich habe zwar keinerlei Erfahrung mit Schwulenbars und den Komplimenten junger Bodybuilder, aber so bedrohlich ist die Situation für mich als leicht übergewichtiger, nicht mehr ganz junger Heterosexueller nun auch nicht. Und dass es auch in der Kirche den einen oder anderen schwulen Mitarbeiter gibt, hätte ich fast vermutet.
»Pfarrer Heimeran und Sie waren also ein Paar?«
»Seit drei Jahren.«
»Darf ich fragen, wie Sie sich kennengelernt haben?«
»Dekan Wels hat uns einander vorgestellt, weil ich ja auch Aufgaben in St. Meinrad übernehmen sollte. – Ich habe Wolfgang gesehen und alles war klar.«
»Dass er auch schwul war?«
»Nein,
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