Im Namen Des Schweins
Stunde. Um sich die Zeit zu vertreiben, trinken sie Bier aus der Dose, rauchen Zigaretten mit Kokain und geben abrupt Gas, damit P hinten über die Ladefläche purzelt. Jede Pirouette wird von den beiden vorne in ihrer Kabine mit großem Gelächter gefeiert. Eigentlich redet nur Sankt Martin. Robocop macht nur den Mund auf, wenn er etwas braucht.
Gegen zweiundzwanzig Uhr kommen sie ans Ziel. Es liegt direkt an der Straße, ist kaum zu übersehen, aber schwer zu erreichen. Das Gebäude sieht aus wie ein großes, zweistöckiges Chalet, hat ein Flachdach, über das von einer Seite zur nächsten mehrere violette und rote Bänder aus Neonröhren laufen, die in der rechten Ecke geschwungen sind, um den Namen »Kingdom« zu ergeben, über dem wiederum eine gelbe königliche Krone angebracht ist. Es gibt einen kleinen Parkplatz vor dem Gebäude, auf dem drei Autos stehen und ein Lastwagen mit drei Achsen. Dort stellen sie den kleinen Lieferwagen ab.
Die Luft riecht heftig nach Dung, sobald sie aussteigen und zur tristen, schwarz gestrichenen Eingangstür des Chalets hinüberlaufen. Rechts ist eine Klingel angebracht. Sankt Martin drückt darauf. Es dauert nicht lang, da öffnet ein großer Mann um die fünfzig die Holztür. Ein Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, eine hässliche, braune Krawatte, die locker um den Kragen des aufgeknöpften Hemds hängt. Der Gesichtsausdruck ist mehr als ernst. Drohend. Aber nachdem er einen Blick auf die Herrschaften geworfen hat, tritt er einen Schritt zurück und sagt: »Hereinspaziert, meine Herren!« Vielleicht zu ungezwungen, um seriös zu wirken.
Sie kommen in ein schwach beleuchtetes Vestibül, von dem aus eine Wendeltreppe nach oben führt. Rechts ist eine breite Schwelle, die zur Bar hinüberführt.
Sankt Martin geht voran. Die Bar ist so schummrig wie das Vestibül, mit Ausnahme des gebündelten Scheinwerferlichts im Spotlight, das auf die Bar, ein paar niedrige Tische und eine kleine Tanzfläche gerichtet ist. Südamerikanische Musik. Zehn oder zwölf Mädchen vielleicht, zwei Männer an der Theke, die meisten Mädels werfen Münzen in die Spielautomaten oder räkeln sich auf dem Sofa, blättern unter den Spotlights in Illustrierten. Durch die Ankunft der drei neuen Kunden alarmiert, schauen alle aufmerksam auf die Neuankömmlinge und lächeln wie auf Bestellung. Sie lassen sie erst einmal an der Theke Platz nehmen und Getränke bestellen: Sankt Martin und P nehmen einen Whisky und Robocop ein Bier.
»Scheiße, die Katty ist gar nicht da«, sagt Sankt Martin mehr zu sich selbst.
»Vergiss die Katty. Fang gar nicht erst an, die Mädels zu mögen«, empfiehlt Robocop. Es kommt selten genug vor, dass er etwas entsprechend Wortreiches sagt.
P wirft einen eingehenden Blick auf die Mädels. Sie ähneln einander wirklich sehr: nicht nur dass sie ähnliche Miniröckchen und Pullover tragen, die einige Größen kleiner sind als die von jeder Frau auf der Straße; alle haben sie eine dunkle Haut, ohne schwarz zu sein, alle sind eher füllig und fast alle haben lange, gebügelte Haare, die sie in irgendeiner Weise auffällig gefärbt haben. Wobei eine gewisse Vorliebe für rot zu bestehen scheint. Die vollschlanke Venus. So manche hat echte Speckröllchen und einen schwabbeligen Bauch, der dann zwischen Top und Minirock hervorschaut. Eine hat so dicke Oberschenkel, dass sie x-beinig laufen muss. Die Venus von Willendorf, die sie auf meterhohe Stöckelschuhe verfrachtet haben. Die einzige Ausnahme bildet ein braunhaariges, fast schon rotblondes Mädchen, das Münzen in einen Spielautomaten steckt.
P kann ihr Gesicht nur einmal ganz flüchtig sehen, aber ihm fällt auf, dass sie sehr jung zu sein scheint. Ihre Haare sind geschmeidig, trotzdem aber dicht, was man an der Locke sieht, die sie wie eine Heldin von Hitchcock hochgesteckt hat.
Sobald die Neuankömmlinge ihre Getränke probiert haben, kommen die ersten Mädchen näher: »Hallo, Du Süßer, wie geht’s?«, sagt eine mit zwei Glasperlenzöpfchen, die ihr vor dem Gesicht herumbaumeln. Da es so aussieht, als hätte sie vor allem Sankt Martin gemeint, sagt dieser »Hallo, meine Hübsche« und tätschelt ihren Po zur Begrüßung. Sie entfernt feinfühlig seinen Arm und fragt, ob er sie auf ein Gläschen einlade. Sankt Martin stottert herum, um schließlich zu sagen, dass er eigentlich wegen Katty hier ist.
»Die ist beschäftigt, mein Liebling«, sagt das Mädchen, »aber wenn Du willst, kann ich dir eine Freundin von mir
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