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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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Speerwerfer drei Schritte auf den Abgrund zu und schleudert den Arm wie eine Peitsche nach vorn, öffnet im richtigen Augenblick die Faust und etwas Funkelndes saust zuerst in die Höhe, dann verliert es sich vor dem Blau des Himmels, um schließlich noch einmal kurz aufzufunkeln, bevor es ins Nichts hinabstürzt, unsichtbar, verloren, unwiederbringlich.
    P winkt zum Abschied. Dann schlägt er den Weg hinab zum Dorf ein.
    ***
    Später Nachmittag im Pub. Keine Gäste. P kommt herein.
    »Junge, Du bist ein Held«, sagt Madame Bovary.
    »Warum?«
    »Du hast den ersten Monat überstanden, oder nicht?«
    »Ehrlich gesagt, war das nicht so schwer.«
    »Und außerdem kommst Du gut an. Das hast Du auch Beethoven zu verdanken. Der ist ganz verrückt nach Dir. Ihm trauen sie das Gespür zu, zwischen den Zugereisten zu unterscheiden. Er nennt Dich Peter den Großen. Du darfst seine Spitznamen aber nicht allzu ernst nehmen. Mich nennt er Madame Bovary … Die meisten scheinen allerdings bei Dir den Spitznamen zu bevorzugen, den Dir die Heidi gegeben hat: Bond, James Bond. Sie ist davon überzeugt, dass Du ein Geheimagent bist oder so … Meine Frage: Suchst Du immer noch Arbeit?«
    »Na, klar.«
    »Kennst Du Sicomoro? Der mit mir am Wochenende die Nachtschicht macht …«
    »Ja.«
    »Der fängt jetzt als Packer im Schlachthof an. Deshalb kann er ab nächster Woche nicht mehr herkommen.«
    »Aha, interessant …«
    »Da habe ich dem Eigentümer erzählt, dass der Neue hier im Dorf Arbeit sucht … Aber das wusste er sowieso schon …«
    »Der Eigentümer …?«
    »Dem gehört hier alles: der Schlachthof, das Hostal, das Pub und überhaupt das meiste hier in der Gegend …«
    »Der mit dem schwarzen Porsche?«
    Madame Bovary nickt.
    »Und was hat er gesagt?«
    »Ich soll Dich fragen, ob Du schon mal in einer Bar gearbeitet hast? Reicht völlig, wenn Du jetzt Ja sagst und nächsten Freitagnachmittag um fünf hier aufkreuzt.
    Oder warte mal. Besser Du kommst Donnerstag, dann kann ich Dir zeigen, wie der Schuppen hier läuft. Wie Du Dir denken kannst, gibt es nicht allzu viele Bewerber für Deinen Posten.«
    »Wie viele Stunden in der Woche? Und was zahlt er?«
    »Freitag, Samstag und in den Nächten vor Feiertagen jeweils ab fünf und bis wir schließen: meist so gegen drei oder vier. Solange sich der letzte Besoffene halt noch auf den Beinen hält. Acht Euro die Stunde, schwarz natürlich. Irgendwann hängen Dir die Typen hier sicher zum Hals heraus, aber an den zwei Tagen kommen locker um die hundertfünfzig, hundertsechzig bei herum. Und mit Feiertagen noch mehr. Allerdings muss man in den Nachtschichten auch ein bisschen danach gucken, dass die hier nicht alles kurz und klein schlagen. Könnte also schon mal passieren, dass Du hier den Türsteher spielen musst … Deshalb ist der Eigentümer auch scharf darauf, dass am Wochenende ein Typ mit hier ist. Und dass Du Kainsmal vor kurzem so in die Schranken verwiesen hast, war da sicherlich hilfreich. Der hat Dich allerdings seitdem gefressen: Entweder verflucht er Dich überall und permanent als schwule Sau oder er scheißt auf all Deine Vorfahren.«
    »Das wird sich schon wieder geben … hundertfünfzig für zwei Nächte ist ja nicht so schlecht. Das zahle ich im Hostal die Woche.«
    »Wohnst Du immer noch im Hostal? Das sind ja Gauner. Vom Franzosen haben sie vor einem Jahr noch fünfundsiebzig verlangt.«
    »Sonst gibt’s ja hier nichts …«
    »Wenn Du hier erst einmal Arbeit hast, wird sich schon irgendjemand trauen, Dir was zu vermieten. Hier steht jede Menge leer, und das tut den Wohnungen ja nicht gut. So eine Wohnung dürfte nicht mehr als zweihundert Euro im Monat kosten. Frag doch mal in der Genossenschaft oder die Susi …«
    »Echt? Nur zweihundert im Monat?«
    »Ich zahle hundertfünfzig … Was dachtest Du denn, warum das hier ein Paradies für arme Schweine ist? Mit dem Lohn von drei, vier Tagen kannst Du die Miete zahlen und der Rest bleibt übrig für Drogen und Alkohol. Marihuana gehört sowieso quasi allen, da musst Du nur mal hinten in den Garten gehen. Für zweihundert findest Du allerdings nichts Besonderes. Das ist schon klar. Ohne Heizung, ohne Möbel und möglicherweise musst Du unter einem Schirm schlafen, wenn’s regnet. Aber das ist doch immer noch besser, als für hundertfünfzig die Woche bei den Taubstummen im Hostal, oder?«
    »Sag mal, stimmt das eigentlich, dass nur Taube im Hostal arbeiten? Man hat das Gefühl, in einer Kirche zu wohnen. Wenn

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