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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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Gesicht sieht vergnügt aus, als sie den Kopf umdreht, um ihm die Lippen hinzuhalten. Sie geben sich einen kurzen Kuss, der wegen des Größenunterschieds beim Kommissar nur auf dem Mundwinkel und dort auch nur auf dem Schnurrbart landet.
    »Bleibe lieber ein bisschen weg, sonst nimmt Dein Anzug noch den Geruch von der Tortilla an.«
    »Na und? Das riecht doch gut …«
    »Hör auf mit dem Unsinn, und zieh Dich bitte um. Was hast Du denn dabei? Ich habe doch eine Tüte rascheln hören?«
    »Zeige ich Dir gleich. Ich ziehe mir nur schnell die Schuhe aus.«
    Der Kommissar öffnet die Tür neben der Küche, zieht sich mit einem Seufzer der Erleichterung die Schuhe aus und dann die Hausschuhe an.
    »Tun die Schuhe immer noch weh?«
    »Ist schon viel besser geworden. Nur hatte ich sie heute zehn Stunden am Stück an.«
    »Hast Du Dich denn nach dem Essen nicht kurz hingelegt? Jetzt wo Du das Sofa hast …«
    »Nein, ich bin schnell rüber zu den Kriminalwissenschaftlern gegangen und habe dann noch was eingekauft …«
    »Soll ich sie mal zum Schuhspanner bringen? Ich hatte die feuchte Zeitung jetzt schon drei Tage drin, aber wenn das Leder so hart ist …«
    »Ach, egal, morgen nehme ich zur Abwechslung mal wieder die alten. Ich ziehe mich nur schnell um und schau nach dem Kater.«
    Der Kommissar geht in das Schlafzimmer und begrüßt den Plüschkater Garfield, der es sich zwischen den Kissen im Ehebett gemütlich gemacht hat. Er steckte in einem Weihnachtskorb, den er vor drei oder vier Jahren bei einer Verlosung in der Cafeteria des Morddezernats gewonnen hat. Der Kommissar hätte nie vermutet, als er ihn damals mit nach Hause genommen hat, dass er sich eines Tages zum König seines Schlafgemachs mausern würde. »Hallo, Garfield«, ruft er mit lauter Stimme, so dass es in der Küche noch zu hören ist. Dann zieht er die Brille ab, um sich vor dem Spiegel am Toilettentisch die Nasenwurzel abzutupfen. Er schaut sich aufmerksam in die Augen. Normalerweise vermeidet der Kommissar das strikt, so wie man ein hässliches Ekzem meidet. Es geht sogar so weit, dass er den Augenausdruck gern vor seiner Frau verstecken würde, der einzigen Person außer seinem Optiker, die ihm je in seine blanken Augen gesehen hat. Aber selbst mit Brille schaut er niemandem lang in die Augen, es sei denn, er lacht dabei, dann wölbt sich nämlich sein Schnurrbart auf sympathische Weise und gleicht vieles aus. Typ Kater Garfield. Oder bei einem Verhör. Für solche Situationen waren seine Augen immer sehr hilfreich.
    Als er aus dem Schlafzimmer hinausgeht, steckt er in einer alten Hose mit Hosenträgern und einem karierten Hemd. Im Flur holt er die große Tüte, die er mitgebracht hat, und geht wieder in die Küche:
    »Schau mal, willst Du sehen, was ich gekauft habe?«
    »Was denn …«
    »Etwas zum Hören …«
    »Hui, das ist aber groß …«
    »Das ist ein Apparat, auf dem man CDs abspielen kann.«
    »Aha …«
    »Die Kassettenrekorder sind überholt. Jetzt kommt alles nur noch auf CD raus …«
    »Aber seit wann hörst Du gerne Schallplatten?«
    »Früher haben wir oft zusammen Platten gehört …«
    »Und welche Platten möchtest Du mit mir hören, wo wir keine einzige für diesen Apparat besitzen …«
    Der Kommissar zupft an seinen Hosenbeinen, bis die Strümpfe zu sehen sind, dann hopst er tanzend und stampfend in den Hausschuhen umher: »Megustan los discosy megustas tú / megusta la tortilla y megustas tú.«
    Seine Frau stemmt die Hände in die Hüften. In der einen Hand hält sie einen Schaumlöffel: »Ach du meine Güte: Sag mal, Dir haben sie doch heute nicht etwa eine von diesen Kügelchen ins Wasser gemogelt, die ihr immer den Jugendlichen abnehmt?«
    Der Kommissar tanzt auf sie zu, packt sie an den Hüften und legt ihr eine Hand auf die Pobacke. Sie versucht, nicht zu lachen und sich zu befreien, fleht ihn an, sie loszulassen. Er verlangt als Gegenleistung einen Kuss. Sie willigt ein, aber im Scharmützel landet der Kuss wieder auf dem Schnurrbart, so dass der Kommissar noch einen möchte. In diesem Augenblick klingelt das Telefon: »Komm, hör mit dem Unsinn auf und geh ans Telefon. Ich muss mich um die Tortilla kümmern.«
    Der Kommissar geht in das Wohnzimmer, nicht ohne ihr vorher noch einen leichten Klaps auf den Po zu geben. In der Küche hört man ihn telefonieren: »Menschenskinder, der Weltreisende …«. Der Rest der Unterhaltung ist fast nicht zu verstehen. Sie dauert nicht lang. Zwei oder drei Minuten, »Gut, hör mal,

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