Im Namen Ihrer Majestät
an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, als er nach Drottningholm fuhr. Wie immer verwandte er einen großen Teil seiner Aufmerksamkeit auf den Rückspiegel, um zu sehen, ob jemand hinter ihm im selben Tempo folgte. Ein hellblauer Ford schien es zu tun.
Er nahm sich vor, etwas dagegen zu unternehmen, widmete sich zunächst aber einigen Versuchen, gute Musik im Radio zu erwischen, was gar nicht leicht war. Wie sehr er zwischen einzelnen Sendern auch hin und her sprang, erwischte er nur Teenager-Musik oder telefonisches Geplapper mit der Allgemeinheit. Diese konnte ein T-Shirt gewinnen, wenn sie den Namen der Hauptstadt Spaniens wußte. Die Zustände wurden denen in den USA immer ähnlicher. Man mußte lange suchen, um den einzigen Sender mit guter Musik zu bekommen. Schließlich fand er ihn, atmete auf und drehte die Lautstärke auf. Dann spürte er, daß etwas nicht stimmte. Es waren Bachs Goldberg-Variationen, ohne jeden Zweifel von Glenn Gould gespielt. Was stimmte daran nicht?
Dann fiel es ihm ein. Er hatte vor Jahren Eva-Britt kennengelernt, als sie und eine Kollegin ihn wegen zu schnellen Fahrens erwischt hatten. Er war auf dem Weg von der Marinebasis Berga in die Stadt gewesen und hatte genau diese Musik gehört. Und jetzt erschien ihm mit dieser Musik ihr Gesicht überdeutlich und lebendig.
Er riß desperat die erste beste Musikkassette an sich und steckte sie in den Kassettenrecorder. Wie sich herausstellte, war es Dvoráks Symphonie »Aus der Neuen Welt«. Dann wählte er die Nummer der Polizei und bat, mit der Einheit für Personenschutz verbunden zu werden. Eine reservierte Telefonistin teilte ihm mit, eine solche Einheit gebe es nicht, doch sie könne ihn mit der Säpo verbinden. Als er seinen Namen nannte, wurde er jedoch sofort mit der gewünschten Stelle verbunden.
»Hej«, sagte er. »Hier Hamilton. Ich bin zu den Mälar-Inseln unterwegs und passiere bald Drottningholm.«
»Hallo!« sagte die Stimme am anderen Ende. »Wie ist die Lage?«
»Die Lage ist folgende«, sagte Carl tonlos. »Ich habe Gesellschaft von einem Ford, hellblau metallic, ein mir unbekanntes Modell. Kennzeichen NPU 889. Ist das einer von euren Wagen, oder habe ich ein Problem?«
»Ja, es ist einer unserer Wagen. Auftragsgemäß«, sagte die Stimme schnell.
»Gut«, sagte Carl. »Kannst du mir die Nummer der Jungs im Wagen geben?«
Er erhielt die Nummer, rief seine Bewacher an und gab ihnen seine Telefonnummer. Dann bat er sie, künftig immer per Telefon zu melden, ob sie hinter ihm lägen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen und peinlichen Verwicklungen.
Sie entschuldigten sich und sagten, sie seien davon ausgegangen, daß ihm die neue Routine bekannt sei. Er wischte ihre Entschuldigungen mit der Erklärung beiseite, hier gehe es nur darum, praktisch zu sein. Es wäre höchst unglücklich, wenn er aufgrund mangelnder Information den hochgeehrten Sicherheitsdienst des Reiches mit der italienischen Mafia verwechsle, denn auf die sei er nicht gut zu sprechen.
Er machte dem Gespräch schnell ein Ende, damit ihm weitere Erklärungen erspart blieben. Es war nicht die Schuld der zwei, die gerade hinter ihm herfuhren und nur ihren Job zu machen versuchten. Es war die Schuld ihrer Führung, in der irgendein heller Kopf offenbar auf die Idee gekommen war, eine »unauffällige« Überwachung anzuordnen, um das Schutzobjekt nicht in Verlegenheit zu bringen. Wie sonst sollte eine Maßnahme motiviert sein, die theoretisch mit dem Tod von Polizeibeamten enden konnte.
Dennoch gewann er allmählich sein inneres Gleichgewicht zurück. Es kam ihm vor, als dächte er nicht mehr so nebelhaft wie noch vor einer Woche. Er konnte sich allmählich sogar praktischen Überlegungen widmen und sich darauf konzentrieren, ohne daß seine Gedanken ständig von den Bildern jener Menschen zerrissen wurden, die jetzt tot waren.
Der italienische Staat hatte sich unter Hinweis auf die Dienste Admiral Hamiltons erboten, zwei gepanzerte Spezialwagen der Marke Alfa Romeo zur Verfügung zu stellen. Der Vorteil dieses Angebots lag darin, daß die Wagen schnell geliefert werden konnten. In Italien gab es eine umfangreiche Produktion von Automobilen für potentielle Mordopfer; sowohl Mafia-Führer als auch Mafia-Staatsanwälte fuhren in diesen gepanzerten Alfa Romeos herum.
Der Nachteil der Alfa Romeos bestand natürlich darin, daß der Feind über die besonderen Qualitäten dieser Wagen besonders gut informiert war. Samuel Ulfsson hatte sich beim französischen
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