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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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durften.
    Dieses vermeintliche Sicherheitsrisiko aufgrund sexueller Neigungen sollte also den Job gehabt haben, die größten Geheimnisse der NATO täglich zu kopieren.
    Sein heimliches Laster, sexueller Genuß mit einer Plastiktüte auf dem Kopf, war, was kaum überraschen kann, für seine Eltern eine totale Neuigkeit; er hatte zu Hause gewohnt, und es waren die Eltern, die ihn tot in seinem Zimmer vorfanden.
    Die Schlagzeilen der britischen Presse wurden jetzt schwärzer und dicker. Alle früheren Fälle des Zeitraums 1983 bis 1989 wurden wieder aufgegriffen, und überdies wurden Entdeckungen gemacht, was bestimmte neuere Selbstmorde betraf.
    Der Fall der Samantha Arnold, des Mädchens, das sich die Hände selbst auf dem Rücken gefesselt haben sollte, um anschließend auf sieben Zentimeter hohen Absätzen ins Wasser zu hüpfen und in fünfzig Zentimetern Tiefe zu ertrinken, gewann neue Aktualität. Einige Wochen zuvor hatte man nicht gefragt, wo sie angestellt gewesen war. Man hatte sie lediglich als sechsundzwanzigjährige Sekretärin bezeichnet.
    Doch jetzt stellte sich heraus, daß das Unternehmen, in dem sie gearbeitet hatte, Micro Scope war, ein EDV-Unternehmen, das sich darauf spezialisiert hatte, verschiedene EDV-Systeme »miteinander kommunizieren zu lassen«, ob sie sich nun im selben Gebäude oder in verschiedenen Ländern befanden. Bei Micro Scope leugnete man zunächst, überhaupt irgendwelche Aufträge zu haben, die etwas mit der britischen Rüstungsindustrie zu tun hätten. Man versuchte auch, die Tatsache zu bagatellisieren, daß das Unternehmen als Mitglied jener Industriegruppe lizensiert war, die für die Streitkräfte arbeitete, die Defence Manufacturers’ Association. Als die Reporter aufdringlicher wurden, verwies man auf Schweigepflicht und Staatsgeheimnis.
    Ungefähr zu der Zeit, als die Dementis von Micro Scope schon brüchig zu werden begannen und die Verbindung zu den Streitkräften offenkundig wurde, kam es zu einem weiteren mysteriösen Selbstmord.
    John Whiteman, ein einunddreißigjähriger EDV-Ingenieur bei British Aerospace, ertränkte sich aufgrund von Streß bei der Arbeit in der Badewanne, wie es in der offiziellen Verlautbarung hieß.
    Seine Frau Dorothea fand ihn, und das, was sie zunächst sah, deutete unleugbar auf Selbstmord hin. Er lag tot in der Badewanne des Hauses. Neben der Wanne stand eine leere Dose, die einmal Schlaftabletten enthalten hatte. Neben der Dose wiederum standen zwei Flaschen Whisky. Die eine war leer, und die andere enthielt nur noch eine Pfütze.
    Das Bild schien damit klar zu sein. Der Mann hatte sich mit Schlaftabletten vollgestopft und zwei Flaschen Whisky geleert. Dann war er eingeschlafen und unter Wasser gesunken. Wegen der Gifte hatte das natürliche Alarmsystem des Körpers nicht reagiert. Einfach und klar.
    Die gerichtsmedizinische Untersuchung jedoch, die der öffentlichen Anhörung des Gerichtsarztes vorausging, brachte einen sehr eigentümlichen Umstand ans Licht. Es fanden sich nämlich nur äußerst geringe Mengen Alkohol im Blut des Verstorbenen und überhaupt keine Spuren eines Schlafmittels.
    Frau Dorothea Whiteman erkundigte sich ausführlich bei einem Pathologen, ob es überhaupt möglich sei, sich ohne Alkohol und Schlafmittel in einer Badewanne zu ertränken. In dem Gutachten hieß es, daß dies kaum möglich sei. Sobald jemand Wasser einatme, würden die Reflexe des Körpers sich derart kraftvoll melden, daß der Betreffende hustend und schniefend an die Oberfläche komme. Es gebe keine Möglichkeit, solche Reflexe allein mit Willenskraft niederzukämpfen.
    Auch das, was dem angeblichen Selbstmord vorausgegangen war, schien eigenartig zu sein, zumindest als Vorbereitung eines Selbstmords. In den letzten neunzig Minuten seines Lebens hatte sich John Whiteman zunächst der Reparatur eines Rennrads in der Garage gewidmet, um sich anschließend eine Zeitlang in sein Arbeitszimmer zu setzen. Dort hatte er einige Rechnungen beglichen und eine Glückwunschkarte versteckt, die sein Schwiegervater zum Geburtstag seiner Frau Ende der Woche geschickt hatte. Anschließend sollte er sich zwei Flaschen Whisky genommen und sie irgendwo ausgekippt haben, nur nicht in sich selbst, eine Dose mit Schlaftabletten geleert haben, offenbar ebenfalls nicht in seinen Körper, sondern in die Toilette. Dann hatte er die drei leeren Glasgefäße neben die Badewanne gestellt, um den Eindruck zu hinterlassen, er hätte sich den Inhalt einverleibt und sich

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