Im Namen Ihrer Majestät
Chance! Wir sprechen nicht von einem Feldzug, denn dabei ginge es, wenn ich es recht verstehe, um Alexander den Großen gegen Huckleberry Finn. Wir sprechen vom Recht eines Jungen, eines sehr jungen Mannes, auf ein Privatleben, und ich finde, das sollten Sie respektieren.
Stans Vater machte sich recht gut bei diesem Interview. Tessie hatte die Zeitung per Kurierpost von einer alten Freundin erhalten und las den Text zweimal sorgfältig durch, bevor Carl einen Blick darauf werfen durfte. Ihr Urteil, ob nun das Urteil der Anwältin oder der Mutter, lautete, ihr Ex-Mann habe tatsächlich die Schnauze gehalten (bei Gesprächen, bei denen es um Amerika ging, unterhielten sie sich immer auf englisch). Er habe nichts gesagt, was ihm selbst, Stan, seiner geschiedenen Frau oder dem jetzigen Mann der geschiedenen Frau geschadet hätte, und zwar in der Reihenfolge.
Carl las mit gerunzelter Stirn, als er die zerknüllte Zeitung endlich in die Hand bekam. Was ihm nicht gefiel, vertraute er nicht einmal Tessie an, nämlich, daß die Zeitung mit Karte und Luftbild das Haus abbildete.
Das rief unangenehme Assoziationen bei ihm hervor. Stenhamra, ihr eigenes Haus, war in letzter Zeit für mehr als eine Million umgebaut worden. Tessie hatte mit kaum verhohlener Irritation einige der Veränderungen bemerkt, aber nicht alle. Grund für die Maßnahmen war eine gefälschte »Zu Hause bei …«-Reportage, die vor rund einem Jahr in einer der zwei Klatschzeitungen des Landes publiziert worden war. Dabei hatte man die Grundrißzeichnungen von Stenhamra abgebildet, Stockwerk für Stockwerk mit kleinen Zeichnungen, die Carl (in Uniform!) mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter bei der Hausarbeit zeigten. Die Zeitung hatte gute Verbindungen zum früheren Eigentümer des Hauses gehabt, einer Person, die nach Festen im Café Opera oft zusammen mit Björn Borg per Hubschrauber nach Hause geflogen war, um dort weiterzufeiern. Entscheidend war, daß diese erfundene Reportage sehr gute Grundrißzeichnungen des Hauses enthielt. Überdies hatte man den Artikel damals bei sizilianischen Mördern im Hotel Sheraton gefunden.
Die Sizilianer waren tot. Stenhamra war inzwischen an mehreren Stellen umgebaut worden. Aus diesem Grund ließen sich die Türen der »französischen Fenster« im Salon nur so schwer öffnen, aus diesem Grund flimmerte das Licht im Haus hellgrün (Panzerglas in den Fenstern). Das Erdgeschoß hatte ein angeblich »mexikanisches« Aussehen erhalten, da sämtliche Fenster mit schmiedeeisernen Gittern versehen worden waren, die nach Kunsthandwerk aussahen. In Wahrheit bestanden die Gitter aus schwarzgestrichenem, spezialgehärtetem Stahl. Stenhamra war jetzt in der Nacht, wenn Türen und Fenster verschlossen waren, so gut wie uneinnehmbar. Nur eine Kampfwagenbrigade hätte das Haus stürmen können. Carl war schwer erschüttert gewesen, als er im vergangenen Herbst entdeckte, daß es einer schwedischen Waldmaus irgendwie gelungen war, ins Haus zu gelangen. Er hatte anscheinend übertriebene Mühe darauf verwendet herauszufinden, wie der schnell getötete Eindringling in das gut gesicherte Haus hatte kommen können. Tessie war in ihrer Ahnungslosigkeit entzückt gewesen und hatte herzlich über diesen Mäusekampf gelacht.
Die Berichte in der Washington Post behandelten andere Themen. Sie wurden zu großen Teilen in der schwedischen Presse wiedergegeben, jedoch ohne jeden Kommentar von Carls Seite und mit einigen versteckt zustimmenden »kein Kommentar«-Äußerungen des schwedischen Ministerpräsidenten.
Die Washington Post, die hohe amerikanische Regierungsquellen zitierte, brachte eine recht ausführliche und in weiten Teilen korrekte Erklärung dafür, weshalb der bekannte oder berüchtigte schwedische Offizier Carl Hamilton sowie ein namentlich nicht genannter schwedischer Marineoffizier für würdig gehalten worden waren, mit dem Navy Cross ausgezeichnet zu werden.
Der Washington Post zufolge hatten der amerikanische und der schwedische Nachrichtendienst bei einer komplizierten und gefährlichen Operation in der Wüste Libyens zusammengearbeitet. Dabei sei eine sowjetische Flugzeugbombe älteren Datums aufgespürt und zerstört worden. Diese habe eine Sprengkraft von mehr als einer Megatonne gehabt.
Es habe sich folglich um eine lebenswichtige internationale Zusammenarbeit gehandelt, die zum Ziel hatte, mit einem der drängendsten und zugleich unterschätztesten Problemen der Welt fertigzuwerden: dem Kernwaffenschmuggel aus
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