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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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wenn man davon absehe, daß sie Auto führen und sichtbar mit ihren AK 47- Karabinern herumfuchtelten?
    Sie berichteten munter, sie seien erstens operatives Personal beim Nachrichtendienst Jihaz ar-Razed, folglich Kollegen, und außerdem habe Abu Ammar vor einer halben Stunde ein Kommunique veröffentlicht, in dem alles enthalten sei.
    Carl schluckte und lächelte angestrengt. Seine Überlegungen über ein einigermaßen taktisch geschicktes und diskretes Auftreten erschienen jetzt vollkommen unmöglich. Arafat war offenbar wild entschlossen, tatsächlich die große Propagandatrommel zu rühren, und damit war Carl ohne Zweifel auf dem Weg in eine Situation, die er weder vorhersehen noch steuern konnte, wenn die Dinge erst mal ihren Lauf nahmen.
    Er nahm es jedoch von der heiteren Seite, lachte in sich hinein und schüttelte den Kopf. Sein Begleiter fragte erstaunt, was denn so lustig sei, worauf er erwiderte, daß lasse sich schwer beschreiben. Kurz gesagt gehe es darum, daß sein höchster Vorgesetzter, der schwedische Ministerpräsident, ein Freund Israels und Araberhasser sei, und zwar so generell, wie es bei europäischen Politikern der Rechten zu sein pflege. Und dieser Mann schlafe gerade ruhig zu Hause in seinem Bett, morgen früh aber werde er wie ein Tischtennisball zwischen Fußboden und Decke rauf und runter springen, wenn er sich im Radio die Nachrichten anhöre, was er vermutlich immer tue.
    »Er wird mich festnehmen lassen, sobald ich in Arlanda einen Fuß auf den Boden setze«, brummte Carl zufrieden.
    Jassir Arafats Vorsichtsmaßnahmen erwiesen sich als bedeutend raffinierter als Carl befürchtet hatte. Es lag nicht an den schlappen und nachteulenhaften Gewohnheiten der Palästinenser, daß Pressekonferenz und Zeremonien auf Mitternacht verlegt worden waren. In den USA war es noch immer eine Stunde bis zur Prime time der Nachrichtensendungen, und darauf wartete Jassir Arafat. Möglicherweise hatten ihn die amerikanischen Bombenangriffe auf arabische Ziele, die fast immer nachts stattfanden, darauf gebracht. Damit waren gelungene Bombenabwürfe auf Araber unmittelbar in den Mittelpunkt der Nachrichten der Prime time gerückt und beherrschten auch die Nachrichten der nächsten vierundzwanzig Stunden.
    Die Veranstaltung lief bereits eine halbe Stunde, als Carl erschien. Er hatte keine Ahnung, was von Arafat oder anderen Anwesenden inzwischen gesagt worden war. Das Treffen fand in einem hochgelegenen Stadtteil von Tunis statt, den Carl bereits kannte. Auch das Gebäude war ihm nicht fremd, es war das Haus Abu Lutufs, des Außenministers der PLO.
    Carl wurde schnell durch einen Hintereingang und unter einiger Heimlichtuerei ins Haus geschmuggelt und eine Treppe hinauf geleitet, bis sie im Obergeschoß vor einer Doppeltür standen. Einer seiner Begleiter gab ihm ein Zeichen, er solle warten. Dann öffnete er vorsichtig die Tür und schlüpfte hinein. Carl konnte sehen, daß sich viele Menschen im Raum befanden. Der Raum war grell erleuchtet. Es mußten Fernsehspots aufgestellt sein. Carl fühlte sich wie ein Gladiator, der in die Arena treten soll, ohne vorher zu wissen, was ihn dort erwartet. Seine Gedanken kamen plötzlich zum Stillstand. Er versuchte zu denken, konnte aber nur zwei schnelle Entscheidungen treffen. Improvisiere, keine ausdrückliche Bestätigung, sondern nur Improvisation.
    Dann gingen die Doppeltüren auf, und das grelle Fernsehlicht stach ihm in die Augen. Er bekam einen Schubs in den Rücken und trat mit unsicheren Schritten in die Lichtkegel, während das Publikum Beifall klatschte. Er sah, wie ihm ein kleiner Mann mit ausgestreckten Armen entgegenging. Er zögerte, bis ihm klar wurde, daß er auf dem Bildschirm schon zu sehen war und nicht zögern durfte. Gleichzeitig ging ihm auf, daß der Kleine mit den ausgebreiteten Armen Jassir Arafat war. Carl beugte sich höflich hinunter, wurde umarmt und bekam einen schmatzenden und feuchten Kuß. Voller Galgenhumor dachte er an Boris Jelzin; es war nicht das erste Mal, daß Carl auf einer Propagandaveranstaltung geküßt wurde.
    Nach diesem überschwenglichen Freundschaftsbeweis führte der kleine Arafat Carl mit erhobenem Arm zu einer Frau in Uniform.
    Carl erkannte sie sofort, inzwischen hatten sich seine Augen an das grelle Licht gewöhnt. Es war Mouna. Wie zum Teufel sollte er sich jetzt verhalten? Sollte er zu erkennen geben, daß er sie kannte?
    Doch Arafat schob sie beinahe unsanft zusammen, wie bei einer klassisch arabischen

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