Im Namen Ihrer Majestät
schwedischer Regierung sei sehr konkret gewesen. Carl Hamilton – deutliche Geste zu Carl, der keine Miene verzog– sei nach Tunis gekommen, um Abu Lutuf zu treffen. Bei dieser Gelegenheit habe er einen Gruß der amerikanischen Regierung überbracht: Findet die Bombe und zerstört sie mit Hilfeschwedischen Personals. Das werden wir als Beweis eurer politischen Verantwortung werten und anschließend eine neue Verhandlungsrunde mit Israel eröffnen.
Es sei, so Arafat, nicht leicht gewesen, diesen amerikanischen Vorschlag anzunehmen, da er unter anderem bedeutet habe, daß die PLO eine militärische Operation gegen ein arabisches Bruderland richten sollte. Doch hier hätten der Weltfrieden und das Leben vieler Menschen auf dem Spiel gestanden. Und Bruder Moammar habe nur verlieren können, da sein Geheimnis jetzt bekannt sei. Aus diesem Grund hätten er, Arafat, und die übrige PLO-Führung unter großen Schmerzen beschlossen, die am wenigsten blutige Lösung zu wählen. Die politisch verantwortungsvollste Lösung des Problems habe tatsächlich darin bestanden, auf den amerikanischen Vorschlag einzugehen. Aus diesem Grund seien Mittel und Möglichkeiten des Nachrichtendienstes der PLO Carl Hamilton zur Verfügung gestellt worden. Eine der Pointen sei ja gewesen, daß die PLO operativ mit einem neutralen Staat zusammengearbeitet habe und nicht mit den USA. Hinterher sei er, Arafat, zu Bruder Moammar nach Tripolis gereist und habe das Ganze erklärt. Bruder Moammar habe großes Verständnis für das Handeln der PLO gezeigt, obwohl er sich kritisch über die Morde an den Wissenschaftlern geäußert habe.
Die Journalisten schienen nicht im mindesten erstaunt zu sein. Carl vermutete, daß sie alles schon früher am Abend gehört haben mußten, Arafat aber jetzt die Chance ergriff, es in derselben Fernsehaufnahme zu sagen, in der Carl und die zweifellos sehr effektvolle Mouna zu sehen waren. Carl grübelte schon darüber nach, welche Konsequenzen es haben mußte, daß ihr Cover jetzt zerstört war; die PLO mußte dieser Propaganda-Show sehr große Bedeutung beigemessen haben.
Als Arafat endete und die Handflächen mit einer sehr arabischen Geste nach oben hob, die nichts weiter bedeutete als: So einfach ist das, fragten drei Journalisten in etwa das gleiche, wenn auch in unterschiedlichen Formulierungen. Alle drei sprudelten gleichzeitig los:
»Haben Sie in die Aufrichtigkeit des Vorsitzenden Arafat das gleiche Vertrauen wie in die von Oberstleutnant Mouna, Admiral Hamilton?«
»Natürlich nicht«, erwiderte Carl mit versteinerter Miene, »der Vorsitzende Arafat ist Politiker und kein Offizier seines Nachrichtendienstes.«
Das Publikum kicherte und stürzte sich dann sofort auf Mouna.
»Aber was ist mit Ihnen, Oberstleutnant Mouna? Wie beurteilen Sie das, was Ihr Vorsitzender gerade beschrieben hat?« Mouna überlegte, bevor sie antwortete. Sie sah ein wenig gequält aus, doch als sie schließlich die Antwort gefunden hatte, strahlte sie.
»Ich bin wie mein Kollege Admiral Hamilton Offizier des Nachrichtendienstes und keine Politikerin. Es steht mir nicht zu, politische Urteile abzugeben. Ich habe bestimmte operative Anweisungen erhalten, denen ich in Zusammenarbeit mit Admiral Hamilton nachgekommen bin. Das ist alles. Als Palästinenserin kann ich allerdings nicht umhin, die einfache Überlegung anzustellen, daß die USA uns einen Gefallen schuldig sind.«
Inzwischen war unter den Journalisten Unruhe entstanden, die Carl zunächst mißverstand. Doch es geschah nichts weiter, als daß die amerikanischen Fernsehteams jetzt einen Personalwechsel vornahmen. Einige zogen sich zurück, um ihre Texte zu redigieren oder eine Einführung in exotischem Milieu zu drehen, während andere Teams sich um Exklusivinterviews bemühten. Carl wurde in der folgenden halben Stunde von einem gehetzten Fernsehteam zum anderen geschleift; die Journalisten mußten gemietete Satellitenzeit einhalten, um ihr Material zu einem bestimmten Zeitpunkt zu senden. Sie wollten sowohl sich selbst als auch die befragten Personen auf eine möglichst effektvolle Weise zeigen, also während der amerikanischen Prime time. Der Zeit der Bombardements.
Zu Carls Erstaunen stellte man ihm jetzt Fragen anderer Natur. Als er spät in der Nacht darüber nachgrübelte, begriff er, daß die Journalisten aus Zeitgründen um jeden Preis Fragen vermeiden wollten, auf die sie nur nichtssagende Antworten bekommen würden – es sei denn, ein »Kein Kommentar«
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