Im Namen Ihrer Majestät
wissen wollte, wie lange er in Tunis bleiben werde, zögerte er. Wahrscheinlich nicht mehr als ein paar Tage, doch genau könne man es nie wissen, wenn es um die palästinensische Führung gehe. Der Arbeitsstil dieser Leute lief darauf hinaus, daß jeder warten mußte und alle Arbeit nachts stattfand.
Und tatsächlich kam der Anruf erst nach Mitternacht. Carl hatte sich schon ins Bett gelegt und sich gerade entschlossen, mit dem Lesen aufzuhören, da er auf ein Wort gestoßen war, das er nicht verstand, das auf derselben Seite dreimal vorkam und für den Zusammenhang bedauerlicherweise entscheidend war. Entweder mußte er jetzt aufstehen und sein Lexikon hervorkramen oder aber mit dem Lesen aufhören und zu schlafen versuchen. In dem Moment, in dem er die Hand nach der Nachttischlampe ausstreckte, um das Licht zu löschen, kam der Anruf.
Sie wollten in zwanzig Minuten kommen und ihn abholen.
Mit einem ironischen Brummen stand er auf, rasierte sich, duschte und kleidete sich sorgfältig und elegant, wie die Veranstaltung es seiner Ansicht nach erforderte. Uniform wäre in gewisser Weise am einfachsten gewesen, in diesem Zusammenhang jedoch undenkbar. Eine Uniform würde signalisieren, daß er Schweden offiziell vertrat. Und es gab Grenzen dafür, wie dumm er sich später stellen konnte, wenn der Ministerpräsident ihm eine Standpauke hielt und ihn womöglich sogar wegen des politischen Schülerstreichs feuerte, auf den er sich eingelassen hatte.
Erst jetzt begann er ernsthaft darüber nachzudenken, wie weit er würde gehen können. Aus irgendeinem Grund hatte er diese Frage solange wie möglich vor sich hergeschoben. Er ging davon aus, daß es einen rein juristischen Haken gab, nämlich die Frage, ob man ihm würde nachsagen können, geheime militärische Informationen seines Landes preisgegeben zu haben. Ließ sich die palästinensische Teilnahme an der Operation Green Dragon tatsächlich als geheime Militärinformation Schwedens ansehen?
Zur Klärung dieser Frage bedurfte es wohl einer Menge Juristerei, doch soweit Carl es beurteilen konnte, wollte der schwedische Ministerpräsident die amerikanische Mythenbildung nur zu gern am Leben erhalten. Deshalb würde er sich sicher persönlich gekränkt fühlen, wenn ein allzu korrektes, das heißt »pro-arabisches« Bild entstand.
Was natürlich genau das war, was Jassir Arafat in der bevorstehenden Nacht zu erreichen gedachte.
Carl nahm an, daß er theoretische Grenzlinien nicht schon im voraus zu ziehen brauchte. Alles hing davon ab, was Jassir Arafat sagte, und anschließend brauchte Carl nur »no comment« zu sagen, und zwar in einem Tonfall, der klar erkennen ließ, daß es sich um fröhliche Zustimmung handelte.
Sie holten ihn zur festgesetzten Zeit und in einem sauberen Wagen ab, was er fast als eine feierliche Ehrenbezeigung auffaßte. Als er einstieg, irritierte ihn nur, wie offen sie ihre Waffen zeigten. Damit zogen sie die Aufmerksamkeit auf sich und setzten sowohl sich selbst als auch ihr Schutzobjekt unnötigen Gefahren aus.
Seine Vermutung, daß ihnen unbekannt war, in welcher Angelegenheit er unterwegs war, erwies sich schnell als falsch. Als der Wagen auf dem Weg vom Hotel zur Autobahn nach Tunis in das Gewirr kleiner Gassen hineinfuhr, begannen der Fahrer und einer der Leibwächter eifrig Konversation zu machen. Ihre Bemerkungen zeigten, daß ihnen die ganze Geschichte im Detail bekannt war. Die Fragen, die sie stellten, ließen eher persönliche Neugier erkennen als Neugier auf die Ereignisse: Ob die palästinensischen Genossen ihre Sache gut gemacht hätten, ob es nicht schrecklich anstrengend sei, auf einem Kamel zu reiten, was für ein Gefühl es sei, daß die Amerikaner ihn nicht wie versprochen abgeholt hätten?
Carl erwiderte ironisch und kurz angebunden, es sei verdammt anstrengend, ein Kamel zu reiten, doch ein Offizier in Diensten Seiner Majestät des schwedischen Königs dürfte nicht einmal vor starken Schmerzempfindungen im Hinterteil zurückschrecken, wenn der Weltfrieden auf dem Spiel stehe. Im übrigen wich er den Fragen aus, tat sie mit einer scherzhaften Bemerkung ab oder erwiderte mit demonstrativ übertriebenem Tonfall, daß er überhaupt keine Ahnung davon habe, worüber sie überhaupt sprächen.
Die Männer lachten und stellten hartnäckig neue Fragen, die er mit Gegenfragen beantwortete. Woher zum Teufel wüßten sie soviel über ein Unternehmen, das angeblich geheim sei, und was für einen Job hätten sie bei der PLO,
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