Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
war Arafats persönlicher Berater Bassam Abu Sharif. Carl nahm die ausgestreckte verstümmelte Hand und hielt sie vorsichtig, während er sich zu erinnern versuchte, welches Auge ein Glasauge war und in welches er folglich blicken sollte; Bassam Abu Sharif war einer der wenigen Palästinenserführer, die einen israelischen Mordanschlag überlebt hatten.
    »In was habt ihr mich da reingezogen, ihr verdammten Kanaillen?« fragte Carl mit übertrieben bekümmerter Miene.
    »Hohe Politik«, entgegnete Bassam schnell und verzog das Gesicht zu einem grotesken Lächeln. »Wir wollen dem neuen amerikanischen Präsidenten eine Chance geben, etwas für den Weltfrieden zu tun. Wenn ihr noch eure alte sozialdemokratische Regierung hättet, hätten wir euch auch in die Geschichte hereingezogen. Jetzt nehmen wir statt dessen die Norweger.«
    »Die Norweger? Das darf doch wohl nicht wahr sein. Meinst du tatsächlich Norweger, solche Figuren in Zipfelmützen mit Rentieren auf der Brust?« erwiderte Carl mit gespielter Entrüstung.
    »Ich habe gar nicht gewußt, daß ihr ein gespanntes Nachbarschaftsverhältnis habt. Was haben die Norweger euch denn angetan, wenn man davon absieht, daß sie eure Kolonialherrschaft abgeschüttelt haben? Haben Sie euch etwa im Eishockey geschlagen?«
    »Nein, nein«, fuhr Carl in demselben scherzhaften Ton fort, »das tun nur die Finnen, die Norweger ganz und gar nicht. Die schlagen uns andererseits im Skilaufen und bei Schlittschuhrennen. Sonst habe ich nichts gegen Norweger. Einige meiner besten Freunde sind sogar Norweger, mußt du wissen.«
    Bassam Abu Sharif schlug Carl freundschaftlich auf den Rücken und schob ihn durchs Gedränge zu der Sofaecke. Dort saßen Arafat und Abu Lutuf in Tabakrauch gehüllt mit einigen Personen, die Carl nicht kannte. Eine recht heftige Diskussion war im Gange. Doch im selben Moment, in dem Carl hinzutrat, brach Arafat mit einer einzigen Handbewegung die ganze Diskussion ab und überfiel Carl mit einem Schwall arabischer Worte, deren ungefährer Inhalt nicht mißzuverstehen war. Carl wollte nicht schon wieder geküßt werden und ging in Deckung. Er hielt den Teller mit Lammfleisch und tabouleh vor sich, wurde aber trotzdem aufs Sofa gezogen, wo ihm schnell jemand Platz machte und ihm ein Glas mit purem, dunklem Whisky überreichte.
    Bassam Abu Sharif mußte etwas ins Carls Gesichtsausdruck entdeckt haben. Er lachte auf und bot an, Wein oder Bier zu holen. Carl hatte gar nicht die Zeit, sich zu entscheiden, da war der Araber schon verschwunden.
    »Wo ist die Ehrenlegion?« rief Arafat mit einer Miene, die zwischen tiefem Kummer und Entrüstung schwankte. »Mr. Carl, du mußt sie anlegen, denn dieses Fest findet dir zu Ehren statt.«
    »Ich habe den Orden in die Tasche gesteckt, denn ich hatte Angst, man könnte ihn mir hier stehlen«, entgegnete Carl schnell. Die Männer auf dem Sofa quittierten die Bemerkung mit brüllendem Gelächter.
    Bassam Abu Sharif kam im selben Augenblick mit einer Flasche libanesischem Rotwein wieder, die er vor dem leicht mißtrauischen Carl hinstellte. Dann wurde die vorhin so intensive arabische Diskussion weitergeführt. Nach einigen Minuten stahl sich Carl mit seiner Rotweinflasche davon. Er nahm ein Glas und goß sich vorsichtig ein. Er blickte sich verlegen um, bevor er an dem Wein schnupperte. Überrascht und fast beschämt stellte er fest, daß der Duft, der aus dem Glas aufstieg, mehr als angenehm war. Er kostete vorsichtig. Dann lachte er über sich selbst, schüttelte den Kopf und murmelte, das hat man nun von seinen Vorurteilen. Er goß das Glas voll und nahm zwei kräftige Schlucke. Château Musar, notierte er. Eine Kiste davon würde zu Hause im Weinkeller nicht schaden, oder, wie er sich leicht schuldbewußt korrigierte, in dem neuen Weinkeller irgendwo in Kalifornien.
    Weiter hinten im Zimmer entdeckte er Mouna. Sie war gerade in eine eifrige Diskussion mit zwei Männern in tarnfarbenen Felduniformen vertieft, die auf dem Rücken amerikanische Pistolen in den Gürtel gesteckt hatten. Carl füllte sein Weinglas auf, stellte die Flasche beiseite und schlenderte zu Mouna und den beiden Soldaten hinüber. Als sie ihn entdeckten, erstarb ihr Gespräch sofort. Mouna stellte höflich die beiden Männer vor, die den Rangabzeichen nach zu urteilen ihr unterstellte Offiziere waren.
    »Englisch?« fragte Carl erst, und als alle mürrisch nickten, fragte er ganz einfach, worüber sie sich stritten. Ob dies möglicherweise die Konsequenz

Weitere Kostenlose Bücher