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Im Namen Ihrer Majestät

Im Namen Ihrer Majestät

Titel: Im Namen Ihrer Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Steigbügel erfinden?«
    »Falls Sie entschuldigen, ich bin nicht ganz sicher, ob ich die Frage verstehe.«
    »Die Araber haben den Steigbügel erfunden. Das führte dazu, daß die halbe Welt erobert wurde. Weder Persien noch Ost-Rom hat das geschafft, wir wurden die Eroberer.«
    »Natürlich. Wenn Sie eine Waffe mit folgenden Charakteristika entwickeln können, gewinnen Sie. Diese Waffe muß alle anderen Waffen auf der Welt neutralisieren können, einschließlich der Kernwaffen, sie muß sich ohne Schwierigkeit um die ganze Welt transportieren lassen, sie muß fähig sein, alle militärischen Radar und Funkverbindungen der anderen zu zerschlagen und ausschließlich die Menschen töten, die sie nach Ihrem Willen töten soll. Erfinden Sie diese Waffe, dann gewinnen Sie.«
    »Sie sprechen also von Gott?«
    »Genau. Das Problem ist nur, daß wir in der gesamten Menschheitsgeschichte bei unseren Kriegen nicht mal einen Anflug von Gott gesehen haben. Statt dessen haben wir einfachen und brutalen Typen wie mir vertrauen müssen. Oder besser: der Klugheit, Weisheit, Diplomatie und bestenfalls sogar Demokratie. Wahrscheinlich ist es genau das, was Gott will.«
    Der junge Reporter, der wie irgendein beliebiger Kaffeehaus-Intellektueller in Paris aussah, verstummte plötzlich. Er hatte während der ganzen Sitzung fast wie in Trance schnell und selbstverständlich gesprochen. Carl erinnerte sich an diese Stunde später eher als Séance denn als Interview.
    »Wissen Sie, Genosse Hamilton«, sagte der Tunesier nachdenklich, »dies ist vermutlich das beste Fernsehinterview, das ich in meinem ganzen Leben gemacht habe. Was ist passiert?«
    »Sie haben gefragt, ich habe geantwortet, das ist passiert«, erwiderte Carl mißtrauisch. Zufriedene Journalisten waren in seinen Augen ein Zeichen persönlichen Mißerfolgs.
    »Dieses Interview werden wir in jedes Land der arabischen Welt verkaufen können, angefangen bei Mauretanien und Marokko bis hin zu Qatar und Oman«, fuhr der Journalist mit einem nachdenklichen Kopfschütteln fort, als spräche er eine Beschwörung.
    »Teufel auch«, bemerkte Carl trocken. »Ich hoffe, daß Sie bei den Verkäufen Prozente bekommen. Aber was ist denn so Besonderes daran?«
    »Besonders ist alles, was Sie über Salman Rushdie gesagt haben. Sie als Schwede und Christ und überdies frischgebakkener arabischer Held können all das sagen, was wir anderen auch gern sagen würden. Das war am wichtigsten.«
    »Aha, wie schön«, erwiderte Carl verwirrt. »Sind es aber nur meine ethnischen Qualifikationen, die mich das sagen lassen dürfen, was Sie zwar auch sagen wollen, aber nicht sagen dürfen? Wenn Sie entschuldigen, das kommt mir ein wenig verrückt vor.«
    »Natürlich ist das verrückt«, erwiderte der Journalist mit einem begeisterten Lächeln. »Aber wenn ich es sage, kann man mich beschuldigen, die Geschäfte des westlichen Imperialismus zu besorgen. Sie sind Europäer, ethnisch qualifiziert, doch gleichzeitig gibt es bei Ihnen überzeugende Belege dafür, daß Sie nicht unser Feind sind. Das macht das Ganze so perfekt. Eine Viertelmilliarde Araber bekommen einen Europäer zu sehen, der auf eine ganz selbstverständliche und ganz und gar nicht araberfeindliche Weise unbequeme Wahrheiten äußert. Das ist ganz einfach Spitze.«
    Carl lächelte und schüttelte den Kopf, schlug dem Journalisten freundschaftlich auf die Schulter und drehte die Handfläche hoch, wie es Amerikaner und Araber tun, wenn sie sich einig sind; der Tunesier schlug mit der offenen Hand auf Carls, worauf sie sich trennten.
    Anschließend suchte Carl den Weg zu Abu Lutufs Dienstzimmer, da man ihm gesagt hatte, dort würden sich alle treffen, sobald die Fernsehjournalisten aus dem Haus seien.
    Das Fest war schon in vollem Gang. Junge Männer und junge Mädchen brachten eine überladene Schüssel nach der anderen mit gegrilltem Lammfleisch, marinierten Hähnchen, Salaten, Gemüse, Joghurt sowie Kichererbsen und Auberginencreme und andere Spezialitäten. Carl nahm sich einen Teller und legte sich etwas Lammfleisch und Petersiliensalat der palästinensisch-libanesischen Variante tabouleh auf. Er sah sich nach Getränken um und entdeckte zu seiner Enttäuschung, daß er nur zwischen Wasser und Johnny Walker Black Label wählen konnte; er hatte die arabische Unsitte nie begriffen, puren Whisky zum Essen zu trinken.
    »Mabruk, mabruk, mabruk«, gratulierte einer seiner Freunde, ein Mann, der urplötzlich im Gedränge vor ihm auftauchte. Es

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