Im Namen Ihrer Majestät
nach. Er war unsicher, wie er ihre Worte deuten sollte. Zu spät, viel zu spät, fiel ihm die Replik ein: »Ach was, das sagst du jedem Spion.«
Als die Stars der amerikanischen Fernsehsender verschwanden, machten sich auch Arafat, Mouna und einige Leibwächter davon. Carl blieb eine Zeitlang allein mit dem Vertreter des tunesischen Fernsehens zurück, einem jungen und sichtlich nervösen Mann.
Das Interview wurde zu etwas völlig anderem, als Carl erwartet hatte, nämlich zu einem Verhör in Moral und Religionsfragen.
»Sind Sie gläubig, Admiral Hamilton?«
»Ja«, log Carl, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich bin Christ und Mitglied der protestantischen Kirche Schwedens. Meine Frau ist Katholikin.«
»Was halten Sie von dem Recht zu töten?«
»In unserer Kultur, und wie ich glaube, auch in Ihrer, haben wir das merkwürdige Phänomen, daß man ein Verbrecher sein kann, der die Todesstrafe verdient, wenn man andere Menschen tötet. Man kann sich damit aber auch Verdienste erwerben und Medaillen bekommen.«
Carl deutete mit einer Handbewegung auf die Jackentasche, in die er die protzige Palästinensische Ehrenlegion gesteckt hatte.
»Sie haben andere Menschen getötet, ich meine, als Militär?«
»Die Antwort darauf ist bekannt. Es ist bei einigen Gelegenheiten bestätigt worden, daß ich es getan habe. Ja.«
»Sind Ihnen deswegen irgendwelche Zweifel gekommen, und haben Sie Ihren Gott um Rat gefragt?«
»Ja. Ich kenne solche Zweifel. Und natürlich habe ich versucht, meinen Gott zu Rate zu ziehen.«
»Was haben Sie für eine Antwort erhalten?«
»Ich weiß es nicht. Das ist es ja, ich weiß es nicht.«
»Haben Sie das unter bestimmten Umständen als ein Problem angesehen?«
»Natürlich.«
»Woher wollen Sie wissen, daß Sie für das Gute eintreten, und daß derjenige, den Sie töten, das Böse repräsentiert?«
»Manchmal kann ich es wissen, und zwar hängt es von recht mechanischen Umständen ab. Der Mann, der eine Wasserstoffbombe in der Hand hält und droht, damit Millionen anderer Menschen zu töten, ist definitionsgemäß böse. Deshalb kann ich ihn töten.«
»Aber wenn er nicht böse ist?«
»Sehr gute Frage. Ich töte ihn dennoch, aus rein praktischen Gründen. Dann werden wir sehen, wie ich beim Jüngsten Gericht dafür zur Rechenschaft gezogen werde.«
»Haben Sie in solchen Situationen denn nie gezögert?«
»Leider nicht. Wenn man zögert, stirbt man selbst. Nachträglich tut man vielleicht alles nur Denkbare, um das zu rechtfertigen, was man gerade getan hat. In meinem Fall gibt es wohl keinen einzigen Priester oder auch Mullah, der mir nicht mit allen Anstrengungen seines Herzens geholfen hätte, das zu rechtfertigen, was ich gerade getan habe.«
»Haben Sie gebeichtet?«
»Nein, die Beichte gibt es beim Protestantismus nicht. Ich kann aber sagen, daß ich es auf unsere Weise getan habe. Mein früherer Chef, den ich noch immer gelegentlich um Rat frage, ist gläubiger Christ. Mit ihm habe ich gesprochen.«
»Und was hat er gesagt?«
»Nichts Überraschendes, falls wir ein wenig zynisch sein wollen. Er hat mir einmal ein Gedicht zugesteckt, ein Gedicht von einem schwedischem Nobelpreisträger für Literatur, und in diesem Gedicht geht es darum, daß man sich selbst bewaffnen muß, wenn das Böse sich bewaffnet. Sonst gewinnt das Böse.
Was ist dies eigentlich für ein Interview? Wie lange wollen Sie noch so weitermachen?«
»Dies ist das tunesische Staatsfernsehen, aber wir liefern auch an die ganze verdammte arabische Welt. Unsere besten Kunden sind die Saudis und Kuwait. Wir werden das hier übrigens wegschneiden. Machen wir weiter:
Was für eine Ansicht haben Sie über die Kreuzzüge?«
»Eine Torheit der damaligen Zeit. Ich glaube, daß die Zeit, in der wir jetzt leben, in mehrfacher Hinsicht an die Zeit der Kreuzzüge erinnert. Leider hat der Iran mit seinem Todesurteil über Salman Rushdie den schlimmsten Reaktionären und den rassistischsten Kräften in Europa und USA ziemlich auf die Sprünge geholfen. In der Zeit der Kreuzzüge saßen die Ajatollahs in Europa, falls Sie verstehen, was ich meine.«
»Es ist eine gottgefällige Tat, die ungläubigen Hunde zu töten?«
»Genau. Dieser sündige, schändliche und menschenfeindliche Gedanke hat unsere Kulturen mehrmals immer wieder in bewaffnete Konflikte miteinander gestürzt. Das Problem im Augenblick besteht darin, daß Sie in militärischen Begriffen gedacht keine Chance haben.«
»Wir müssen also einen neuen
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