Im Netz der Meister (German Edition)
sich.
»Ich sehe eine attraktive Frau, Kompliment, meine Liebe. Es wird mir ein Vergnügen sein, dir zu zeigen, wo es lang geht und dir diesen frechen Blick abzugewöhnen.«
Simone wurde heiß und kalt. Würde dieser Mann es schaffen, ihren Kopf, ihren Verstand, bei der Session ganz auszuschalten?
Mark verlangte, dass sie ihm in deutlichen Worten ihre intimsten Wünsche und Träume schilderte.
»Ich muss wissen, wie du tickst, beziehungsweise ticken könntest«, schrieb er.
Sie antwortete ehrlich und mit den deutlichsten Worten, die sie kannte. Eine Woche lang schrieben Mark und Simone sich täglich. Und täglich war Simone mehr von diesem Menschen fasziniert. Seine Unnahbarkeit, seine unverbindliche und harte Art waren für sie neu und aufregend.
Mark erzählte emotionslos aus seinem Privatleben, als Simone ihn nach seinen Familienverhältnissen fragte: Seine Frau hatte ihn wegen eines anderen nach zehn Jahren Ehe verlassen, seine Tochter liebte er sehr und tat alles für sie. Bis zum Abitur hatte er ein Jungengymnasium besucht und war daher lange Zeit Frauen gegenüber sehr gehemmt gewesen.
»Das war die prägende Zeit, in der man sich dem anderen Geschlecht nähert. Noch heute kann ich in der Realität nicht auf eine Frau zugehen, es ist nicht möglich. Wenn der Kontakt über das Internet geknüpft wurde, ist es kein Problem, dann läuft es wie von selbst. Aber real ist der erste Schritt von meiner Seite aus undenkbar.«
Simone las zwischen den Zeilen von einer enttäuschten großen Liebe, von einem hingebungsvollen Vater und einem Mann mit leichten Komplexen. Sie würde ihm schon zeigen, dass sie anders war als die Frau, die ihn enttäuscht hatte. Simone begann, sich in Mark zu verlieben, aber sie merkte es nicht.
Als Gerald ankündigte, dass er in einer Woche mit einem Kumpel zum David-Bowie-Konzert in Hannover fahren und dort anschließend übernachten wollte, war sie überglücklich. Sofort dachte sie an ein Treffen mit Mark – der war allerdings in Bielefeld und sie in Bonn, wie sollte sie das organisieren? Es musste gehen, sie würde es hinkriegen, irgendwie. Wenn er sie überhaupt sehen wollte, das musste sie noch klären, denn bisher hatte Mark von einer realen Session nie deutlich gesprochen.
»Gerald, das ist eine super Idee! Dann könnt ihr nachher noch durch die Stadt ziehen und einen richtigen Herrenabend veranstalten – das hattest du so lange nicht und ich gönne es dir! Vielleicht fahre ich dann mal mit meiner neuen Mitarbeiterin Adele nach Köln. Die Ärmste hat kein Geld und muss dringend mal vor die Tür. Wir können in der Altstadt um die Häuser ziehen und mit dem Nachtzug zurück nach Bonn fahren.«
»Klar«, sagte Gerald, »die Kinder sind groß genug, um am Wochenende alleine bleiben zu können. Du bist tagsüber ja auch nie da, da fällt es ihnen sicher kaum auf.«
Simone schluckte, reagierte aber nicht auf diese Bemerkung.
Sie schrieb an Mark.
»Du bist nicht zufällig am nächsten Wochenende in Köln? Mein Mann ist nicht da und ich könnte mich ein paar Stunden frei machen. Es wäre doch sehr schön, wenn wir uns mal ganz unverbindlich treffen könnten, oder?«
Mark antwortete:
»Nein, zufällig bin ich nicht da. Aber ich kann es vielleicht einrichten. Warte auf meine Nachricht. Bis dahin kein Kontakt.«
Simone wartete drei Tage, in denen sie fast verrückt wurde. Nach dem ersten Tag ohne ein Lebenszeichen von Mark schrieb sie ihm eine Mail.
Er antwortete nicht. Sie beobachtete offline sein Profil – und sah, dass Gräfin Mariza ihm fast täglich ins Gästebuch schrieb. Simone beobachtete auch Karins Gräfinnenprofil: Mark tauchte nie in ihrer Besucherliste auf. Sicher hatten sie über eine andere Mailadresse Kontakt. Simone platzte fast vor Eifersucht und Unsicherheit. Sie schickte Mark eine SMS. Er beantwortete sie nicht.
Am Donnerstag bekam sie endlich Antwort. »Ich war auf einer Fortbildung. Wie und wo ist ein Treffen in Köln möglich?«
Als Simone diese Worte las, stieß sie einen Freudenschrei aus. Er würde kommen! Er wollte sie sehen, sie hatte ihn!
Sie schlug als Treffpunkt die Livin’ Lounge im Belgischen Viertel vor. Sie hatte die Adresse dieser exklusiven Bar aus dem Gastronomieführer, den sie in ihrem Buchladen verkaufte.
Mark schrieb: »Sei am Samstag ab 23 Uhr dort. Und dann lass dich überraschen. Vielleicht werde ich da sein.«
Simone begann schon am Nachmittag, sich für den Abend herzurichten. Gerald war mittags nach Hannover gefahren,
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