Im Netz der Meister (German Edition)
herkriechst.«
Simone wusste selbst nicht, was in sie gefahren war.
All diese Gedanken waren ihr spontan in den Sinn gekommen. Von der Schwarzen Nacht hatte sie im Internet gelesen und sich gedacht, dass es sicher spannend sei, auf einer solchen Party mal die andere Rolle einzunehmen. Ihre Erlebnisse in Hamburg machten sie sicher, sich dort ohne Probleme zurechtfinden zu können, sie fühlte sich eingeweiht und versiert. Was genau sie allerdings am Samstag mit Cornelius anstellen würde, wusste sie nicht. Sie ließ das Treffen gespannt und gelassen zugleich auf sich zukommen.
Simone erkannte ihn sofort, nicht nur, weil er schwarz gekleidet war. Er stand neben dem gläsernen Café im Kölner Hauptbahnhof und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. In der Hand hielt er einen Umschlag. Über seine Schulter hatte er einen schwarzen Köcher gehängt. Ein hübscher Kerl , dachte sie.
Sie ging nicht auf ihn zu, sondern ein Stück nach rechts, stellte sich in die Nähe der Gepäckaufbewahrung und beobachtete ihn. Er blickte in kurzen Abständen abwechselnd in die Menge der Leute, die von den Bahnsteigen kam und in Richtung Haupteingang strömte, und auf seine Armbanduhr.
Es war kurz nach sechzehn Uhr, Simone war pünktlich mit der Regionalbahn angekommen. Sie ließ ihn fast zehn Minuten warten.
Dann ging sie mit festen Schritten auf ihn zu.
Er sah sie, erkannte sie und nahm unvermittelt eine fast steife Haltung ein. Wie ein Soldat , dachte Simone schmunzelnd.
Sie blieb dicht vor ihm stehen, sah ihm in die Augen und hielt ihm ihren Koffer entgegen. Er griff danach - und sie ließ los, genau in diesem einen kurzen Moment, zwei Zentimeter vor seiner Hand.
Als der Koffer zu Boden knallte, zog Simone missbilligend ihre linke Augenbraue hoch und sagte zeitgleich in sanftem, freundlichem Ton: »So nervös, mein Lieber? Bleib ganz ruhig. Steck deinen Umschlag ein und komm, ich möchte Kaffee trinken.«
»Herrin, ich sollte Ihnen unaufgefordert etwas geben«, sagte Cornelius und reichte ihr mit zitternden Fingern einen zusammengefalteten Zettel.
»Sechzig Schläge wegen Unaufmerksamkeit«, war darauf in ordentlicher Schrift notiert.
Simone nahm den Zettel und steckte ihn in ihre Manteltasche. Sie spürte ein heftiges Kribbeln in der Magengegend, als sie daran dachte, wie es sein würde, ihn auszupeitschen. Sie hatte noch nie jemanden geschlagen.
Sie gingen hinüber zum Café Reichert, er blieb, ihren Koffer und seine Reisetasche tragend, immer zwei Schritte hinter ihr. Vor dem Café überholte er sie rasch, um die Tür zu öffnen und sie ihr aufzuhalten.
Simone blieb stehen und rührte sich nicht vom Fleck.
»Was soll das? Hattest du keine Kinderstube? Wenn eine Frau und ein Mann ein Lokal betreten wollen, geht er vor, um vorher zu sehen, ob drinnen alles in Ordnung ist.«
Eine Entschuldigung murmelnd und zum wiederholten Male tief errötend ging Cornelius hinein.
Sie bekamen einen Sitzplatz mit Blick auf den Dom. Simone amüsierte sich über die offensichtliche Nervosität ihres Begleiters.
Ohne ihn zu fragen, bestellte sie zwei Kaffee und zwei Grappa. Bis der Kellner mit den Getränken kam, sagte sie kein Wort, sondern sah Cornelius nur an. Der rutschte von einer Pobacke auf die andere und fühlte sich offenbar zum Reden aufgefordert. Er bemühte sich verzweifelt um Konversation.
»Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Fahrt.«
»Hatten Sie einen weiten Weg?«
»Möchten Sie ein Stück Kuchen essen?«
Simone ignorierte jeden seiner Sätze. Sie schwieg. Erst als sie ihr Glas hob und ihm zuprostete, fragte sie unvermittelt: »Warst du abstinent?«
Er antworte schnell, eifrig nahezu: »Jawohl, Herrin.«
Sie beugte sich vor. »Aber du hast ständig an irgendwelche Sauereien gedacht?«
»Ja, Herrin.«
»Und jetzt? Wie fühlst du dich? Du bist so nervös, lieber Cornelius. Bist du geil?«
Er errötete. »Ja, Herrin.«
»Glaubst du, dass es für den Ablauf dieses Abends förderlich sein wird, wenn du geil bist?«
»Oh nein, Herrin. Entschuldigen Sie bitte.«
»Welche Farbe hat deine Unterhose, Cornelius?«
Er blickte verständnislos. »Schwarz, Herrin. Sie hatten mir schwarze Kleidung befohlen.«
»Ich weiß, was ich befohlen habe. Hör mir jetzt gut zu, damit du es auch weißt. Du besorgst dir sofort eine Tüte. Es ist mir egal, ob sie aus Papier oder Plastik ist, und es ist auch egal, wie groß sie ist. Geh jetzt!«
Mit rotem Kopf und überfordertem Gesichtsausdruck machte er sich auf den Weg
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