Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Netz der Meister (German Edition)

Im Netz der Meister (German Edition)

Titel: Im Netz der Meister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
Vom Netzwerk:
nicht, auf Karins Vertraulichkeiten einzugehen.
    Heute Abend würde sie Britta in Berlin anrufen. Sie musste mit jemandem über die Begegnung mit Karel sprechen, dringend und unbedingt. Aber nicht mit Karin. Die lächelte wieder und zupfte mit spitzen Fingern an ihren toupierten, hochgesteckten Haaren. Neuerdings trug sie stets dünne Handschuhe aus Spitze, und Simone fragte sich, wo man so etwas kaufen konnte. 
    »Meine Liebste, warum willst du mir was vormachen? Ich bin verschwiegen wie ein Grab – und das weißt du naturellement. Du hast Karel getroffen, stimmt’s?«
    Als Simone nicht antwortete, fuhr sie unbeirrt fort: »Ich habe euch beide in den letzten Tagen nicht online gesehen.«
    »Du spionierst mir nach?«
    »Aber nein, meine Liebste, ich nehme Anteil an deinem Leben!«
    »Karin, wenn ich dir was erzählen möchte, dann werde ich das tun, okay? Und jetzt habe ich zu arbeiten. Du kannst die neuen Lieferungen auspacken und auszeichnen, sie stehen im drüben Lager.«
    »Im Lager stehen viele nette Dinge. Auch Ordner mit Literatur über gewisse Arten der Erotik. Ich habe sie neulich zufällig gefunden, als ich die alten Rechnungen sortieren wollte.«
    Simone spürte, dass sie rot wurde. Oh nein, Karin hatte ihren geheimen Ordner gefunden.
    »Wir haben schon mal locker darüber geredet, dass mich solche Literatur interessiert, Karin. Mehr nicht. Ich lese auch Krimis und bin deshalb keine Mörderin. Also. Schluss jetzt.«
    Karin hatte sich gesetzt, die Beine so übereinander geschlagen, dass man den Ansatz ihrer schwarzen Strümpfe unter dem Schottenrock sah. Sie senkte den Kopf und sah Simone mit einem unschuldigen Augenaufschlag an.
    »Ma chère Simone. Findest du nicht, dass Frauen, besonders Frauen wie wir, zusammenhalten sollten? Unsere Passion ist so ungefährlich nicht. Sie ist gefährlich, sehrsehr sogar. Und ich weiß, dass die Seele weint, wenn sie nicht reden kann, glaube mir. Ich las ein Gedicht, gerade kürzlich«, und sie begann mit theatralischer Stimme zu deklamieren: »Sehnsüchte irren, wenn sie weinen, um irgendein verlornes Ziel, weil sie doch immer Märchen meinen und Kronen mit den reinen Steinen, aus denen keine Perle fiel. Sehnsüchte wollen nicht gestillt sein mit einem Trunk aus schlechtem Glas; sie wollen deiner Dinge Bild sein in deiner Wünsche Ebenmaß.«
    Simone war ein bisschen gerührt. »Schön, das ist wirklich schön. Von wem ist das?«
    »Keine Ahnung, ich habe es im Internet gelesen und ausgedruckt. Es stand irgendwo bei Love.Letters auf einer Frauenseite.«
    »Ja, Sehnsüchte irren um verlorene Ziele ...« sinnierte Simone laut und fragte sich einen Moment lang, wie ihre Sehnsucht hieß, welches ihr Ziel war und welchen Weg sie gehen würde, um es zu erreichen. Sie wusste es nicht.
    »Rede mit mir, Simone. Du brauchst es, das Gespräch, das weiß ich, und es wird dir gut tun. Ich möchte deine Freundin sein, begreife das endlich. Bitte!«
    »Ich weiß das zu schätzen, Karin, danke dafür. Aber im Moment möchte ich über gar nichts reden. Es geht mir gut, und ich habe zu arbeiten.«
    Simone wunderte sich selbst über ihren rüden Ton, so aggressiv hatten ihre Worte gar nicht klingen sollen.
    Karins Mundwinkel verzogen sich jäh nach unten und ihr Kinn zitterte ein wenig, als sie im Hinausgehen sagte: »Ich hab’s gut gemeint. Hilfe ist eine Holschuld, keine Bringschuld. Du kannst sie dir bei mir holen, wenn du sie brauchst. Anbieten werde ich sie dir nicht mehr.«
    »Hey, bitte nicht so pathetisch«, rief Simone, aber Karin hatte die Ladentür bereits mit einem Knall hinter sich geschlossen und hörte es nicht mehr. 
    Simone widmete sich halbherzig und unkonzentriert ihrer Arbeit. Wenn keine Kunden im Geschäft waren, unterbrach sie immer wieder Buchführung oder Bestellungen und rief die Love.Letters-Seiten auf. Sie las hier, antwortete dort, flirtete, diskutierte und philosophierte mit Menschen, deren echte Namen sie nicht kannte, deren Gesichter sie nie gesehen hatte und die sie als ihre Freunde ansah. Sie saß bis spät abends am Computer.
    Gerald rief an: »Liebes, wann kommst du denn? Es ist halb acht!«
    »Noch eine halbe Stunde, dann bin ich da, ich muss noch ein paar Rechnungen schreiben, okay?«
    Und sie loggte sich noch einmal ein. Ein männlicher Nickname war in ihrer Besucherliste aufgeführt: Your Top. Neugierig klickte Simone sein Profil an. Kurz und knapp beschrieb er sich dort als großen, blonden, blauäugigen und dominanten Mann. Der Name sprach ja

Weitere Kostenlose Bücher