Im Palast der Liebe
Er warf Caterina einen flüchtigen Blick zu. „Ich möchte, dass du mich morgen einem der Gäste vorstellst.
Es handelt sich um Dieter Märten, einen Industriellen aus Deutschland. Ich habe gehört, dass es von Vorteil sein kann, ihn zu kennen."
Er hatte es ganz beiläufig gesagt, und Caterina wollte gerade nicken und sich damit einverstanden erklären. Als ihr jedoch bewusst wurde, was seine Worte bedeuteten, war ihr, als würde eine kalte Hand ihr Herz umklammern. War das etwa der Anfang vom Ende? Benutzte er sie doch nur, um weiter nach oben zu kommen?
Dieter Märten war nämlich nicht nur ein Großindustrieller, sondern gehörte auch zur Schickeria. Jeder, der etwas auf sich hielt, war mit ihm befreundet, vom Hollywoodstar bis zur Creme des europäischen; Adels. Seine Bekanntschaft zu machen und auf seine Gästeliste zu kommen erwies sich für jeden, der gesellschaftlich aufsteigen wollte, als äußerst vorteilhaft.
Plötzlich wurde ihr übel. Hatte Matthew sich nur deshalb an sie herangemacht, damit sie ihn mit Leuten wie Dieter Märten bekanntmachte?
Caterina versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. „Ja, natürlich", erwiderte sie.
Vielleicht hatte sie sich doch geirrt, und er dachte sich überhaupt nichts dabei.
Er wechselte dann das Thema und sprach über das Bardi-Projekt. Doch obwohl er Dieter Märten nicht mehr erwähnte, war sie am Boden zerstört. Ihre alten Ängste waren wieder da.
Die Gärten des Palazzo Verde waren überhaupt nicht wiederzuerkennen. Als Caterina aus ihrem Schlafzimmer im zweiten Stock auf den Balkon trat, kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Am hinteren Ende der Rasenfläche hatte man mehrere gelbweiße Festzelte aufgestellt, in denen das Essen und die Getränke serviert werden sollten. Mit den Bogenrändern und den dicken Troddeln muteten die Zelte orientalisch an und verliehen dem ganzen Garten ein exotisches Flair. Die Topfpalmen und die Blumenkästen, die gerade von den zahlreichen Helfern aufgestellt wurden, vervollständigten das Bild.
Für diese wunderbare Verwandlung war natürlich Matthew verantwortlich, den Caterina jetzt auch entdeckte. Er trug ein T-Shirt und eine helle Hose und wirkte sehr dynamisch, als er nun die letzten Anweisungen erteilte. Allein sein Anblick trieb ihr fast die Tränen in die Augen, so sehr liebte sie ihn.
Seufzend wandte sie sich ab. An diesem Vormittag hatte sie noch nicht mit Matthew gesprochen, unter anderem deswegen, weil er wie sie sehr beschäftigt war.
Der eigentliche Grund war jedoch, dass sie Matthew erst einmal nicht sehen wollte.
In diese^ Nacht hatte sie kaum geschlafen, weil sie sich immer wieder seine Worte hatte durch den Kopf gehen lassen.
Hatten seine Worte wirklich das bedeutet, was sie so befürchtet hatte? Hatte er es wirklich nur darauf angelegt, sie zu benutzen? Oder war das alles lediglich eine Ausgeburt ihrer Phantasie?
Caterina war zwar zu keinem Ergebnis gekommen, doch eines wusste sie: So konnte sie nicht weitermachen, wenn sie den Tag überstehen wollte. Als Mitglied der herzoglichen Familie war es ihre Pflicht, die Gartenparty" durchzustehen. Daher hatte sie beschlossen, sich von Matthew fernzuhalten.
Allerdings konnte es nicht ewig so weitergehen. Irgendwann würden sich ihre Wege zwangsläufig kreuzen.
Caterina warf einen flüchtigen Blick auf die Stiluhr auf dem kleinen Tisch in der Ecke. Es war jetzt fast eins. In kaum mehr als einer Stunde würden die ersten Gäste eintreffen, und es war ihre Pflicht, sie zusammen mit ihren beiden Brüdern und deren Frauen zu begrüßen. So lange würde sie vor Matthew sicher sein, aber danach...
Stirnrunzelnd blickte sie ins Leere. Irgendwie musste sie damit fertig werden. Sie wollte keine Beziehung mit ihm eingehen, und wenn sie an diesem Nachmittag ihr inneres Gleichgewicht bewahren wollte, musste sie so tun, als würde er nicht existieren.
Im nächsten Moment klopfte es an der Tür, und Anna kam herein. Sie hatte das blaue Kleid dabei, das Caterina an diesem Nachmittag trage n wollte und das sie bereits vor einigen Wochen ausgesucht hatte, damit sie sich diesmal nicht in letzter Minute entscheiden musste.
„Sind Sie fertig, Mylady?" erkundigte Anna sich lächelnd. „Sollen wir mit dem Ankleiden beginnen?"
Caterina erwiderte ihr Lächeln. „Ja, ich bin fertig. Machen wir uns an die Arbeit!"
Eine Dreiviertelstunde später machte Caterina sieb auf den Weg nach unten, wo ihre Brüder sie bereits mit ihren Frauen am Eingang zum großen Garten
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