Im Pfahlbau
freuten sie sich mit den beiden Menschenkindern, die knisternde Wacholderfackeln um ihre Köpfe wirbelten in der Vorahnung besserer Lebensbedingungen.
Salzkammer
Der Winter kehrte sich nicht daran, daß die Sonne schon ihre Frühlingsreise angetreten hatte. Fröste und Schneestürme hatten den Heimlichen Grund in ihrer Gewalt.
Den Höhlensiedlern war der Tag immer zu kurz. Eva, die nicht nur das Essen kochte, sondern auch die Vorräte pflegen mußte, nützte die hellsten Stunden zum Nähen und Flicken der Kleider und Schuhe. Peter hatte, um der hereindringenden Kälte zu wehren, die Licht- und Luftlöcher in der unteren Höhle verkleinert, und so war Eva gezwungen, den Arbeitsplatz in ihrer Kammer vor der nahezu vermauerten Lichtluke einzurichten. Sie hatte aus Waldreben einen Rahmen geflochten, eine Tierblase darübergespannt,das Ganze in die Luke geklemmt und die Ritzen ringsherum mit Moos abgedichtet. Nur gedämpft drang das Tageslicht in das Höhleninnere. Eva, die für ihre Arbeit Licht brauchte, setzte sich damit dicht unter die Luke. Es half nicht viel – am Fußboden war und blieb es dämmerig. Während sie dasaß und sann, wie dem abzuhelfen wäre, fiel ihr ein Gitter ein, das sie vor einiger Zeit aus Weidenruten geflochten und als Dörrplatte für Beeren benutzt hatte. Das kramte sie hervor, verkeilte die eine Längsseite unter der Luke in den Mauerspalten, stützte die andere mit zwei in den Boden eingelassenen Stäben und hatte nun einen erhöhten, gut beleuchteten Arbeitstisch. Ein Baumstrunk davor diente als Sitz. Rechts davon, zwischen Lichtluke und Hausaltar, stand ihr Webrahmen.
Auch Peter hatte seinen Sitzstrunk nahe vor seine Lichtluke geschoben und den höheren Werkstrunk davorgestellt. Um sein mit unsagbarer Mühe durchlochtes Steinbeil beim Schärfen nicht zu gefährden, hatte er in eine Grube des Höhlenbodens einen flachen, harten, feinkörnigen Quarzsandstein fest eingelassen. Mit leichtem Druck führte er den Beilstein unermüdlich über den Schleifstein hin und her, her und hin. Und siehe da: er wurde schärfer und schärfer! Angefeuert vom Erfolg schliff Peter aus Stein- und Knochensplittern Dolche, Grabmesser, Pfriemen, grobe Nadeln und Vorstecher. In abgesägte Zinken des Hirschgeweihes schäftete er Steinmesser, Meißel und Bohrer.
Die Behaglichkeit und Lebensfreude der Höhlensiedler wurde zeitweise durch ein unheimliches Glucksen gestört, das aus dem Berginnern kam. Jetzt, wo die Höhlenstuben gegen die Geräusche der Außenwelt abgeschirmt waren, fielen diese seltsamen Geräusche besonders nachts auf.
Peter war fest entschlossen, der Ursache auf die Spur zu kommen. Er nahm sich vor, ins Berginnere einzudringen. Er flocht aus Reisig zwei Fackeln, die er gut pichte. Dann brach er die Vermauerung des oberen Höhlenganges heraus, die Evas Stube nach dem Berginnern hin abschloß, schlug die vorspringenden Felskanten ab und erweiterte so den Spalt. Klopfenden Herzens drang er ein. Die Luft im Berginnern war feucht und kalt. Ein scharfer Zugwind trieb ihm den Rauch des rußenden Leuchtbrandes ins Gesicht. Über seinem Kopf hingen in den Nischen unzählige Fledermäuse, die hier ihren Winterschlaf hielten.
Der Lehmboden fiel ab. In scharfem Winkel bog der Gang nach rechts. Die ruhiger brennende Fackel erleuchtete weithin den Raum. Von der Decke hingen weiß- und gelblichschimmernde Zapfen herab, die mit anderen, vom Boden aufstrebenden, vielfach zu Säulen vereinigt waren. An einer Stelle war ein Stück Wand und Decke, vom Wasser unterwaschen, niedergegangen; dort lagen Spitzkegel und flache Stücke wirr durcheinander, von reinweißem Sinter überkrustet. Mitten darunter stand aufrecht ein verhutzelter Zwerg mit Zipfelmütze, Vollbart und Hängebauch. War's ein zu Stein gewordenes Wichtelmännchen? Und noch andere vieldeutige Gestalten waren da: geballte Klumpen, wie runde Bären oder brütende Riesenvögel mit absonderlichen Köpfen – eine erstarrte Märchenwelt. Bei jedem Flackern der Flamme bewegten sich die Schatten der Gestalten, deren Aussehen sich wundersam veränderte. Zaghaft betastete Peter ein zweigdünnes Zapfenende. Als es klirrend zerbrach, nahm er ein Stück davon mit für Eva.
Der von Säulenstummeln und Sinter bedeckte, naßglänzende, von Rissen durchfurchte Boden war für Peter ein schwer überwindbares Hindernis. Er blieb stehen und machte sich für den Rückweg Merkzeichen. Wieder vernahm er das Glucksen, das ihn und Eva so oft geängstigt hatte; es
Weitere Kostenlose Bücher