Im Rausch der Ballnacht
Kind.”
Lizzie lächelte ihn an. Dann wandte sie sich Georgie zu. Georgie weinte, aber sonst sah sie aus wie immer. Groß und hübsch, das dunkelblonde Haar fiel ihr in Wellen über die Schultern. Die Schwestern gingen aufeinander zu und umarmten sich.
Mit belegter Stimme sagte Georgie: “Wie ich sehe, ist dir das Leben in Wicklow gut bekommen.”
“Und du hast dich überhaupt nicht verändert”, erwiderte Lizzie. “Du bist noch immer die größte Frau, die ich kenne”, neckte sie die Schwester.
Sie lächelten beide. “Du bist zu lange fort gewesen, Lizzie. Ich dachte schon, du kommst überhaupt nicht mehr zurück.”
“Es tut so gut, wieder hier zu sein. Du hast recht – ich bin zu lange fort gewesen.”
Georgie sah dann an der Schwester vorbei zu Eleanor. “Sie sieht so gar nicht krank aus”, bemerkte sie und kniff misstrauisch die Augen zusammen.
Lizzie dachte an die Krise, die sie auslösen würde, sobald sie Ned als ihren Sohn vorstellte.
Mama hatte jedes Wort mit angehört. “Hallo, Eleanor. Du musst dich sehr gut erholt haben, du siehst so gut aus wie immer! Oder hast du meine Lizzie so lieb gewonnen, dass du nicht mehr ohne sie sein wolltest?” Mama war verärgert und gab sich keine Mühe, das zu verbergen. Ihr Tonfall war beißend.
“Ich habe deine jüngste Tochter sehr lieb gewonnen, Lydia”, gab Eleanor gelassen zurück. “Und ich habe mich sehr gut erholt. Hallo, Gerald.”
“Eleanor, wir freuen uns so, dass du Lizzie nach Hause begleitest”, sagte Gerald herzlich.
Jetzt wird sie es ihnen sagen, dachte Lizzie bedrückt. Aber falls Mama in Ohnmacht fällt, müsste man sie ins Haus tragen.
“Was ist los? Stimmt etwas nicht?”, fragte Georgie leise.
Lizzie antwortete nicht und sah stattdessen Eleanor an, die ihr ermutigend zulächelte. “Ich habe Neuigkeiten.” Kaum brachte sie die Worte heraus. “Setzen wir uns in den Salon.”
Eleanor nahm ihre Hand und drückte sie fest.
Sowohl Mama als auch Georgie bemerkten die kleine Geste. “Welche Neuigkeiten?”, fragte Mama überrascht.
“Sehr gute Neuigkeiten”, erwiderte Lizzie so fröhlich wie nur irgend möglich.
“Hast du einen Mann kennengelernt?”, rief Mama. “Bist du vielleicht verlobt? Ach bitte, sag mir, dass das der Grund ist, warum du so lange fort warst.”
“Ich denke, wir sollten hineingehen und uns setzen”, sagte Lizzie.
Eleanor nahm Mamas Arm und geleitete sie ins Haus. “Komm, gehen wir in den Salon und trinken Sherry.”
Während sie hineingeführt wurde, sah Mama Lizzie an. Die Familie folgte. “Was soll das? Wenn es nicht um eine Verlobung geht, welche Neuigkeiten hast du dann für uns?”
Lizzie blieb an der Tür stehen, während Eleanor mit Mama zum Sofa ging. Georgie setzte sich auf einen Stuhl, und Papa stellte sich, auf seinen Stock gestützt, vor den Kamin. Lizzie fühlte sich, als müsste sie gleich in Ohnmacht fallen. Sollte sie Ned hereinführen oder zuerst von ihm erzählen? Alle sahen sie erwartungsvoll an.
Dann entschied sie, dass es unmöglich war, einen Schock zu vermeiden. Sie trat hinaus in die Halle und bedeutete Rosie, aus der Kutsche zu steigen und hereinzukommen. Anschließend ging sie zurück in den Salon.
Sie versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. “Ich bin aus einem bestimmten Grund nach Dublin gegangen, aus demselben Grund, der mich veranlasste, ein gutes Jahr dort zu bleiben”, sagte sie. Dabei zitterte sie so schrecklich, dass sie zum Pianoforte hinüberging und sich dort anlehnte.
Mama wirkte verwirrt, und Papa sagte freundlich: “Wir wissen, warum du nach Dublin gegangen bist. Tante Eleanor wollte, dass du dich um sie kümmerst.”
Lizzie warf Eleanor einen kurzen Blick zu. Die Tante nickte ihr ermutigend zu. “Nein”, sagte sie und vermied es, die anderen anzusehen. “Ich habe den Brief gefälscht. Eleanor hat weder mich noch Anna erwartet.”
Mama schrie leise auf.
Lizzie blickte zu ihrer Mutter hinüber. Sie war leichenblass. Georgie starrte sie ungläubig an. “Was willst du uns damit sagen, Lizzie?”, fragte sie. Lizzie wusste, die Schwester fühlte sich schon jetzt betrogen. Papa wirkte als Einziger nicht beunruhigt. Er vertraute ihr vollkommen.
“Ich bin sicher, es gab einen guten Grund für unsere Lizzie, das zu tun.”
Mama rief: “Warum solltest du so etwas erfinden? Willst du damit sagen, dass Eleanor überhaupt nicht krank war?”
Lizzie hörte, dass Rosie jetzt im Haus war. “Tante Eleanor hat sich immer bester
Weitere Kostenlose Bücher