Im Rausch der Ballnacht
Gesundheit erfreut. Ich aber musste mein Zuhause verlassen. Mama, Papa. Es tut mir leid.” Sie holte tief Luft. “Ich bin fortgegangen, weil ich mir nicht anders zu helfen wusste.”
“Du redest Unsinn”, meinte Georgie und musterte prüfend ihr Gesicht.
Lizzie drehte sich zur Halle um. Dort stand Rosie und hielt Ned im Arm. Er gähnte verschlafen. Lizzie holte ihn und kehrte dann ins Zimmer zurück.
Dort breitete sich gespannte Stille aus.
“Das ist Ned”, sagte sie leise. “Mein wunderbarer Sohn.”
Mama wurde kreidebleich. Papa und Georgie machten die gleichen entsetzten Gesichter. Wie es schien, war ihre ganze Familie vollkommen sprachlos.
Und dann sank Mama ohnmächtig zusammen, fiel einfach gegen die Lehne des mintgrünen Sofas. Eleanor, die auf so etwas vorbereitet gewesen war, fächelte ihr Luft zu, sonst aber rührte sich niemand. Es war, als bemerkten Papa und Georgie überhaupt nichts von Mamas Ohnmacht. Dann stand Georgie auf und sah Lizzie ungläubig an. “Mein Gott”, sagte sie.
Papa wirkte genauso fassungslos. Dann kehrte das Leben wieder in ihn zurück. Rasch trat er zum Sofa, wo Eleanor jetzt Riechsalz unter Mamas Nase hielt. Mama hustete, als sie wieder zu Bewusstsein kam, und er kniete neben ihr nieder.
“Ich musste fort, um das Baby zu bekommen”, flüsterte Lizzie und drückte Ned viel zu fest an sich.
Dabei wurde er vollends wach und stupste gegen ihre Schulter. “Da”, verlangte er gebieterisch. “Da!” Er kannte jetzt ungefähr ein Dutzend Wörter.
“Still!”, bat Lizzie und sah ihn dabei nicht an. Eine Träne lief ihr über die Wange.
Georgie presste eine Hand vor den Mund. “Das ist dein Sohn?”, fragte sie, als könnte sie es noch immer nicht fassen.
Lizzie nickte. “Bitte – du sollst ihn genauso lieb haben wie ich”, brachte sie gequält hervor.
Georgie kamen die Tränen. Sie hustete und ließ sich schwer auf einen Stuhl zurückfallen.
“Da!”, verlangte das Kind. “Ned – da!”
Lizzie stellte ihn auf den Boden. Er klammerte sich an ihren Beinen fest, um nicht hinzufallen. Dann lächelte er Georgie an, und zwei Grübchen erschienen in seinen Wangen.
Endlich sah sie ihn an, und dabei machte sie noch größere Augen, als sie endlich begriff. In diesem Augenblick wusste Lizzie, dass sie Ned als Tyrell de Warennes Sohn erkannt hatte.
Wortlos blickte Georgie von Ned zu Lizzie, und ihr Blick war eindeutig.
Lizzie bekam es mit der Angst zu tun.
Papa hatte sich inzwischen gefasst. Ohne seinen Stock zu Hilfe zu nehmen, den er am Kamin fallen gelassen hatte, erhob er sich. “Wer ist es? Lizzie, ich will wissen, wer der Vater dieses Kindes ist!” Vor Zorn hatte er ein hochrotes Gesicht. “Ich will wissen, wer dir das angetan hat! Verdammt, er wird dafür einstehen müssen!”
Lizzie zuckte zusammen. Noch nie hatte sie erlebt, dass ihr Vater so wütend wurde, und kein einziges Mal in ihrem ganzen Leben hatte sie gehört, dass er fluchte. Papa war der sanftmütigste und freundlichste Mann, den sie kannte. Aber jetzt sah er aus, als wäre er bereit, einen Mord zu begehen. Dass er enttäuscht sein würde, damit hatte sie gerechnet, aber er war vollkommen außer sich.
“Erzählt mir nicht, du wüsstest nicht, wer der Vater ist!”, brüllte er und drohte ihr mit der Faust.
“Papa, bitte!”, rief Lizzie. “Der Schlag wird dich noch treffen. Bitte, setz dich wieder hin!”
Aber Papa rührte sich nicht.
Mama stöhnte leise.
Lizzie biss sich auf die Lippen, blickte von Papa zu Mama, und dabei sah sie Georgies anklagenden Blick. In ihren Schläfen pochte es. Dies hier war viel schlimmer, als sie es erwartet hatte, und sie brauchte ihre Schwester als Verbündete.
“Lizzie!”, rief Mama und brach in Tränen aus.
Lizzie eilte an ihre Seite. Eleanor half ihr, sich aufzusetzen. “Es tut mir leid, Mama”, flüsterte sie, sank auf die Knie und tastete nach ihrer Hand. Dabei hörte sie, wie Ned hinter ihr einen Protestschrei ausstieß, als er hinfiel. Sie drehte sich um und sah, wie Georgie ihm auf die Füße half. Dann wandte sie sich wieder ihrer Mutter zu. “Es tut mir so leid.”
“Es tut dir leid! Das genügt nicht!”, rief Mama. “Du bist ruiniert! Ruiniert!”
“Aber Ned”, versuchte Lizzie es noch einmal. “Ist er nicht hübsch? Und er ist so klug, Mama. Er ist dein Enkel!”
“Hübsch? Klug? Du bist ruiniert! Wir alle sind ruiniert! Oh Gott, jetzt wird Mr. Harold Georgie nicht mehr heiraten wollen. Sobald er davon hört, wird er die
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