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Im Reich der Feuergöttin

Im Reich der Feuergöttin

Titel: Im Reich der Feuergöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Niemandsland verirrt hatten. Kein Tau hatte je eine Hexe gesehen. Vielleicht gab es sie auch gar nicht wirklich. “Ich sehe die Feuergöttin nicht“, flüsterte Manea. „Es ist nicht anders als bisher. Etwas umgibt sie, das sie unerreichbar macht, das sie…“
    „Sie ist von Dämonen besessen!“ rief Loana aus. „Deshalb muß sie sterben. Wird sie das, Manea? Wird Honga, wenn er zu uns zurückkehrt, sie besiegen können?“
    „Die Knochen geben keine Auskunft“, sagte Manea abweisend. Ihr Gesicht wurde noch verschlossener. Loana wußte, daß sie gehen mußte.
    Vor der Hütte atmete sie die frische Luft, die vom Meer her kam. Die Seherin war eine geachtete Frau, doch Loana war jedesmal froh, wenn sie ihr den Rücken kehren konnte.
    Honga würde zurückkehren, noch ehe die Nacht anbrach!
    Dann mußte sie ihn erwarten. Die Stammesmutter holte ein Dutzend Frauen aus ihren Hütten und begab sich mit ihnen zu den an der Küste liegenden Booten, während einige Jungfrauen das Heldenhaus für den Erwarteten herrichteten.
    Im Westen spie der Vulkan sein Feuer hoch in den Himmel. Schwach glühende Aschewolken breiteten sich über dem Kegel aus, und glutflüssige Lava wälzte sich aus Nebenkratern hinab in den Ringsee, von wo zischend Dampfschwaden aufstiegen und die Luft mit Feuchtigkeit erfüllten. Loana hörte Schreie und sah eine der entfernteren Hütten lichterloh brennen. Asche regnete auf das Meer und den Strand nieder. Die Frauen suchten Schutz unter Kiel oben liegenden Booten, bis der Ausbruch vorüber war. Unter ihnen bebte die Erde. Die Schreie erstarben - auch die der Kinder, die nicht mehr aus der brennenden Hütte hatten gerettet werden können.
    „Ramoa“, sagte Loana nur. Ihre Fäuste waren geballt. Ihre schmalen Augen versprühten Blitze.
    „Sie hat die Macht, uns alle zu töten“, sagte Artea, die Jägerin. „Sie könnte es jetzt tun, in diesem Augenblick. Sie spielt noch mit uns.“
    „Dann soll sie ihr Spiel weitertreiben, bis sie stirbt“, grollte die Stammesmutter. Ihre Stimme war nicht die einer Frau, die gerade 24 Sommer zählte, und auch der Überlebenskampf in der Dämmerzone hatte seine Spuren auf ihren scharfgeschnittenen Zügen hinterlassen. Loana zog ihre Felle über der Brust zusammen, als eine kalte Brise vom Meer herüberwehte. „Auch im Herzen des Feuerbergs ist sie nicht sicher vor einem wiedergeborenen Helden.“
    Sie blickte sich unter den anderen Frauen um. Sah sie da nicht verhaltenen Widerspruch in ihren Gesichtern?
    Unsinn! dachte sie. Manea ist keine sehr gute Seherin. Und ich bin die Stammesmutter!
    Sie begann die Auskunft des Orakels in Zweifel zu ziehen, als auch noch nichts geschehen war, als sich der Himmel im Osten verfinsterte und die Nebelschwaden dichter wurden. Sie verließ ihren Platz unter dem Boot und begann, unruhig am Strand auf und ab zu wandern. Die Wellen trugen den Geruch von Tang heran und schwemmten kleine Tiere an Land. Loana achtete darauf, keinem von ihnen zu nahe zu kommen, denn der Tod hatte viele Gesichter auf Tau-Tau.
    Blutnebel - jener zwölfte Teil des Großnebels, in dem die Dämonen erwachten und ihre grausigen Kreaturen gegen die Inseln schickten. Noch rauschte es nicht am Himmel. Noch mochte Ramoa den fliegenden Tod von Tau-Tau fernhalten, um ihre eigenen Opfer nicht zu verlieren.
    Loana lachte bitter und schickte sich an, wieder unter das schützende Boot zu kriechen, als sie die Stimmen vom Wasser hörte.
     
     
    *
     
    Sie brachten den Helden.
    Aleda, die Gerberin, sprang aus dem Boot, das als erstes von den sechs Ruderern an Land gezogen wurde. Wie die Männer, trug sie schwere Stiefel, in deren Sohlen sich die Giftzähne der kleinen, überall im nassen Sand krabbelnden Ungeheuer bissen. Ein knöchellanges Fellgewand und ein Mantel schützten sie vor Kälte und dem Wind. Aleda drehte sich nur kurz zu Loana um, machte das Zeichen der Ergebenheit und half dann dabei, das zweite Boot an Land zu ziehen. Loana runzelte leicht die Stirn, als sie sie auf diese Weise Männerarbeit verrichten sah. Ihre ganze Aufmerksamkeit aber gehörte dem in Tücher gewickelten Fremden, den Aleda mit Guana, der Fischerin und Kommandantin des zweiten Boots nun behutsam an Schultern und Füßen packten und zu ihr und den anderen Frauen herübertrugen. Das Herz der Stammesmutter schlug wild. Sie mußte an sich halten, um in diesem Moment nicht ihre Beherrschung zu verlieren und still stehenzubleiben, bis Aleda und Guana die reglos eingewickelte Gestalt vor

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