Im Reich des Vampirs
verrotten â das war ein viel zu mildes Schicksal für den Mörder meiner Schwester. AuÃerdem war ich nicht sicher, ob man ihn überhaupt in einer Zelle festhalten konnte. Der kardinalrot gewandete Anführer der Unseelie könnte Symbole auf den Boden malen, einmal aufstampfen und sich durch ein Zaubertor aus dem Staub machen. Obwohl mich Barrons vor Vermutungen gewarnt hatte, sah ich keinen Grund, daran zu zweifeln, dass der Lord Master für den Tod meiner Schwester verantwortlich war.
OâDuffy legte eine Pause ein, vielleicht um mir Gelegenheit zu geben, ihm zu widersprechen. Ich schwieg. Er hatte recht. Genauso dachte ich über ihn und Schlimmeres.Nach den Marmeladenflecken und seinem dicken Bauch zu schlieÃen, dürfte er mehr Zeit in Bäckereien und Cafés als in Pubs verbringen.
Er suchte zwei Stadtkarten von Dublin aus und reichte sie mir.
Ich sah ihn fragend an.
»Die erste ist von letztem Jahr. Die andere wurde vor sieben Jahren veröffentlicht.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Und?« Vor wenigen Wochen hätte ich mich über jede Hilfe von der Garda gefreut. Jetzt, da ich über die Dunkle Zone neben BARRONS BOOKS AND BAUBLES blickte â das schreckliche Ãdland, in dem ich L A R UHE 1247 gefunden hatte und beinahe bei meiner gewaltsamen Konfrontation mit dem Lord Master ums Leben gekommen war â, wünschte ich mir, dass sich die Polizei so weit wie möglich aus meinem Leben heraushielt. Ich wollte nicht noch mehr Tote auf dem Gewissen haben. Die Garda konnte mir ohnehin nicht helfen. Nur ein Sidhe -Seher sah die Monster, die das verlassene Viertel übernommen und in eine tödliche Falle verwandelt hatten. Ein Durchschnittsmensch ahnte nicht einmal, dass er in Gefahr war, bis er dem Tod nicht mehr entrinnen konnte.
»Ich habe die L A R UHE 1247 gefunden, Miss Lane. Die Adresse ist auf der alten Karte noch verzeichnet. Sonderbar, dass sie auf der neuen nicht mehr auftaucht. Grand Walk einen Block von diesem Buchladen entfernt, ist auch nicht mehr darauf. Genauso wenig wie die Connelly Street noch einen Block weiter. Ich weià es. Ich war dort, bevor ich herkam.«
O Gott â er war heute Morgen in der Dunklen Zone? Der Tag war kaum hell genug, um die Schatten in Schach zu halten, wo immer sich diese hässlichen Wesen auch versteckten. Wäre der Regenguss aus einer besonders dunklenWolke gekommen, dann hätten sich die wagemutigsten dieser Lebenssauger vielleicht herausgewagt, um sich eine gute Menschenmahlzeit zu gönnen. OâDuffy hatte gerade mit dem Tod getanzt, ohne es zu wissen.
Der ahnungslose Inspector deutete auf den Kartenstapel. Sie sahen aus, als ob sie jemand eingehend studiert hätte. Eine von ihnen war verknittert, als hätte man sie in Wut oder Unglauben zusammengeknüllt und irgendwann wieder glatt gestrichen. Mir waren solche Gefühle nicht fremd. »Um genau zu sein, Miss Lane«, fuhr OâDuffy fort, »keine der StraÃen, die ich gerade erwähnte, sind auf irgendeiner neuen Karte verzeichnet.«
Ich sah ihn so verständnislos an, wie es mir möglich war. »Und was heiÃt das, Inspector? Hat die Stadtverwaltung den StraÃen in diesem Teil von Dublin neue Namen gegeben? Stehen sie deshalb nicht im StraÃenverzeichnis dieser Karten?«
Er verzog das Gesicht und wandte den Blick ab. »Niemand hat diese StraÃen anders benannt«, brummte er. »Es sei denn, das wurde gemacht, ohne die Behörden darüber in Kenntnis zu setzen.« Er sah mich wieder an, durchdringend. »Ich dachte, es gibt etwas, was Sie mir erzählen möchten, Miss Lane. Etwas, das vielleicht ein wenig  ⦠ungewöhnlich klingen mag?«
In diesem Moment erkannte ich es in seinen Augen. Etwas war kürzlich mit dem Inspector geschehen, etwas, was sein Weltbild verändert hatte. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was die pragmatischen Ansichten dieses hartgesottenen, überarbeiteten, nüchternen Detectives erschüttert hatte, aber auch er dachte jetzt um die Ecke.
Ich brauchte ihn wieder in seinen geordneten Bahnen, und zwar sofort. Es war zu gefährlich, in dieser Stadt auf Abwegen zu wandeln.
Ich überlegte fieberhaft. Es gab nicht viel, womit ich operieren konnte. »Inspector«, sagte ich mit meiner süÃesten, schmeichlerischsten Georgia-Aussprache â eine Art verbaler Honig, der das UngenieÃbare, was folgen würde, erträglich
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