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Im Reich des Wolfes

Im Reich des Wolfes

Titel: Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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weich an den richtigen Stellen?«
    Seine Kehle war trocken, und er merkte, daß sie ihm sehr nahe gekommen war. Er stand auf und schob sie auf Armeslänge von sich. »Warum quälst du mich, Herrin? Du weißt, daß ich dir nicht geben kann, was du willst!«
    »Würdest du denn, wenn du könntest?«
    »Ja«, gestand er.
    »Wir haben unsere eigenen Priester«, sagte sie. »Kesa Khan ist einer. Auch er enthält sich der Liebe, aber es ist seine Wahl. Er verdammt sie nicht als falsch. Glaubst du, daß die Götter uns geschaffen haben?«
    »Die QUELLE, ja.«
    »Und haben sie ... hat die QUELLE, wenn du so willst... nicht Männer und Frauen geschaffen, daß sie einander begehren?«
    »Ich weiß, wohin das führt, aber laß mich eins sagen: Es gibt viele Möglichkeiten, der QUELLE zu dienen. Einige Männer heiraten und zeugen Kinder. Andere wählen andere Wege. Was du über das Fleisch gesagt hast, war vollkommen richtig. Aber wenn die Wünsche des Fleisches unterjocht werden, wird der Geist stärker. In meiner Geist-Form kann ich durch die Luft fliegen. Ich kann Gedanken lesen. Ich kann die Kranken heilen, Krebsgeschwüre entfernen. Verstehst du? Ich kann diese Dinge tun, weil die QUELLE mich gesegnet hat. Und weil ich irdischen Freuden entsage.«
    »Hast du je eine Frau gehabt?« entgegnete sie.
    »Nein.«
    »Wie steht deine QUELLE zum Töten?«
    Er lächelte reumütig. »Ihre Priester sind verpflichtet, alle Lebewesen zu lieben und keinem etwas zuleide zu tun.«
    »Also hast du dich entschieden, eines ihrer Gebote zu brechen?«
    »Ich glaube schon.«
    »Ist Liebe eine größere Sünde als Töten?«
    »Gewiß nicht.«
    »Und du hast noch immer deine Gaben?«
    »Ja.«
    »Denk darüber nach, Ekodas«, sagte sie mit einem süßen Lächeln. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zurück in den Saal.
    Der Tod von Belash und Anshi Chen schuf eine Leere in der Führerschaft der Nadir, und die Stimmung in der Festung war gedrückt. Die Nadir führten ihre Kriege zu Pferde auf der offenen Steppe, und trotz der vergänglichen Sicherheit, die die windschiefe Zitadelle bot, fühlten sie sich unbehaglich, wenn sie die gewundenen Wehrgänge von Kar-Barzac bemannten.
    Sie betrachteten die silbernen Ritter mit Unruhe und sprachen selten mit Senta oder Miriel. Mit Angel war es anders. Seine offenkundigen Feindseligkeiten ihnen gegenüber machten ihn zu einer Kraft, die sie verstehen und mit der sie umgehen konnten. Keine geringschätzigen Kommentare, keine Herablassung. Gegenseitige Abneigung und Respekt waren die beiden Gemeinsamkeiten, die es den verbliebenen Kriegern erlaubten, einen Bund mit dem ehemaligen Gladiator einzugehen.
    Er organisierte sie in Verteidigungsgruppen entlang der Hauptmauer und befahl ihnen, Steine und zerbrochene Mauerstücke zu sammeln, die man auf den anrückenden Feind hinabschleudern konnte. Er wählte Führer, erteilte Befehle und hob ihre Stimmung mit beiläufigen Beleidigungen und rauhem Humor. Und seine offene Verachtung für die Gothirsoldaten half den Stammeskriegern, ihre eigene Angst zu überwinden.
    Als die Sonne am dritten Tag der Belagerung aufging, scharte Arigel eine kleine Gruppe von Offizieren um sich und kauerte sich auf den Wehranlagen zwischen sie. »Also, keiner von euch Hungerleidern hat jemals eine Belagerung erlebt. Deswegen werde ich euch jetzt klarmachen, was das bedeutet. Der Feind wird Baumstämme als Steigleitern heranschleppen und sie gegen die Mauern lehnen. Dann werden sie über die Aststümpfe hochklettern. Macht nicht den Fehler und versucht, die Leitern von der Mauer wegzudrücken. Das Gewicht von Männern in Rüstung und dem Holz macht das unmöglich. Schiebst sie nach links oder rechts. Benutzt dafür das stumpfe Ende eurer Speere oder schlingt Seile um die Spitzen der Stämme. Bringt sie aus dem Gleichgewicht. Wir haben ungefähr dreihundert Mann, um diese Mauern zu verteidigen, aber wir brauchen eine Reservetruppe, die in jede Bresche springt, die in unsere Reihen geschlagen wird. Du, Subai!« sagte er und deutete auf einen kleinen, breitschultrigen Stammeskrieger mit einer gezackten Narbe auf der rechten Wange. »Such dir vierzig Mann und haltet euch vom Kampf fern. Wartet im Hof und beobachtet die Wehranlagen. Wenn unsere Verteidigungslinie an einer Stelle durchbrochen wird, eilt ihr zur Verstärkung.«
    »Es wird geschehen, wie du befiehlst«, erwiderte der Stammeskrieger.
    »Sorge dafür, oder ich reiße dir den Arm aus und schlage dich mit dem nassen Ende tot.«

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