Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
über den Vorsprung zum Deck. Sie suchte Darius, den sie nicht fand. Mit drei Schritten stand sie auf dem Deck und lief zur Reling. Sie starrte in die Höhle hinab. Sie war wie leergefegt. Die Behausungen waren verlassen, sie sah keine der Kreaturen, an denen sie sich kürzlich vorbei gestohlen hatten.
Warum – bei den Göttern – wussten weder Murgon noch seine Schwester etwas von diesem Schiff? Schließlich war dies ein wichtiger Ort, oder etwa nicht?
Wie so oft überschlugen sich ihre Gedankengänge. Sie versuchte, Lösungen zu finden, suchte nach der Logik hinter den Fragen.
Sie legte den Kopf in den Nacken.
Die schwarzen zerfetzten Segel hingen schlaff herab.
Wie kam das Schiff in diese Höhle?
Selbst, wenn man davon ausging, dass sich das Wasser zurückgezogen hatte, musste irgendwer es in diese Höhle gebracht haben. Wie lange war das her? Warum befand sich das Schiff, abgesehen von den Segeln, die in einem Sturm zerrissen sein mochten, in einem so guten Zustand? Warum hatten sie und Darius ausreichend Proviant gefunden, als habe man auf sie gewartet?
Nichts passte zueinander und Bluma fragte sich, ob sie sich überschätzte?
War dies der Beginn des Wahnsinns? Hatten Furcht und Schmerz dazu geführt, dass sich ihr Verstand verwirrte?
Erwachte sie gleich im Kerker, während der Sanfte Jack sich über sie beugte und ihr Schmerzen zufügte?
Trotzig stampfte sie auf. Nein, sie war hier und sie träumte nicht. Das hier war real. Wo – bei den Göttern – war Darius?
Obwohl nichts von einem Gegner zu hören war, obwohl nichts die Ruhe störte, huschte sie lautlos über das Deck. Und fand Darius, der am Steuerrad stand wie ein Pirat.
Durch das Schiff drang ein Zittern. Holz knirschte und Bluma folgte ihrem Reflex. Sie ließ sich fallen, um nicht entdeckt zu werden. Ihr Gegner musste gigantisch sein, wenn er das Schiff bewegen konnte. Als würde es von Riesenhänden durchgeschüttelt. »Darius!«, schrie sie erschüttert. »Wir müssen uns wehren!« Sie riss das Messer von der Hüfte.
Darius stand regungslos am Steuerrad und starrte über den Kajütenaufbau hoch zu den Segeln.
»DARIUS!«, kreischte Bluma.
Für Augenblicke schien es ihr, als verzerre das Schiff, Bilder überlagerten sich, als hätte sie Wasser in die Augen bekommen. Es schien zu atmen, pumpte und zog sich zusammen. Die Planken unter ihr hoben und senkten sich, ein grausiges Kreischen erschütterte die Höhle.
»Darius, wir sind in Gefahr!« Sie kroch vorwärts und versuchte, auf die Beine zu kommen. Das Schiff schwankte und fast wäre sie gestürzt. Es war unglaublich. Der Rumpf neigte sich zur Seite, verharrte und schaukelte wieder zurück. Wer spielte mit dem Schiff? Wer hatte so viel Kraft, um sie vom Deck zu schütteln wie eine Frucht vom Baum?
Und warum starrte Darius zu den Segeln hoch, als gäbe es nichts Wichtigeres für ihn?
ES GIBT NICHTS WICHTIGERES FÜR IHN!
Und sie begriff, dass der Dämonenmann in seiner eigenen Welt ruhte. Worauf wartete er? Was sah er?
Bama lief zu ihm und schüttelte seine Schultern. Er hatte sich, bevor sie gegessen hatten, eine dunkelblaue Jacke angezogen, die er eine Kabine weiter gefunden hatte. Sie war ihm etwas zu klein und betonte seine athletische Gestalt. »Wache auf, Darius! Ich weiß nicht, was hier geschieht, doch ich bin mir sicher, das ist nicht gut. Wir sind in Gefahr. Wache auf!«
Sein Kopf ruckte zu ihr hin, seine Augen waren trübe und milchig. Es waren die Augen eines Toten!
Bluma presste die Hände vor den Mund, taumelte zurück und prallte gegen eine Kiste.
»Warte ab, kleine Freundin ...«, sagte Darius. Seine Stimme klang warm und lebendig.
Bluma verließ die Kraft. Sie plumpste auf die Kiste und steckte vorsichtig das Fleischermesser unter ihren Gürtel. Sie waren verloren. Was hier geschah, war unheimlich und entzog sich ihrer Auffassungsgabe.
Sie schloss ihre Augen und überließ sich dem Schicksal.
Bluma gab auf.
Dogdan der Unselige war begeistert. Er wusste nicht, was Begeisterung war, doch es war eindeutig ein guuuutes Gefühl.
Endlich hatte er seine Beute gefunden und niemand und nichts würde ihnen helfen.
Um diese Wesen, die sein Vater und Herr Drachen genannt hatte, würde der Lord sich kümmern. Er, Dogdan, hatte einen Auftrag und den gedachte er zu erfüllen.
Nachdem er sich an diesem hageren Halbdämon, den sie Jack nannten, gütlich getan hatte, war er einem Heilzauber unterzogen worden. Dieser hatte die schlimmsten Verbrennungen geheilt,
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