Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Keule. Am liebsten hätte er sie hochgerissen und wäre brüllend zur Bergkette gelaufen. »Es ist ihnen gelungen. Die Sumpfer kehren um.«
Talus klapperte vor Wut mit den Zähnen. »Sie haben für uns ihr Leben riskiert.«
Ron bebte. Schon der Gedanke an die Heldentat dieser Winzlinge brachte ihn derart auf, dass er um Haaresbreite seine Deckung aufgegeben hätte. In ihm tobte der Zorn der Riesen, so wie in fast allen anderen, die sich bei ihren Herdfeuern oder in den Felsen versteckt hielten. Bisher hatte jeder seinen Zorn bezwungen, niemand hatte dem Blutdurst nachgegeben. Wie lange noch?
»Er hat mir bis heute nicht gesagt, wie er die Drachen gefunden hat und von euch habe ich noch nicht erfahren, wie die Dichter in dieses Tal kamen. So viele Fragen.«
Als Jamus heute Morgen seinen Plan vorgetragen hatte, hatten alle gelacht. Der rothaarige Mann hatte seelenruhig erklärt: »Ihr ganzes Denken ist darauf ausgelegt, dass ihr hilflos seid. Eine Wahrnehmung, die sich fünfhundert Jahre lang in ihre Köpfe gefressen hat. Das ist ihre Wahrnehmung. Was, wenn sich die Situation geändert hat? Wenn sie verunsichert werden? Ich habe in den Schänken von Dandoria etliche starke Männer erlebt, die zusammen brachen, wenn ihr Gegner aufhörte, sich zu fürchten.«
»Wir sind keine Menschen, sondern Riesen!«, hatte Okor gemurrt.
»Ihr tickt nicht anders als wir.« Jamus tippte sich an die Stirn.
»Und wenn sie dir nicht glauben?«, fragte Ron.
»Ich werde sie auffordern, euch alle zu töten!«
Ron fuhr hoch. »Warum?«
Jamus grinste. »Damit sie uns vertrauen.«
Dann waren die beiden Männer aufgebrochen. Ron erinnerte sich seines schlechten Gewissens. Er war der wiedergeborene Anführer der Steinriesen. Wie konnte er sich auf die List zweier so kleiner Wesen verlassen? Da spürte er, dass er keine Eitelkeit kannte. Mit Jamus und Egg war nicht zu diskutieren gewesen. Sie hatten sich etwas in den Kopf gesetzt, dass sie auszuführen gedachten. Dafür bewunderte Ron sie, obwohl er sich für die Männer ängstigte.
Dennoch hatten die Riesen getrunken.
Einer nach dem anderen.
Die Kinder wurden in die Berge geschickt und man versteckte sich. Im Osten stellte man drei Baumstämme, die man mit Leder umwickelte, an eine Felswand. Jamus meinte, das sei wichtig. Es dauerte eine Weile, dann war auch Triomos verschwunden. Er lag auf dem Grund eines Sees, was er eine lange Weile konnte, denn seine Lunge war groß und stark. Sein Rücken ragte aus dem Wasser wie eine Insel.
Nun war es vorerst vorbei.
Jamus und Egg ritten auf der Schulter eines dunklen Riesen mit gerollten Hörnern. Was, wenn ihnen etwas zustieß? Ron zuckte wie im Fieber. Talus neben ihm ging es nicht anders. Vor Rons Augen verfärbte sich die Welt. Rote Streifen wischten über das Tal, sein Schädel pochte und seine Lippen wurden taub. Er hatte das Gefühl, seine Zähne verlängerten sich, während er von Kampf und Gewalt träumte. Lange würde er sich nicht mehr beherrschen können. Doch noch waren die Sumpfer nicht über die Bergkette verschwunden. Immer wieder verhielten sie, beobachteten lauernd das Tal, dann gingen sie weiter.
Ron heulte leise auf.
Von anderer Stelle ertönten ähnliche Laute.
Alsdann war es soweit. Kaum jemand konnte seinen Zorn bezwingen, sie sprangen in das Tal, schlugen mit den Keulen in Stein und Sand und brüllten dabei wie wilde Tiere. Aus den Augenwinkeln sah Ron, dass die Sumpfer noch einmal stehenblieben und das seltsame Schauspiel beobachteten. Flink wie Gämse verschwanden sie.
Ron donnerte seine Keule gegen einen Fels und brüllte ihnen nach.
Die Steinriesen gebärdeten sich wie Verrückte und Ron schämte sich für jede seiner Ausbrüche. Doch er konnte sie nicht verhindern. Der Zorn war ihnen so fremd, dass er sie wie eine Urgewalt übermannte. Zwei Ebenen rangen miteinander. Auf der greifbaren Ebene erkannte Ron dankbar, dass sich niemand von ihnen gegeneinander wandte, in der roten pulsierenden Welt dröhnten seine Sinne wie Fanfaren.
Einzelne Weiber weinten und versuchten, sich zu kontrollieren, indem sie sich hinhockten und den Kopf auf die Knie legten.
Ron verstand das, denn es ging ihm nicht anders. Was er tat, wollte er nicht. Dennoch hämmerte seine Keule wieder und wieder in den Stein, bis das Holz brach und er sich die Hand verletzte. Talus baute sich vor ihm auf und im ersten Moment dachte Ron, er müsse sich wehren. Dann sah er das Gesicht seines Freundes. Verzweifelt hechelnd, Tränen in den
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