Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
diesen Grundsatz in Unordnung brachte.«
Einige starrten ihn an, als habe er in einer fremden Sprache erklärt. Bluma wisperte entschuldigend: »Er war Advokat.«
»Bei uns sterben die Männer«, sagte Lysa.
»Drachen haben viele von uns getötet«, sagte Frethmar.
»Und unsere Insel zerstört«, sagte Bluma. »Und meinen Bruder getötet.« Sie seufzte und fing an zu schluchzen. Als sich jedermann anschickte, sie zu trösten, winkte sie ab. »Es geht schon, keine Sorge. Es geht schon.«
»Und das wird nicht alles sein«, fügte Darius hinzu, als sei ihm klar, dass Bluma ihren Kummer sehr gut alleine bewältigen würde. »Wir stehen vor einer Zeit der Veränderung. Der Herr der Unterwelt schmiedet finstere Pläne. Doch nicht nur er, auch anderswo sind Veränderungen im Gange.«
»Ich frage mich, woher du das alles weißt?«, fragte Connor.
»Wie ich hörte, hast du deine Erinnerungen verloren?«
Connor nickte.
»So ähnlich geht es mir. Ich weiß vieles, und das meiste aus Visionen, in denen ich als Dämon durch Mythenland gehe und sehe. Ich bin dann in der Lage, durch die Zeiten zu springen, die Zukunft und die Vergangenheit gleichzeitig zu sehen. Eine Gabe, auf die ich gerne verzichten würde, weil sie mich auch Dinge sehen lässt, die schrecklich sind.«
»Ein Dämonenbann«, sagte Connor. »Jemand hat dich verbannt!«
Darius schien nicht überrascht. »Ja, so wird es sein. Eines scheint mir jedoch klar zu sein. Wir alle hier sind so etwas wie das Zünglein an der Waage.«
Lysa lachte rau. »Unsinn!«
Bluma trocknete ihre Tränen und hörte aufmerksam zu.
Bob, der seine Tochter ansah, brach fast das Herz.
»Wirklich?«, fragte Darius, unverändert höflich. »Seht uns an, Kapitän. Eine zur See fahrende Amazone mit ihrer Mannschaft. Gab es so etwas schon einmal? Nein! Eine Barbfamilie mit einer Tochter, die magische Kräfte besitzt. Ziemlich ungewöhnlich! Ein Barbar, der so vollkommen anders ist, wie man sich Barbaren vorstellt. Ein Zwerg, der nach seiner Bestimmung sucht und – wer weiß – vielleicht auch noch einiges zu offenbaren hat. Und ich, der sich jederzeit in eine abscheuliche, durch die Zeit blickende Gestalt verwandeln kann, vor der es Euch graust. Wenn ich davon ausgehe, dass wir die Summe vieler Teile darstellen, ergeben wir zusammen etwas, dass viel wichtiger ist, als es scheint.«
Das schien Lysa zu überzeugen, denn sie füllt ihren Wasserbecher nach, ohne zu widersprechen.
Darius lächelte. »Habt ihr den Mahlstrom passiert?«
Lysa ruckte hoch. »Woher wisst Ihr das?«
»Seid Ihr einem Torwächter begegnet?«
»Ja«, hauchte Lysa.
»Die Wahrscheinlichkeit, einem Torwächter zu begegnen, liegt bei Null. Dies geschieht nur dann, wenn in Unterwelt etwas geschieht, dass außerhalb deren Gesetzmäßigkeiten liegt – so etwas, wie unsere Flucht.«
»Das sagte ich auch. Normalerweise sieht man den Mahlstrom nicht«, gab Lysa zurück und sah Bob an, der sie für ihre Schiffsroute geschmäht hatte.
»Und Ihr hattet Recht, Kapitän. Ein Torwächter ist ein monströses Wesen, doch kaum ein Lebender wird es erblicken.«
»Das kann man wohl sagen«, knurrte Frethmar. »Er hat meinen Dämonenbrecher zu spüren bekommen!« Er liebkoste die im Lederfutteral steckende Axt.
»Wenn so etwas geschieht, verwirbelt die Zeit. Da wir zeitgleich mit unserem Schiff aus Unterwelt kamen, sind wir uns begegnet. Da uns jedoch die Schwingung von Unterwelt anhaftete, waren wir immun gegen den Zeitwirbel, wohingegen er euch erfasste. Ihr wurdet in eine Zeit geschleudert, die weit in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegt. Als sich die Schwingung des Torwächters auflöste, kamt ihr zurück. Da die Zeit nicht parallel läuft, waren es für euch zwei Tage und für uns ein paar Minuten.«
»Ich verlor zwei gute Freundinnen in der anderen Zeit«, seufzte Lysa.
»Das macht es so schrecklich. Auch dort sind wir angreifbar.«
Bob sagte: »Es gab Wesen, die uns angriffen und durch uns hindurch flogen.«
Darius tippte mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. »Das war vermutlich ein Bereich, in dem sich einige Verschiebungen ergaben. Die Wesen waren nicht wirklich bei euch, sondern – wie hinter einem Vorhang - in einer anderen Epoche.«
»Das ist vollkommen verrückt«, murmelte Connor.
»Wie immer, wenn man es mit der Zeit zu tun kriegt. Einige Blinde Magister meinen, in ihr liege eine innere Logik, andere sagen, sie täte, was sie will. Vermutlich wird irgendwann ein kluger Mann kommen, der
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