Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Wer möchte, kann ihn fragen!«
Zwei Männer griffen sich den Knienden und zerrten ihn zum Marktbrunnen, der von einer feinen Statue geziert wurde. Wie von Geisterhand waren Seile vorhanden. Man zurrte Balger fest, der nun auf dem Hinterteil saß, die Arme hinter dem Rücken, die Beine angezogen und voller Schrecken zu seinen Peinigern aufsah.
»Fragen wir ihn!«, wetterte die Rotnase. Bevor jemand eine Frage stellen konnte, landete sein Fuß in Balgers Seite. Der Inquister keuchte gequält, verdrehte die Augen und seine Beine zuckten.
Verhalte dich richtig und überlege, was du tust. Sonst werden sie dich töten!
»Dann sollen sie mich töten«, murmelte Balger. »Dann bin ich dich endlich los.«
Niemals!
»Wie kann ich dich loswerden?« Balger schrie auf, als ihn eine ungeheure Ohrfeige traf. Sein Kopf ruckte zur Seite und in seinem Nacken knackte es gefährlich.
Du bist einer von Zwanzig!
Inzwischen hatte sich eine Menschenmenge versammelt. Sie surrte und wisperte, frohlockte und raunte. Balger hatte das Gefühl, von einem Schwarm tödlicher Hornissen umgeben zu sein. Er zweifelte nicht daran, dass sie ihn umbringen würden. Ihr Hass auf ihn war übermächtig. Er hatte es verdient. Er konnte die Gründe für sein Gefühl nicht resümieren, das war zu kompliziert, aber er wusste es.
Doch mit dem Wissen wuchs der Zweifel. War dies hier gerecht?
War er je gerecht gewesen?
Wissen besteht in einer klaren Erkenntnis und diese entzog sich ihm. Er war Loouis Balger, der Inquister und niemand, wirklich niemand hatte das Recht, ihn so zu behandeln. Er würde sich rächen. Er würde es ihnen heimzahlen. Sie waren Hunde, die ihn bissen und würde er nicht zurück beißen, würde man sagen, er habe keine Zähne.
Du hast keine Zähne!
Ja, er musste seinen Rachegedanken bezähmen. Er musste seine Rache jemanden überlassen, der sie besser umsetzen konnte. Und da gab es nur einen Menschen. Lady Grisolde, die er zur Königin machen wollte.
Das dachte er und dann waren seine Überlegungen nicht mehr als Straub und Hitze. Er jaulte vor Schmerzen, als ihn ein neuerlicher Tritt traf. Stimmen huschten an ihm vorbei, fette Sätze, die er zu ertasten versuchte. Er wollte so gerne seine Hände schützend vor sein Gesicht halten, doch diese waren festgezurrt. Er drehte es weg, um es zu schützen, aber jemand riss ihn am Kinn und drückte seinen Hinterkopf gegen die Statue. Welche Statue war das? Welchen Gott stellte sie dar? Warum wusste er das nicht?
»Was hast du mit dem Gold gemacht?«
»Warum hast du Kroldrin hängen lassen?«
»Was hat dir mein Sohn getan?«
»Mistkerl, du wirst Schmerzen erleiden!«
»Du hast mir meine Eltern genommen. Ich hasse dich!«
»Frisst sich fett und besitzt die Frechheit zu betteln!«
So drangen die Stimmen an sein Ohr. Satzfragmente. Aufgestauter Hass. Gerechter Zorn.
Balger öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ein Handrücken traf seine Lippen, die aufplatzten. Er schmeckte bleiernes Blut. Dennoch versuchte er es erneut. »Ich – ich – bin einer – von – Zwanzig …«
»Du bist ein Verbrecher, Balger!«
»Du bist eine düstere Kreatur, die man schlachten muss.«
»Du bist skrupellos und korrupt!«
»Du bist es nicht wert, in unseren Gassen zu sein!«
»Wir müssen dich töten, um unsere Seelen zu reinigen!«
Balger krächzte: »Warum? Warum erst jetzt?«
Ein Gesicht beugte sich zu ihm herunter. Stinkender Atem hauchte ihm entgegen und ein deutlicher Satz. »Weil wir gestern zu viel zu tun hatten, um die Verwüstungen wegzuräumen, die der Riese hinterließ. Wer kümmert sich da schon um einen Balger. Aber jetzt haben wir Zeit, mein Lieber. Jetzt haben wir den Kopf frei. Und nun tun wir, was getan werden muss.«
Balger nickte ergeben. Er begriff. Man hatte ihn gestern akzeptiert und heute war es nicht mehr so. Er ergab sich in sein Schicksal. Der Skarabäus schwieg und das war ihm recht. Er wollte die Kreatur, die seinen Verstand übernommen hatte, nie wieder hören.
Das ist deine Chance!
»Nein, nein, ich will dich nicht!«, kreischte Balger und zerrte an seinen Fesseln. Die Dandorier sprangen zurück, als befürchteten sie, er könne sie angreifen. Er sank zusammen und sein Kinn auf die Brust. »Ich will dich nicht…«
Ein Weib schrie: »Er ist verrückt. Er weiß nicht, was wir mit ihm tun. Wo bleibt der Genuss, wenn er selbst es nicht spürt?«
»Unsinn! Schmerz ist Schmerz«, fuhr ein lauter Halbling dazwischen.
»Er ist ein Dämon!«
»Er soll
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