Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
belauerte Katraana.
Die Kriegerelfe hielt inne. Sie verfügte über ein gewisses Maß magischer Kräfte und überlegte, ob die Kreatur sie angreifen würde. Sie wollte kein Risiko eingehen und schleuderte der Kreatur einen Zauber entgegen. Es war nur eine leichte Handbewegung. Aus ihrer Handfläche huschte ein weißblauer Ball und traf die Kreatur, welche mit einem Schrei auseinander platzte.
Katraana hob schützend ihre Hände vors Gesicht, um nicht von umher fliegenden Fetzen getroffen zu werden.
Oft konnte sie das nicht tun, denn jeder Einsatz von Magie schwächte sie. Es dauerte stets eine Weile, bis ihr mentales Energielevel wieder aufgefüllt war.
Katraana machte, dass sie davon kam.
Wildes Schnattern ertönte hinter ihr und sie blickte sich um. Verwachsene Wesen drohten mit geballten Fäusten, aber keines griff sie an.
Gut so! So sparte sie ihre Kraft für den Lord der Unterwelt. Ein Gefühl erhabener Macht durchzog sie und ihre Haare stellten sich auf und knisterten. Dieser Ort schien ihre Kräfte zu vermehren, ihren Mut zu steigern, ihren Zorn zu intensivieren. Sie war gegen die Schwingungen des Dunklen nicht gefeit. Sie fachten ihren Rachedurst an.
Sie machte eine Pause und kauerte sich hinter einen Felsen.
Wenn sie sich richtig einschätzte, wurde sie stärker. Eine angenehme Empfindung, die ihre Muskeln zum zittern brachte und ihre Nervenenden lodern ließ. War dies das Phänomen, dem Murgon, der einst ein feingeistiger Elf gewesen war, verfallen war? War dies der Reiz der anderen Seite?
Macht!
Noch nie hatte sie eine derartige Ballung von Macht erlebt. Es war, als bringe Unterwelt Verborgenes zutage. Das, was in ihr ruhte und nur darauf wartete, geweckt zu werden.
Musste man über einen speziellen Charakter verfügen, um die Lockungen zu erspüren oder war es ausschließlich Elfen vergönnt, diese erhebenden Gefühle zu erleben? War Unterwelt ein Elfenort? Waren die Wächter, von denen man nur furchtsam flüsterte, Elfen gewesen? Elfen, die der Dunkelheit anheim gefallen waren? Waren sie die Urväter des Bösen?
Bei den Göttern, wenn sich das herausstellte, würde man die Geschichte der Elfen neu schreiben müssen. Suchte auch Murgon nach dieser Antwort? Hätte sie an seiner Stelle das Artefakt abgegeben, ohne sich weiterhin darum zu kümmern? Hätte sie das gekonnt? Oder hätte auch sie den Weg des Lords beschritten? War sie von falschen Voraussetzungen ausgegangen? Wer konnte sie die Wahrheit lehren, der nie hier gewesen war, der diese Macht nie erlebt hatte?
Sie war ihnen dort oben, im Land der Mythen, überlegen. Sie sah mehr, roch und hörte mehr. Nur ein Schnipp ihres Fingers genügte, um Explosionen zu entfachen. Ihre mentale Kraft baute sich blitzschnell auf.
Sie erhob sich und ihr Blick beschrieb einen Halbkreis. War da noch irgendwer, der sich mit ihr anlegen wollte? Sie wartete und bebte wie ihr Schimmel Sternläufer vor einem langen Ritt.
Rumms!
Lord Murgon schlug mit der Hand auf den Tisch. »Verdammt, sie ist meine Tochter! Was stellt sich der Große Rat vor? Dass ich sie töte?«
Gwenael lächelte und blickte von ihren Karten auf. »Das ist das perfide daran, lieber Bruder. Sie wissen, dass du es dir zweimal überlegen wirst.«
Sie betrachte ihren Bruder. Einst war er ein sanfter Elf gewesen, der in die Schule der Poeten ging, weil sein Lehrer Toliréen es für richtig hielt. Er schrieb Gedichte und spielte die Schalmei, wobei sein ätherisches Gesicht hell strahlte. Er betete und sprach mit den Bäumen. Die Gefiederten liebten ihn und setzten sich auf seine Schultern, während sie ihre eigene Melodie in seine Ohren zwitscherten. Man hatte ihm alles genommen, allen voran sein eigener Vater, der Elfenlord und Herrschers über Haus Ranéwén und Tal Solituúde. Nur, weil er als Junge den Holzkasten, das Artefakt der Wächter, gefunden hatte. Feiniels Vater hielt dies nicht für einen Zufall, sondern für eine Fügung. Er hatte von seinem Sohn geträumt, hatte ihn bis zu den Knöcheln durch Blut watend auf Schlachtfeldern gesehen.
Viele kluge Elfen sahen in ihrer Existenz einen Dualismus zwischen Dunkel und Hell, Gut und Böse. Diese Ansichten mochten daher kommen, da es immer wieder Abspaltungen gegeben hatte, sogenannte Dunkelelfen, die sich der Düsternis verschrieben.
Nachtalbe!
Gebieter der schwarzen Magie!
So etwas war bekannt. Und hatte sich lange nicht mehr zugetragen. Dennoch wurden unzählige Elfen von einer tief sitzenden Angst beherrscht, dies könne
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