Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
der Nacht genossen, denn dieser kühlte seine vom Sonnenbrand geschundene Haut. Er hatte sich die Regentropfen über seine zerrissenen Lippen laufen lassen und war froh gewesen, dass es sich um einen warmen Regen handelte.
Seine erste Begegnung mit diesen Wesen hätte nicht bizarrer sein können. Zuerst hatte er angenommen, diese stämmigen Winzlinge würden sich auf ihn stürzen, denn einige von ihnen liefen, Stöcke schwingend, auf ihn zu. Aber einer von ihnen, der sich Bob nannte und offensichtlich der Häuptling war, hatte sich vehement dagegen ausgesprochen und so war wieder Ruhe eingekehrt.
Connor registrierte sofort, dass diese Kleinen, die sich Barbs nannten – irgendwie kam ihm der Name bekannt vor! – einen grauenvollen Tag hinter sich hatten. Die Drachen hatten verheerend gewütet und das Dorf dem Erdboden gleichgemacht. Überall staken rußige, schmierige Hölzer in die Höhe, mitten auf dem Dorfplatz lag der Kadaver eines Drachen, der zu stinken anfing.
Viele Barbs weinten, überall lagen Leichen herum.
Die Barbs verständigten sich mit ihm in der Hohen Sprache, was ein Glück war. So konnte Connor erklären, woher er kam. Die meisten hörten nicht zu oder glaubten ihm nicht, alle waren verwirrt und durcheinander, also banden sie ihn fest, später schien es so, als hätten sie ihn vergessen. Jeder hatte genug damit zu tun, seine Trauer zu verarbeiten und sogar Bob, der Häuptling, ließ sich nicht mehr blicken.
Die Sonne ging auf, und die Barbs krochen aus den Überresten ihrer Behausungen, aus Felsnischen und Büschen. Bob kam eine Steintreppe herab geschritten und endlich konnte Connor den Barb, von dem er wusste, dass er der Häuptling war, in seiner ganzen Pracht bestaunen.
Dieser Barb war nicht größer als vier Fuß. Seine Arme waren massig, sein Körper genauso. Sein Kopf war rund wie eine Melone, buschige Haare umrahmten ein freundliches Gesicht, in dem kleine Äuglein über einer runden Nase funkelten. Bob war ganz in Leder gekleidet und trug keinen Schmuck. Alles in allem wirkte er so kräftig, als könne er sein eigenes Gewicht mit Leichtigkeit tragen. Seine Frau, die ihm folgte, hatte eine ähnliche Ausstrahlung, abgesehen von den weich geschwungenen Lippen und den ausladenden Brüsten.
»Connor?«, fragte Bob.
»Ja, so heiße ich.«
»Wir werden dich jetzt losbinden. Verzeih, dass wir dich im Regen sitzen ließen, aber dein Erscheinen in unserem Dorf hat uns gestern überfordert.«
Der Barb sprach mit einem leichten Akzent, beherrschte die Hohe Sprache ansonsten perfekt.
»Ich habe Schlimmeres überstanden ...«, schmunzelte Connor und erinnerte sich an den Piratenüberfall und seine anschließende Vision.
Bob und zwei andere Barbs lösten die Seile, was nicht einfach war, da sie nass geworden waren. Connor reckte sich und rieb seine Handgelenke. Der Häuptling schielte verlegen zu Boden.
»Ich bin sehr hungrig. Wäre es zu viel verlangt ...?«, fragte Connor und die Barbfrau schüttelte vehement den Kopf.
Connor wies auf den Drachenkadaver. »Ist das euer Werk?«
Bob nickte. »Ja. Aber es waren zwei andere dabei. Einer von ihnen entführte meine Tochter. Mein kleiner Sohn starb bei dem Überfall.«
Bob sprach mit wenigen harten Worten, in denen Bitterkeit mitschwang.
Connor richtete sich auf und bog sein Kreuz gerade. Er legte dem Häuptling seine Hand auf die Schulter. Der Barb zuckte zusammen. Connor sagte: »Ich bin nicht euer Feind. Ich verstehe, dass ihr euch gestern vor mich gefürchtet habt. Ihr habt viel erlitten. Aber nun werde ich helfen, wo ich kann.«
»Woher kommst du?«, fragte Bobs Frau.
»Das weiß ich nicht.« Connor grinste schief. »Ich habe meine Erinnerungen verloren.«
»Verloren?«, hakte Bob nach.
»Ja, so ist es.« Connor schüttelte seine blonden Haare. »Das habe ich gestern alles erklärt, aber niemand wollte mir zuhören. Ich war viel zu geschwächt, um mich deutlich zu machen.«
»Geht es dir inzwischen etwas besser?«, fragte die Barb.
»Etwas besser«, stimmte Connor zu. »Ja. Aber noch nicht gut. Er blickte an sich hinab und ließ seine Muskeln tanzen. Sein Oberkörper war nackt, um die Hüften trug er eine zerfetzte Leinenhose, die Schuhe hatte er im Meer gelassen, da sie sich mit Wasser gefüllt hatten. Er bog seine Zehen hoch, da die Steinchen in seine Sohle drückten. Bob, der dies sah, sagte. »Wir haben einen guten Schuster, der dir neue Schuhe anpassen wird, falls er in diesem Chaos sein Werkzeug wiederfindet. Aber zuvor
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