Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Drachen, an der er das Messer ansetzen konnte. Einen Drachen zu häuten war eine Kunst, da die Haut im normalen Zustand hart und fest war. Connor fragte sich, woher er das wusste. Seine Finger arbeiteten fast routiniert.
Es war ein blutiges Werk, ging aber reibungslos. Die Barbs halfen, so gut sie konnten, aber die Hauptarbeit lag bei Connor. Er schuftete und tat sein Bestes. Nicht wenige nickten sich anerkennend zu.
Und diesen Mann hatten sie gefesselt und die ganze Nacht im Regen sitzen lassen?
Endlich war das Werk vollbracht und sie bugsierten den fleischigen Kadaver, über dem Fliegenwolken schwirrten, in die Grube.
Sie waren blutverschmiert und sahen aus, wie man sich wilde Kreaturen aus Unterwelt vorstellte. Deshalb sprangen sie, bevor sie weiter arbeiteten, ins Meerwasser – selbstverständlich nicht zu tief - und reinigten sich.
Die Sonne stand brennend direkt über ihnen, als sie begannen, Sand auf den Drachen zu werfen. Dies war nicht mehr so anstrengend, außerdem verschwand der Feind blitzschnell, was für allgemeine Erleichterung sorgte.
Boggus und ein paar andere Barbs verscharrten die dünne und schuppige Drachenhaut im warmen Sand, damit sie sich der lästigen Fliegen entledigen konnten, was zur allgemeinen Erleichterung gelang. Man würde sich später darum kümmern.
Barbfrauen brachten Krüge mit Quellwasser herbei.
Manche von ihnen musterten Connor aus den Augenwinkeln und gingen mit geröteten Wangen an ihm vorbei. Bama stellte einen Tonkrug vor ihm hin.
»Du musst trinken. Dein Körper ist noch ausgetrocknet, wie man an deinen Lippen und an deiner Haut sieht. Viel trinken!«
Connor nickte und gehorchte. Sein Oberkörper glänzt schweißig und aus dem Sonnenbrand wurde braune Haut.
Als habe er sich mit seiner Schufterei eine Eintrittskarte in die Herzen der Inselbewohner erworben, nickten einige Barbs Connor aufmunternd zu.
»Wer es mit unserer Kraft aufnimmt, wer am Seil arbeitet, wie du es getan hast, verdient Bewunderung«, erklärte Bob. Dann erzählte er von den Wareiken, die sie mit reiner Muskelkraft pflückten und Connor blieb der Mund offen stehen. Einige Barbfrauen kicherte.
Für eine kleine Weile waren Trauer und Verzweiflung vergessen. Für eine kleine Weile.
Sie begann sofort, als sie ins Dorf zurückkehrten. Die Gefahr einer Seuche und einer Fliegenepedemie war gebannt. Nun mussten sie sich um die Leichname kümmern, um Familienmitglieder und Freunde. Die meisten hatten sie in die Kühlgrotte gebracht. Sie sammelten die Toten auf dem Dorfplatz und legten sie nebeneinander. Viele waren derart verstümmelt, dass man sie nicht erkannte. Vor allen Dingen die Verbrannten mit ihren verkrampften schwarz verkrusteten Gliedmaßen waren nicht zu identifizieren. Die Logik half und bald ordnete man die Gestorbenen zu.
Nun flossen wieder Tränen und Connor hielt sich zurück.
Er saß im Schatten eines Baumes und die Trauer steckte ihn an. Sein Herz wurde schwer. Er mochte diese kleinen starken Wesen. Es gab kaum etwas Bedrückenderes, als diese runden, freundlichen Gesichter aufgelöst in Verzweiflung zu sehen. Dies waren Gesichter, die zum Lachen geschaffen waren. Verzweiflung gehörte da nicht hin.
Auch bei Connor stahlen sich Tränen in die Augenwinkel und er wischte sie mit dem Handrücken weg. Ach, könnte er doch bloß etwas für die Ärmsten tun.
Er fragte eine junge Barbfrau: »Darf ich helfen?«
Sie blickte ihn aus feuchten Augen an und ein kleiner Schnodderfaden baumelte aus ihrer Nase. Sie schwieg und nickte. Sie griff seine Hand, zog ihn aus der Hocke hoch und führte ihn in den Kreis der Trauernden. So stand er hier wie ein Turm, doch in der Trauer waren alle gleich, egal ob hochgewachsen oder klein.
Bama brach über ihrem Sohn zusammen, Bobs Gesicht war wie aus Stein.
Auf einer Lichtung hoben sie Gräber aus, wobei Connor Hacke und Spaten schwang, als buddele er um sein Leben. So bekämpfte er seine Trübsal, und als der Schweiß floss, seine Muskeln brannten und das Werk getan war, störten ihn nicht mal seine schmerzenden Fußsohlen.
Während des Begräbnisses spielten sich erschütternde Szenen ab, als wollten die Barbs in dieser Zeit allen Kummer ausschütten. Es war eine dramatische Verabschiedung und das erste Mal in seinem Leben sah Connor einen Troll weinen, glaubte er zumindest.
Danach verließen sie die Grabstätte und kehrten zurück in das Dorf. Becher wurden gefüllt und das Bier floss reichlich. Nicht wenige waren ruckzuck betrunken, andere
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