Im Schatten des Fürsten
sich umdrehte, sah sie, wie einer von ihnen von einer alten Holzfälleraxt niedergestreckt wurde. Keinen Herzschlag später traf eine Faust den Hals des zweiten Ritters, der in sich zusammensackte.
Der dritte Ritter geriet in Panik. Ein halbes Dutzend Besessener ging auf ihn los, und in offensichtlicher Verzweiflung sah er zurück zu den Ästen einer nahen Eiche. Auf eine Geste von ihm
hin bog und dehnte sich ein Ast, bis er ihn mit einer Hand ergreifen konnte. Der Ast schnellte zurück und befreite den Ritter von den Besessenen.
Doch in dem Augenblick, als er die Geste vollführte, wandten sich ihm mindestens ein Dutzend Gesichter zu. Amara spürte einen plötzlichen, fremdartigen Druck, als das besessene Wehrhofvolk auf den Ritter schaute.
Jeder Ast dieses Baumes und überhaupt alle Äste aller Bäume im Umkreis von zwanzig Schritten begannen, wild hin und her zu peitschen und sich zu dehnen und zu verdrehen.
Im nächsten Moment gingen die Überreste des zum Tode verdammten Mannes als grausiger Regen nieder. Und nichts davon hätte man als Teil eines Menschen wiedererkennen können.
Die Vord-Königin lächelte Amara an, während sich von hinten zwei Dutzend Besessene auf die Kursorin stürzten.
Und Amara erwiderte das Lächeln, denn Doroga hatte einen Bogen geschlagen, um Anlauf zu nehmen und mit seiner Keule Schwung zu holen.
Die Königin drehte sich im letzten Moment um. Zwar konnte sie dem Hieb nicht mehr vollständig ausweichen, aber es genügte, um der tödlichen Wucht der Keule zu entgehen, wenn sie auch über zwanzig Fuß weit geschleudert wurde und im Schlamm landete. Sie wälzte sich herum und kam in einer eigenartig geduckten Haltung zum Liegen, wobei sie sich auf die Zehen und auf die linke Hand stützte. Die Rechte hing nutzlos herab. Die Königin stieß ein Zischen aus und wollte den Rückzug antreten - doch als sie sich umdrehte, sah sie, wie Wanderer in die Reihen der Besessenen preschte. Von einer Seite näherte sich ihr der Marat, dem die kalte Wut in den Augen stand. Auf der anderen wartete Amara mit dem Schwert in der Hand. An der Klinge klebte bereits das Blut des Vord. Und als sich die Königin erneut umwandte, töteten Bernards Legionares gerade den letzten Besessenen, der ihm noch im Weg stand, und der Graf von Calderon, dem seine Männer nun den Rücken freihielten, stieß sein
Schwert in die weiche Erde und hob den großen schwarzen Bogen.
Die Königin entschied sich für den Gegner, der ihr am nächsten stand - Amara -, und plötzlich spürte Amara eine fremde Präsenz in ihren Gedanken, wie eine blinde Hand, die ausgestreckt wird, um ihr Gesicht zu berühren. Der Lauf der Zeit verlangsamte sich, und Amara begriff, was hier vor sich ging - schon vorher hatte die Königin ihren Gedanken gelauscht. Jetzt versuchte sie, Amaras Kopf zu durchforsten, allerdings enthüllte sie dabei auch der Kursorin, was sie selbst gerade dachte.
Plötzlich sah Amara die Welt durch die Augen der Königin. Diese war wie betäubt von den Vorgängen. Zwar war es den Aleranern gelungen, sie einzukesseln, doch hatten sie damit gleichzeitig ihr Schicksal besiegelt. Es war unmöglich, dem Zorn der Besessenen zu entfliehen, und sie hatten keine Chance zu überleben - und der Königin wäre es niemals in den Sinn gekommen, dass das Vorgehen des Feindes das eigene Überleben ausschließen könnte.
Aufopferung.
Die Vord-Königin klammerte sich an diesem Wort fest, das sie in Amaras Kopf entdeckt hatte.
Aufopferung.
Sie begriff es nicht. Natürlich konnte die Vord-Königin verstehen, dass ihre Gegner bereit waren, auf ihr eigenes Fortleben zu verzichten, um ihres zu vernichten, aber die Idee dahinter, der Beweggrund, blieben ihr schleierhaft. Wie konnten sie den eigenen Tod als Sieg betrachten, ganz unabhängig davon, was mit ihrem Feind geschah? Es barg keinerlei Vernunft. Diese Strategie sicherte nicht das Überleben. Ein solcher Tod diente keinem übergeordneten Sinn.
Es war reiner Wahnsinn.
Und während sie die Vord-Königin betrachtete, steckte Amara plötzlich im Gewirr der einander hetzenden Gedanken dieses Wesens fest. Sie sah, wie sich die Königin anspannte, wie sie
sprang, wie die Zähne und Krallen der Gegnerin aufblitzten. Die Königin hatte entschieden, das schwächste Ziel anzugreifen, das ihr am wahrscheinlichsten eine Möglichkeit zur Flucht bieten würde. Amara spürte die Selbstsicherheit der Gegnerin, als sich deren Krallen auf ihren Hals zubewegten.
Dann ertönte ein Surren, es gab
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