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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sie um ihn. Sie wusste, es würde nicht mehr lange dauern, bis er ihre Schwester davon überzeugt hatte, dass sie, Barbara, aus dem Haus zu weisen sei. Dann würde ihr langer Absturz beginnen …
    … nur dass sie ihn sehr kurz gestalten würde. Sie würde die Klinge aus dem Körper des Ungeheuers ziehen und das letzte peinvolle Aufflackern des Lebens in seinen Augen genießen, und mit seinem Verlöschen würde sie sich die blutige Klinge selbst in die Kehle stoßen. In ihren kurzen, zornigen Gebeten jede Nacht bat sie den Herrn nur darum, Walters Geduld so lange anhalten zu lassen, bis Iver (das feige Aas!) wieder auftauchte und ihr den Weg weisen würde – und sie das Ungeheuer fand und töten konnte. War sie erst obdachlos, würde man sie schnell aus der Stadt weisen, und dann wäre ihre Rache unmöglich.
    Rache …
    Manchmal spürte sie die Hand auch außerhalb des Traums, zwinkerte die Tränen des Hasses, der Demütigung und der Trauer fort und biss die Zähne zusammen, bis die Hand wieder verschwunden war.
    Sie hatten sie zusehen lassen. Die eine Hand auf ihrem Mund hatte Barbara aufrecht gehalten; die andere Hand in ihrem Mieder hatte verhindert, dass sie sich losreißen konnte. Dann hatten sie das Versteck des Säckchens aus Gregor herausgefoltert. Er hatte einzulenken versucht. Sie hörte noch sein entsetztes: »Tut ihr nichts, sie weiß nichts!«, und eindringlicher als sein Flehen die Stimme des Ungeheuers: »Ich glaube, dass du uns zuerst sagst, was du weißt, mein Freund.« Dann hatten die Schreie eingesetzt. Sie hatten Barbara nicht daran hindern können, die Augen zu schließen; aber die Ohren hatte sie sich nicht zuhalten können. Gregor schrie und schrie …
    Wenn der Traum sie so weit in die Erinnerung führte, schrie auch Barbara. Kein ärgerlich brummender Walter und keine zärtliche Umarmung ihrer Schwester würde dies jemals ändern können, und auch kein noch so angestrengtes Unterdrücken ihrer Gefühle.
    »Und was ist mit der Metze?«, hatte die hechelnde Stimme hinter ihrem Rücken gefragt, und die Hand in ihrem Mieder hatte zu kneten angefangen. »Wir könnten sie doch …«
    »Töte sie oder lass sie leben, ganz wie du willst«, hatte das Ungeheuer erwidert. »Aber mach schnell.«
    Das Ungeheuer war Barbaras letzter Anblick gewesen, bevor die Faust an ihre Schläfe krachte und die Welt fürs Erste auslöschte.
    Walter und Hildegard fuhren auseinander, als Barbara hereinkam. Sie stellte den Korb mit den Lebensmitteln, die sie auf dem Markt besorgt hatte, ächzend auf den Boden. Die Badestube war um diese frühe Stunde noch nicht in Betrieb, doch Hildegard hatte bereits Tücher in die beiden lecken Zuber gebreitet, und der Herd für das heiße Wasser verbreitete eine ungesunde, feuchte Hitze überall dort, wo die Zugluft sie nicht davonwehte. Barbara brach augenblicklich der Schweiß aus. Walter und Hildegard blickten schuldbewusst drein; ihr Schweigen kündete beredt davon, dass sie sich soeben noch in eifrigem Gespräch befunden hatten, und wer der Gegenstand ihrer Unterhaltung gewesen war. Barbara hörte das Knacken des Herdes und von oben das Husten der drei Unseligen, die sich in die medizinische Obhut Walters begeben hatten und sich nun das einzige Bett in der zugigen Kammer auf dem Dachboden teilten.
    »Die alte Griet sagt, es ist das letzte Mal, dass sie dir auf Pump verkauft«, erklärte Barbara und wies auf den Korb.
    »Die Alte soll sich nich’ so anstellen«, brummte Walter. Er warf einen Blick zur Decke. »Wenn sich wieder ’n Knecht bei ihrem Gretchen ansteckt, wer treibt’s ihm dann aus, ohne zu den Schöffen zu laufen, wenn nich’ ich?«
    »Barbara kann doch nichts dafür«, sagte Hildegard.
    »Barbara kann nie was dafür.«
    »Ich bin sicher, wenn du oder ich gegangen wären, die Griet hätte uns gar nichts gegeben. Sei froh, dass stattdessen Barbara auf ’n Markt ist.«
    Barbara schwieg. Tatsächlich hatte ihre Schwester den Kern getroffen, doch Griets Großzügigkeit hatte einen Stachel gehabt: »Ach Gottchen, Kind, dir geb ich was. So wie ’se dir mitgespielt haben … den guten Gregor totgeschunden und was noch alles. Und wer kann schon sagen, was ’se dir angetan haben, als du nich’ bei Sinnen warst. Weiß man’s?« Griets Tochter, Margarete, hatte sie mitleidig angelächelt; Barbara hatte die Bemerkung hinuntergeschluckt, dass die Kleine ihr Mitleid lieber für sich behalten und die Alte sich mehr um ihre Tochter sorgen solle. In Margaretes Gesicht prangte

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