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Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Titel: Im Schatten des Mondlichts - das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Bidell
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Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die Decke.
    Gleich am nächsten Tag würde sie Karsten und Alice anrufen. Der Gedanke, die beiden wiederzusehen, munterte sie etwas auf. In zwei Tagen startete der Spanischunterricht, und Karsten und Alice hatten angeboten, ihnen zu helfen. Alice konnte Roman die Grammatik auf Englisch erklären, und Karsten würde ihr die Unterschiede auf Deutsch beibringen. Die Privatlehrerin sprach ausschließlich Spanisch, wovor Naomi bereits graute. Sie war Romina dankbar für den Privatunterricht, doch bei fünf Stunden Unterricht pro Tag konnte man nicht von einem leichten Programm sprechen. Da würde ihr Sporttraining zu kurz kommen, selbst wenn Iker sich bereit erklärte, sich den ganzen Tag um Kai zu kümmern.
    Das Herbstsemester begänne in vier Monaten. Bis dahin musste sie in der Lage sein, den Vorlesungen zu folgen. Naomi versuchte sich auszurechnen, wie viele Unterrichtsstunden sie bis dahin absolviert hätte; und schlief über diesem Gedanken ein.
     
    Als Naomi erwachte, hörte sie neben sich Romans gleichmäßige Atemzüge. Er hatte sie nicht geweckt. Bekleidet lag sie auf dem Bett, eine Wolldecke über sich ausgebreitet. Die Schuhe hatte er ihr ausgezogen, ohne dass sie es bemerkt hatte.
    Vorsichtig stand sie auf und schlich im Dunkeln ins Badezimmer, um sich ihren Jogginganzug anzuziehen. Sie blickte auf die Uhr. Fünf Uhr dreißig. Am Vorabend war sie um zwanzig Uhr fünfzehn auf ihr Zimmer gegangen und kurz darauf eingeschlafen. Kein Wunder fühlte sie sich ausgeschlafen.
    Auf Zehenspitzen tapste sie zu Kai und lächelte, als sie sah, wie zufrieden er in seinem neuen Bettchen schlummerte. Die Arme und Beine von sich gestreckt, lag er auf dem Rücken. Den ausgespuckten Babyschnuller wischte sie sorgfältig ab, bevor sie ihn Kai wieder in den Mund steckte. Sollte er aufwachen, würde er wenigstens nicht gleich zu weinen beginnen, weil er seinen Schnuller vermisste.
    Naomi huschte durch die Verbindungstür ins Wohnzimmer und sah sich im Raum um. Was sollte sie um diese Uhrzeit tun? Aufräumen würde zu viel Lärm verursachen, und sie wollte weder Kai noch Roman aufwecken. Lesen wäre eine Option, doch die wenigen Bücher, die in den Bücherregalen standen, waren in spanischer Schrift geschrieben, und sie selbst hatte vergessen, welche einzupacken.
    Lesen schied also auch aus.
    Dann fiel Naomi die Kiste ein. Lautlos glitt sie ins Schlafzimmer, schlich zur Zimmerecke, hob den Karton hoch und ging zurück ins Wohnzimmer, um die Schachtel auf dem Tisch abzustellen, bevor sie die Tür schloss und das Deckenlicht einschaltete.
    Naomi zog den gesamten Inhalt heraus. Zunächst begann sie, die Zeitungsausschnitte, Fotografien und Informationsheftchen aus Museen getrennt zu stapeln. Die handschriftlichen Aufzeichnungen legte sie auf einen vierten Stapel.
    Anschließend begutachtete sie die Zeitungsartikel.
    Die Meisten handelten von Todesanzeigen, Geschäftsgründungen, Hochzeiten, Geburten und von ungelösten Todesfällen. Den Großteil der Namen kannte Naomi. Es betraf ihre Familie. Selbst eine Anzeige ihres verstorbenen Vaters lag dazwischen. Andere Namen sagten ihr nicht das Geringste.
    Nachdem Dorothea auf der Rückseite eines Bildes Ort und Datum der Aufnahme vermerkt hatte, bemerkte sie, dass auch auf anderen Bildern stand, wo diese aufgenommen worden waren, und wer darauf zu sehen war.
    Die Ausschnitte breitete sie chronologisch auf dem Tisch aus. Dann drehte sie den Stapel mit den Bildern um und versuchte, die Fotos anhand der Anmerkungen auf der rückwärtigen Seite zu sortieren. Je älter die Zeitungsanzeige, desto weniger Bildmaterial vermochte sie dieser Zeit zuzuordnen. Konzentriert arbeitete sie weiter, bis sie auf einer Aufnahme die Namen ihrer Eltern las.
    Das Bild war ein Jahr nach deren Hochzeit gemacht worden. Luna musste zu diesem Zeitpunkt bereits mit ihr schwanger gewesen sein. Ihre Finger begannen zu zittern und sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Ihre Wangen glühten.
    Sie presste die Lippen fest aufeinander, bevor sie sich dazu durchrang, die Fotografie anzusehen. Ein junges Paar stand eng umschlungen vor dem Big Ben und sah sich strahlend an. Der Bauch ihrer Mutter wölbte sich deutlich unter ihrem geblümten Kleid. Sie musste unmittelbar vor der Geburt stehen.
    Naomi schluckte und sah zur Zimmerdecke, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.
    Ein Foto ihres Vaters. Davon gab es nur wenige. Es existierten

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