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Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Im Schatten des Mondlichts - das Erbe

Titel: Im Schatten des Mondlichts - das Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Bidell
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Hochzeitsbilder, einige, wo ihr Vater in Arbeitskleidung posierte, als er von der Arbeit nach Hause kam. Dieses Foto musste kurz vor seinem Tod entstanden sein, denn nach Aussage ihrer Mutter hatte er ihre Geburt nicht mehr erlebt.
    Ob ihre Mutter dieses Foto jemals gesehen hatte?
    Mit dem Handrücken wischte sich Naomi über die Wange. Das Bild schien von der Seite aufgenommen worden zu sein. Dorothea musste es heimlich geschossen haben, denn sie hatten sich niemals kennengelernt.
    Nun liefen ihr die Tränen ungehindert übers Gesicht.
    Naomi weinte um ihren Vater, dem sie nie begegnet war und um Dorothea, die in ihrer Einsamkeit unerkannt Fotos von ihrer Familie gemacht hatte, um wenigstens auf diese Weise Anteil an deren Leben zu nehmen.
    Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, ging Naomi in die Küche und riss ein Blatt von der Küchenrolle, um sich die Nase zu putzen. Über dem Spülbecken wusch sie sich ihr Gesicht.
    Mit aufgestützten Armen starrte sie ins Leere und verharrte, bis sie sich bereit fühlte, sich wieder mit Hilfe von Dorotheas Hinterlassenschaft auf die Spuren ihrer eigenen Vergangenheit zu begeben.
    Plötzlich ein Foto ihrer lachenden Eltern zu entdecken, hatte sie eiskalt erwischt. Das nächste Mal wäre sie besser vorbereitet.
    Konzentriert sortierte Naomi weiter. Dieses Mal achtete sie darauf, nicht die Fotos zu betrachten, bevor sie nicht alles durchsortiert hatte und die chronologische Abfolge klar ersichtlich vor ihr lag.
    Einige handschriftliche Skizzen ließen sich nicht zuordnen. Sie versuchte zu ergründen, worum es sich dabei handelte. Entfernt erinnerte es sie an den Stammbaum, den sie im geheimen Raum gesehen hatte. Aufgemalte Kästchen, Pfeile zeigten in verschiedene Richtungen, anderes wiederum war durchgestrichen. Es schien unmöglich, den Zweck dieser Diagramme zu deuten. Vielleicht ergäbe es einen Sinn, wenn sie die kompletten Aufzeichnungen durchgesehen hatte.
    Nachdem sie die Unterlagen, so weit sie es vermochte, zugeordnet hatte, beschloss sie, Kaffee aufzusetzen und sich die ersten Ausschnitte anzusehen.
    Während der Kaffee durch die Maschine gurgelte, überlegte sie, warum die Schachtel in Dorotheas Zimmer versteckt gewesen und sie nicht in dem Zimmer unter der Treppe war, wo alle Dokumente lagerten.
    Romina hatte erzählt, dass Dorothea sie bei ihrem ersten Treffen gebeten hatte, nicht weiter in der Vergangenheit zu suchen, weil es dort nichts zu entdecken gäbe. Wenn Dorothea bewusst war, wie verzweifelt Romina nach Hinweisen suchte, warum hatte sie ihr die Ergebnisse ihrer eigenen Nachforschungen nicht gegeben?
    Mit einem Becher Kaffee ging sie zurück ins Wohnzimmer. Sie trank einen Schluck, der ihr fast die Zunge verbrannte, doch die wärmende Flüssigkeit vertrieb das innere Frösteln, das sie verspürte.
    Auf dem Schreibtisch lag ihre Notebook-Mappe, und darin befand sich ein Schreibblock. Einen Stift zog sie ebenfalls heraus. Ein zeitlicher Überblick würde ihr vielleicht helfen, die Namen und Daten besser zu verstehen.
    Die erste Aufzeichnung begann im Jahr 1568 mit dem Namen Martín Cortés und Bernadina de Porras. Es handelte sich um den Ausschnitt einer spanischen Tageszeitung, der die Hochzeit des Paares verkündete. Dann existierten mehrere handschriftliche Notizen. Eine weckte Naomis Aufmerksamkeit. Auf einem vergilbten Zettel stand: Ana María, Francisco und Dorothea, Southampton, 1562.
    Naomi schlug sich mit der Hand vor den Mund. Bei dem Paar musste sich um Dorotheas Eltern handeln. Hektisch suchte Naomi nach weiteren Informationen aus dieser Zeit.
    Sie fand keine.
    Woher stammten Ana María und Francisco?
    Naomi sah sich die gesamten Unterlagen erneut durch. Und fand nichts.
    Nur einen Zeitungsartikel über einen gewaltigen Brand, der ein halbes Dorf zerstört hatte. Konnte das ein Bericht über den schrecklichen Anschlag auf ihren Clan sein? Naomi versuchte, die alte Schrifttype zu entziffern. Die Anzahl der Todesopfer ließ sich nicht mehr erkennen und die Namen der Opfer standen nicht in diesem kurzen Artikel. Es musste sich um diese grausige Nacht handeln, in der Dorothea ihren Mann Paul und ihre ganze Familie verloren hatte.
    Waren damals auch Dorotheas Eltern Francisco und Ana María ums Leben gekommen?
    Vermutlich.
    Naomi nippte erneut an der Tasse und verzog angewidert das Gesicht, als sie den kalt gewordenen Kaffee hinunterschluckte.
    Cortés. Ein spanischer Name. Dorotheas Mutter musste demnach für ihre Hochzeit nach England gezogen sein, da

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