Im Schatten des Palazzo Farnese
ihn prüfend an.
»Willst du damit sagen, daß ihr euch vor biblischer Liebe habt fallen lassen und du mit ihr geschlafen hast?«
»Ja.«
Die Hände im Rücken verschränkt, ging Tiberius langsam in der Zelle auf und ab.
»Gut«, sagte er schließlich. »Gut. Wenn das so ist.«
»Da das so ist«, sagte Valence.
»Ich muß daran denken, dir das Amt eines Konsuls anzutragen, wenn ich hier raus bin. Denn ich werde hier rauskommen, Valence!«
Tiberius wandte sich mit verändertem Gesichtsausdruck um.
»Kannst du mir aus dem Gedächtnis den Text meiner Zettel sagen, die man bei dem Verwüsteten-Heiligen-Gewissen-der-Archive gefunden hat? Versuch es, es ist sehr wichtig, es ist lebenswichtig, konzentrier dich.«
»Maria …« , begann Valence langsam mit gerunzelter Stirn, »Maria … Fenster-Tisch Nr. 4 Dienstag … Maria Tür-Tisch Nr. 2 Freitag … Maria … Fenster-Tisch Nr. 5 Freitag, Maria … Montag … Maria …«
»Ja, begreifst du denn nicht, Konsul? Begreifst du nicht? Ist dir klar, was du da sagst? Maria Tür-Tisch Nr. 2 Freitag … Freitag!«
»Ja, und was, Freitag ?«
»Aber Freitag!« rief Tiberius, »Freitag ist Fisch! Freitag ist Fisch, Valence, verdammt noch mal!«
Tiberius schüttelte ihn an den Schultern.
Eine Viertelstunde später stürmte Valence in Windeseile in das Büro von Ruggieri, der sich nicht hatte entschließen können, zu gehen, und ihn erwartete.
»Nun, Monsieur Valence? Was hatte der Verrückte Ihnen so Vertrauliches zu sagen?«
Valence packte ihn am Arm.
»Nehmen Sie sechs Männer, Ruggieri, Richtung Trastevere, die Wohnung von Gabriella Delorme, Zivilwagen. Siesetzen sich in das Auto, das den Haupteingang versperrt. Ich gehe allein zu ihr hoch und gebe Ihnen vom Fenster aus ein Zeichen, wenn Sie nachkommen sollen.«
Ruggieri dachte nicht einmal daran, zu protestieren. Er schüttelte nur den Kopf, wie um eine Erklärung zu fordern.
»Später, Ruggieri, ich erklär es Ihnen auf dem Weg. Bereiten Sie einen Haftbefehl vor.«
Da Freitag war, hatte Gabriella nicht wenig Besuch, aber der Abend floß zäh dahin. Valence betrat die Wohnung, nahm Platz und schenkte sich ein Glas ein. Alle sahen ihn schweigend an. Nero, der im Hintergrund des Zimmers saß, zog an seinen Augenwinkeln, um ihn schärfer beobachten zu können.
»Bringen Sie uns Neuigkeiten, Zenturio?« fragte er.
»Ja«, antwortete Valence.
Nero zuckte zusammen und erhob sich.
»Das ist ein klares Ja«, erklärte er halblaut. »Ein Ja, das zählt. Was geht vor sich, Monsieur Valence?«
»Tiberius hat Henri Valhubert nicht getötet, und er hat Maria Verdi nicht getötet.«
»Das ist keine Neuigkeit«, bemerkte Claudius kalt.
»Doch. Ruggieri hat gerade die Anklageschrift vernichtet. Er setzt eine neue auf.«
»Was hat man herausgefunden?« fragte Nero und hielt seine Augen immer noch zu Schlitzen verengt.
»Man hat herausgefunden, daß heute Freitag ist.«
»Das verstehe ich nicht«, murmelte Laura.
»Heute ist Freitag, und Freitag ist Fisch. Es ist Fisch, und es ist Waffenruhe. Es ist Waffenruhe und Enthaltsamkeit für Maria Verdi. Enthaltsamkeit und Reinheit. Jeden Freitag enthielt sich Maria Verdi der Komplizenschaft mit Tiberius, und Tiberius respektierte lächelnd diese wöchentlichereligiöse Pause. Freitags war Ruhetag für die Diebe der Vaticana.«
»Und weiter?« fragte Claudius.
»Auf zwei der bei Maria gefundenen Zettel hat Tiberius geschrieben: Tür-Tisch Nr. 2 Freitag und Fenster-Tisch Nr. 5 Freitag … Aber Tiberius hat Maria nie an einem Freitag arbeiten lassen. Diese beiden Zettel sind Fälschungen, und die neun anderen ebenfalls. Die echten Zettel hat Maria tatsächlich vernichtet, aber diese hier wurden nach ihrem Tod bei ihr deponiert, um Tiberius zu Fall zu bringen.«
Valence stand auf, öffnete das Fenster und gab Ruggieri ein Zeichen.
»Der äußere Schein …«, murmelte er, als er das Fenster wieder schloß. »Wenn eine Wohnung verwüstet wurde, denkt man, jemand hat etwas gesucht, und denkt nicht, daß jemand im Gegenteil etwas dort deponiert hat. Die Zettel waren nicht bei Maria Verdi, bevor Lorenzo Vitelli sie dort hingetan hat.«
Ruggieri trat mit zwei Männern ein. Der Bischof hielt ihnen die Hände hin, bevor er dazu aufgefordert wurde. Valence sah, wie der junge Polizist im Angesicht des bischöflichen Rings kurz zögerte, bevor er die Handschellen schloß. Gabriella schrie auf und stürzte zu Lorenzo hin, aber Laura rührte sich nicht und sagte nichts.
Valence lehnte
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